Energiesparlampen strahlen nicht nur Licht, sondern auch Elektrosmog ab. Der ließe sich im Prinzip leicht abschirmen - die meisten Hersteller interessiert das aber nicht.
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© worVermeidbare Strahlung: Durch Energiesparlampen erzeugter Elektrosmog muss nicht sein - es kommt nur auf die richtige Technik an

Für Heinrich Eder war die letzte Amtshandlung so wichtig wie wenige zuvor in seinem langen Arbeitsleben. Ende Juli ist der Strahlenschützer vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) in den Ruhestand gegangen, aber vorher hat er noch eine Studie über die Hochfrequenzstrahlung von Energiesparlampen zur Veröffentlichung fertig gemacht (Strahlenschutzpraxis, Bd.3, S.59, 2009).

Unnötiger Elektrosmog

Viele der neuen Leuchten verstoßen demnach gegen Eders professionellen Begriff von Hygiene: "Wo immer möglich sollte man eine Belastung mit Strahlung vermeiden. Die meisten Energiesparlampen aber erzeugen unnötigen Elektrosmog." Nur eine Birne zeigte auffällig niedrige Strahlungswerte, weil sie nach Aussagen des Herstellers aktiv abgeschirmt war. "Sie definiert, was technisch möglich ist", sagt Eder

Insgesamt 37 Energiesparlampen hat Eder mit Kollegen vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), der Fachhochschule Augsburg und der Bundeswehr-Universität in München vermessen. Keine von ihnen hat irgendwelche Grenzwerte überschritten, beeilt er sich zu sagen. "Eine gesundheitliche Beeinträchtigung kann nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand ausgeschlossen werden", heißt es in der Studie. Allerdings lässt dieser Kenntnisstand gerade in dem Bereich, in dem die Energiesparlampen strahlen, zu wünschen übrig, heißt es zum Beispiel beim BfS.

Reduktion der Strahlung gefordert

Dass Energiesparlampen überhaupt hochfrequente Strahlung erzeugen, ist nicht zu vermeiden. Das Gasgemisch in den Glasröhren wird je nach Hersteller zwischen 30000- und 60000-mal pro Sekunde gezündet und sendet daher mit 30 bis 60 Kilohertz. Allerdings ist diese Strahlung, anders als etwa bei Funktelefonen, nicht der eigentliche Zweck der Geräte. Daher fordert Eder eine Richtlinie für Energiesparlampen, die sich nicht an irgendwelchen Grenzwerten orientiert, sondern an der technisch machbaren Reduktion der Strahlung.

Vorbild dafür ist das TCO-Regelwerk für Computerbildschirme. Die Monitore bekommen das entsprechende Siegel nur, wenn ihre Strahlung so niedrig ist, wie es dem besten Stand der Technik entspricht. Während das Siegel dort längst zu einem Verkaufsargument geworden ist, achtet bei Energiesparlampen kaum ein Hersteller oder Kunde auf die vermeidbare Strahlung. "Die Lampen im normalen Haushalt wirken so, als ob Sie zehn DECT-Basisstationen in der Wohnung stehen haben", sagt Eder, also die Sendeteile von schnurlosen Telefonen.

Solche Sätze dürften den Widerwillen gegen die neuen Lampen bei allen jenen verstärken, die Elektrosmog als Gefahr für ihre Gesundheit betrachten. Etwa 30 Prozent der Deutschen haben in Umfragen des BfS angegeben, sich Sorgen über Gesundheitsgefahren durch Handys, schnurlose Telefone oder WLAN-Geräte zu machen. Die Wissenschaft hat bisher aber keine Risiken dingfest gemacht.

Konflikt über gesundheitliche Effekte

Energiesparlampen könnten nun zum neuen Konfliktstoff werden. Doch relativiert sich das Problem bei einem genauen Blick in Eders Studie. Er hatte die nackten Lampen im Abstand von 30 Zentimetern vor einer Metallkugel installiert, deren Abmessungen einem Kopf entsprechen. Dann hat er gemessen, wie das ausgestrahlte elektrische Feld den Kunstkopf traf und wie viel Strom durch dessen Hals zur Erde floss.

