Meteoriteneinschläge, Vulkanismus, Mondbeben: Die zerklüftete Oberfläche des Erdtrabanten zeugt von seiner bewegten Vergangenheit. Jetzt haben Astronomen eine besonders ungewöhnliche Region auf der erdabgewandten Seite entdeckt - wo wohl vor relativ kurzer Zeit noch Vulkane brodelten.
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© NASA/ GSFC/ Arizona State UniversityDomartige Struktur auf der erdabgewandten Mondseite: Zeichen für Vulkanismus

Hamburg - Die Oberfläche des Mondes ist ein unwirtlicher Ort. Eine dicke Schicht pulvrigen Sandes bedeckt den größten Teil, tiefe Krater zeugen von zahllosen Meteoriteneinschlägen. Die Tiefebenen des Mondes, die Maria, sind angefüllt mit erstarrter Lava. Sie floss nach kosmischen Bombardements durch die aufgerissene Kruste nach außen.

Abseits der Maria gibt es deutlich weniger Spuren von Vulkanismus; Forscher fanden solche Anzeichen bisher nur auf der von der Erde aus sichtbaren Seite. Nun berichtet jedoch ein internationales Forscherteam von einer höchst ungewöhnlichen Mondregion auf der erdabgewandten Seite: dem Compton-Belkovich-Feature (CBF). In dem Gebiet befinden sich Strukturen, die wie Vulkankegel und Lavadome aussehen. Im Zentrum liegt eine Formation, bei der es sich um einen unregelmäßig geformten, zusammengestürzten Vulkankrater handeln könnte. Die ungewöhnliche Region erstreckt sich über 25 bis 35 Kilometer, berichten die Wissenschaftler um Bradley Jollif von der Washington University in St. Louis, Missouri, im Fachmagazin Nature Geoscience.

Die Wissenschaftler vermuten, dass die vulkanischen Formationen erst vor etwa 800 Millionen entstanden sind. Wären sie älter, müssten sie stärker von Meteoriteneinschlägen gekennzeichnet sein. Sollte sich diese These bestätigen, wären es die jüngsten vulkanischen Strukturen, die bisher vom Mond bekannt sind, schreibt Noah Petro vom Goddard Space Flight Center der US-Weltraumbehörde Nasa in einem Begleitartikel in "Nature Geoscience". Es würde sogar bedeuten, dass es auf dem Mond etwa 200 Millionen Jahre länger aktiven Vulkanismus gab, als bisher angenommen.

Hochauflösende Aufnahmen der erdabgewandten Seite

Weil sich die Zusammensetzung des Gesteins deutlich von dem der Umgebung unterscheidet, vermuten die Astronomen, dass an dieser Stelle Magma aus großer Tiefe auf die Mondoberfläche gelangt sein muss.

Dass die Region, die die Astronomen nun genauer untersuchten, ungewöhnlich ist, war schon seit der Mission des "Lunar Prospector" in den Neunziger Jahren bekannt. Die US-Raumsonde wies damals ein hohes Vorkommen von Thoriumverbindungen in dem Bereich nach. In der Umgebung finden sich diese chemischen Substanzen dagegen kaum.

Die Forscher stützen ihre Schlussfolgerungen auf Daten, die der "Lunar Reconnaissance Orbiter" gesammelt hat, der seit 2009 den Mond umkreist. Die Sonde schoss hochauflösende Fotos von der Seite des Trabanten, die von der Erde aus nie zu sehen ist.

wbr