4000 Menschen protestieren gegen Hausdurchsuchung. Autos am Gleisdreieck angezündet
protest friedrichshain
© Abendschau
Als es dunkel wird, fliegen die Feuerwerkskörper, bengalische Fackeln flammen auf. Demonstranten skandieren Parolen wie "Alle Bullen sind Schweine". Linke und linksextremistische Gruppen hatten für den gestrigen Sonnabend zu einer Demonstration in Friedrichshain aufgerufen - und 4000 Menschen kamen. Der Aufzug sollte um den Kampf für Freiräume in dem Bezirk gehen und ein Zeichen der Stärke setzen. Doch am Ende wurde er vorzeitig abgebrochen. Weil Steine und Flaschen aus dem Zug heraus geworfen wurden, beendete der Veranstalter Polizeiangaben zufolge die Demonstration. Kurz zuvor war der Zug an der Warschauer Straße in Höhe der Marchlewskistraße ins Stocken geraten.

Der Aufzug wurde von Beginn an von strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet. So standen bereits lange vor der Auftaktkundgebung im Bereich zwischen Frankfurter Tor und S-Bahnhof Frankfurter Allee Dutzende Mannschaftswagen der Polizei bereit. Dabei hatten sich in der Gürtelstraße anfangs gerade einmal 500 Demonstranten eingefunden. Sie mussten zuvor Kontrollpunkte der Polizei passieren, die mit insgesamt 1100 Beamten vor Ort war. Das beherrschende Thema der Reden waren die Polizeieinsätze an der Rigaer Straße im Januar, die als schikanös bezeichnet wurden.


Der Umzug hatte sich kurz nach 17.30 Uhr in Bewegung gesetzt und sollte ursprünglich quer durch Friedrichshain über Boxhagener Straße, Grünberger Straße, Simon-Dach-Straße, Mainzer Straße, Frankfurter Allee, Rigaer Straße, Bersarinplatz, Petersburger Straße, Warschauer Straße und Marchlewskistraße bis zum Comeniusplatz führen. Angesichts der recht hohen Teilnehmerzahl hatte die Polizei kurzfristig zwei Hundertschaften nachalarmiert, eine davon aus Brandenburg.

Festnahmen wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot

Aus den Reihen der Demonstranten wurden schon zu Beginn Feuerwerkskörper sowie ein sogenannter Nebeltopf gezündet, auf Hausdächern an der Rigaer Straße wurde Feuerwerk entfacht. An der Revaler Straße haben laut Polizei Demonstranten dann mit Steinen die Fenster einer Bankfiliale beschädigt. Es habe eine Reihe von Festnahmen gegeben, darunter auch wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot.

Zusätzliche Brisanz hatte die Demons­tration durch nächtliche Brandanschläge auf mehrere Autos im Gleisdreieck-Kiez erhalten. Unbekannte hatten dabei in der Nacht zu Sonnabend beträchtlichen Schaden verursacht. Vier Autos wurden durch Brandstiftung schwer, 24 weitere durch eingeschlagene Scheiben teils erheblich beschädigt. Außerdem wurden zahlreiche Fenster von Wohnhäusern und Geschäften entlang der Flottwellstraße demoliert. Der Staatsschutz ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs.

SPD-Landeschef Jan Stöß äußerte sich nach der Randale tief betroffen: "Ich bin erschüttert, ein ganzer Straßenzug wurde verwüstet. Die Menschen an der Flottwellstraße haben einen Anspruch darauf, dass dem mit aller Entschiedenheit nachgegangen wird und die Gewalttäter dingfest gemacht werden." Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) sagte: "Die Polizei ermittelt mit Hochdruck. Sollte es sich um einen politisch motivierten Anschlag handeln, dann werden die Täter mit ihren Aktionen ihre Ziele nicht erreichen. Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Demokraten werden sich davon nicht einschüchtern lassen." Der SPD-Innenexperte Tom Schreiber sagte der Berliner Morgenpost: "Der Tathergang und die Art und Weise deuten nach meiner Meinung klar auf die linksextreme Szene aus der Rigaer Straße hin. Die Devise scheint zu sein, so viel Schaden wie möglich anzurichten."

Die abendliche Demonstration in Friedrichshain stand unter dem Motto: "Rebellische Strukturen verteidigen, solidarische Kieze schaffen." Sie war für ursprünglich 200 Teilnehmer angemeldet worden. Die Sicherheitskräfte wurden dennoch nicht von der weit größeren Teilnehmerzahl überrascht, versicherte ein Polizeisprecher. Die Veranstaltung wurde als Reaktion auf die umfangreichen Personenkontrollen und Hausdurchsuchungen nach einem Übergriff auf einen Kontaktbereichsbeamten im Januar bewertet. Im Internet waren politisch linke und linksextremistische Gruppen bundesweit zur Teilnahme aufgerufen worden.

Auf den Plakaten, die zur Teilnahme an dem Umzug animieren sollten, wurde neben Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) auch der SPD-Innenexperte Tom Schreiber gezeigt. Der Abgeordnete wird von der linksextremen Szene seit Wochen bedroht. Immer wieder gab es Anschläge auf sein Wahlkreisbüro in Köpenick. Schon im Vorfeld der Demonstration mutmaßte Tom Schreiber, die linke Szene wolle mit dieser Aktion ein Signal setzen und suche gezielt die Konfrontation mit dem Staat.