Gefährden Energiesparlampen die Gesundheit?

Dieser Körperstrom, nicht das elektrische Feld, löst - wenn überhaupt - gesundheitliche Effekte aus. Dafür gibt es daher einen international empfohlenen Grenzwert. Für das elektrische Feld, das viel leichter zu messen ist, gilt als Hilfskonstrukt der Referenzwert. Diesen hatten die Birnen immerhin bis zu 67 Prozent ausgeschöpft, den Grenzwert des Körperstroms jedoch nur zu vier bis fünf Prozent, wie die Messungen und ergänzenden Computersimulationen an einem Körpermodell zeigten.

"Aufwand ist erheblich"

Diese Diskrepanz ist so gewollt", sagt Eder, "wenn der Referenzwert überschritten wird, soll es noch einen Sicherheitsfaktor von zehn zum Grenzwert geben." Diese Marge könne bei ungünstigen anatomischen Verhältnissen, zum Beispiel bei Kindern, allerdings sehr schnell aufgebraucht sein. Außerdem seien die Körperströme bei den Energiesparlampen 30- bis 100-mal so hoch wie bei Glühbirnen.

Dass Eders Ergebnisse den Grenzwert nur im einstelligen Prozentbereich ausschöpfen, nehmen die Hersteller vieler Energiesparlampen als Begründung, an ihren Produkten nichts zu ändern. Um die Felder zu reduzieren, "müsste in das Glas der Lampen ein Abschirmgitter integriert werden", sagt Bernd Glaser von Philips. "Der Aufwand dafür ist erheblich und steht im keinem Verhältnis zum abgestrahlten elektrischen Feld, das ohnehin innerhalb der festgesetzten Grenzwerte liegt." Ähnliches ist von Osram zu hören.

Beide tun die Initiative ihres Konkurrenten, der Firma Megaman, ab. Das Unternehmen hat unter der Zusatzbezeichnung "Sensible" jene abgeschirmte Energiesparlampe herausgebracht, die aus Heinrich Eders Testfeld mit ihrer geringen Strahlung herausragte. Sie besitzt eine spezielle Beschichtung, um das elektrische Feld zu reduzieren. "Das ist ein sehr deutsches Produkt", sagt der Firmen-Sprecher Christoph Seidel. Manche Nutzer in Deutschland und Österreich seien eben kritisch in Bezug auf Elektrosmog eingestellt. Und bereit, so offenbar das Kalkül, etwa fünf Euro Aufschlag für die Sensible-Lampen zu zahlen.

Technische Machbarkeit demonstriert

Für Heinrich Eders Argumentation aber genügt es, dass Megaman die technische Machbarkeit demonstriert. Er würde darum eine EU-Richtlinie zu dem Thema begrüßen. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz orientiert sich an dem Begriff der Strahlenhygiene und fordert daher in einer Stellungnahme "von den Herstellern eine für die Verbraucher einfach zu erkennende Kennzeichnung von Lampen, die auch dem vorsorglichen Strahlenschutz im Rahmen des technisch Machbaren gerecht werden".

Eder möchte auch die Leuchtenhersteller in die Pflicht nehmen. Viel einfacher als in der Birne sei das Problem in den Leuchten zu lösen, in die die Lampen eingeschraubt werden. Ein geerdeter Metallschirm reduziere die Strahlung auf Bruchteile. Schon ein Metallring um die Birne mit Kontakt zum Schutzleiter senke die Belastung um 80Prozent.

Einstweilen aber hilft Abstand, betonen auch andere Fachleute wie Dietlinde Quack vom Ökoinstitut. Mindestens 50 Zentimeter zwischen Körper und Lampe seien fast immer zu erreichen. Und je mehr, desto besser, denn die Strahlung nimmt quadratisch mit dem Abstand ab. Ist die Entfernung also doppelt so groß, sinkt die Belastung auf ein Viertel.

jug