Berlin - Die Welthungerhilfe will im 50. Jahr ihres Bestehens das soziale Bewusstsein für menschenunwürdige Lebensumstände schärfen. Zu diesem Zweck seien beispielsweise ein neuer Fernsehwerbespot und eine bundesweite Plakat- und Anzeigenkampagne entwickelt worden, teilte die Organisation am Donnerstag in Berlin mit. Zwar gehe der prozentuale Anteil der Armen und Hungernden an der Weltbevölkerung seit Jahren zurück, sagte Präsidentin Bärbel Dieckmann. Dass aber immer noch 930 Millionen Menschen nicht über ausreichendes Essen und Einkommen verfügten, sei "ein Skandal, den wir nicht akzeptieren können".

Nach Angaben der Organisation lebt jeder siebte von Armut und Hunger betroffene Mensch in ländlichen Regionen, der überwiegende Rest in den Metropolen - vor allem in Südasien, Afrika und Lateinamerika. Diese Tendenz werde sich weiter verschärfen, glaubt Dieckmann. Zumal eine der Hauptursachen für Hunger und Armut der Energiemangel auf dem Land sei. Und der werde sich in Zukunft weiter verschärfen.

Scharfe Kritik übte Dieckmann an der deutschen "Wegwerfmentalität". Jedes Jahr würden hierzulande 20 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt, während in Entwicklungsländern durch mangelnde Kühl- und Konservierungsmöglichkeiten 30 bis 40 Prozent der Ernte verrotteten. Diese Ressourcenverschwendung auf beiden Seiten sei auch ein ökologisches Problem, mahnte Dieckmann.

Um die Welthungerhilfe zu unterstützen, gibt das Bundesfinanzministerium kommendes Jahr eine Gedenkmünze und eine Briefmarke heraus. Die Sonderauflagen im Wert von zehn Euro beziehungsweise 55 Cent sollen im April vorgestellt werden.

Zudem ruft die Welthungerhilfe im Februar eine neue Denkfabrik ins Leben, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen wird. In dem Gremium sollen fachlich kompetente Vertreter, die nicht in der Entwicklungsbranche tätig sind, Anregungen für eine bessere Zusammenarbeit mit hilfsbedürftigen Menschen und Regionen geben. Mit Blick auf die seit Ende November im südafrikanischen Durban tagenden Weltklimaexperten zeigte sich Dieckmann indes wenig hoffnungsfroh: "Ich bin eher pessimistisch, dass dort ausreichende Beschlüsse gefasst werden."

Die Welthungerhilfe wurde 1962 gegründet und zählt heute nach eigener Darstellung zu den größten privaten Hilfsorganisationen in Deutschland. Arbeitsschwerpunkte sind Nothilfe in Krisen- und Katastrophengebieten, ländliche und regionale Entwicklungsprojekte sowie soziale Integration und Bildung. Seit ihrer Gründung förderte die Organisation rund 6.600 Projekte in 70 Ländern mit 2,25 Milliarden Euro.

dapd