Abkommen und Gesetze weltweit sollen Ozeane und ihre Bewohner vor Plastikmüll schützen. Doch noch immer sterben viele Seevögel, weil Plastikreste ihre Mägen verstopfen. Besonders schlimm ist es im Ärmelkanal.

Vor 50 Jahren lagen die ersten Seevögel tot an Stränden, die verhungert waren, weil Plastikreste ihre Mägen verstopft hatten. Die Tiere hatten zu viel des im Meer treibenden Mülls gefressen. Seitdem sollen Abkommen und Gesetze weltweit Ozeane und ihre Bewohner vor Plastikmüll schützen.

Doch noch immer landen enorme Mengen Kunststoff in den Meeren. Den jüngsten Beleg liefern Biologen um Jan van Franeker vom Institut für marine Ressourcen und Ökosystem-Studien im holländischen Wageningen. In der Nordsee untersuchten die Forscher von 2003 bis 2007 den Inhalt von knapp 1300 Mägen von Eissturmvögeln (Environmental Pollution, Bd. 159, S. 2609, 2011).

An dieser Tierart lässt sich die Plastikverschmutzung der Meere gut abschätzen, weil Eissturmvögel auf dem offenen Meer leben und unverdauliche Stücke nicht auswürgen.

Nur fünf von 100 untersuchten Tieren hatten kein Plastik im Magen. Im Durchschnitt aller untersuchten Regionen der Nordsee fanden die Forscher in etwa der Hälfte der Vögel 300 Milligramm Plastik. Am stärksten betroffen waren die Tiere im Ärmelkanal. Dort enthielten gut drei Viertel der Vogelmägen deutlich mehr Kunststoffteilchen, als es einem EU-Abkommen zum Schutz des Nordostatlantiks (Ospar) zufolge noch als akzeptabel gilt. Gemäß diesem Abkommen sollen höchstens zehn Prozent der Vogelmägen nicht mehr als 100 Milligramm Plastik enthalten.

Allerdings ist diese Vorgabe zum Teil willkürlich, denn niemand weiß, wie viel Kunststoff ein Vogel verträgt. Doch zeigt die Vorgabe: Der Wunsch nach einer Welt, in der Vögel gar kein Plastik im Magen haben, liegt offenbar weit jenseits der Realität. Sogar das jetzige Ziel sei vielleicht unerreichbar, geben die Autoren zu bedenken. Selbst vor der vergleichsweise dünn besiedelten Ostküste Kanadas überschreiten früheren Studien zufolge 14 statt der angestrebten zehn Prozent der Vögel die 100 Milligramm-Grenze.

Langzeitdaten, wie sich die Plastikmenge in den vergangenen Jahrzehnten in den Meeren entwickelt hat, gibt es nur für die holländische Nordsee - und auch sie liefern keinen Anlass zum Jubeln.

Eine gute Nachricht gibt es zwar: Plastikgranulat, das für viele Kunststoffe als Ausgangsmaterial dient und einst tonnenweise aus Containern im Meer landete, findet sich dort heute viel weniger. Das liege vor allem an den Kosten, die den Firmen durch das verlorene Granulat entstehen, schreiben die Autoren.

Doch die Gesamtmenge an Plastik in der holländischen Nordsee ist seit 30 Jahren nahezu unverändert: Während das Granulat weniger wurde, stieg die Menge an sogenanntem Verbraucher-Plastik aus Schiffsabfällen und der Fischerei.

Dies sei auch die Quelle für den Müll in den übrigen Nordsee-Regionen, schreiben die Forscher. Zwar ist es Reedereien seit Jahren verboten, Müll ins Meer zu kippen. Doch die Entsorgung in den Häfen kostet Geld, und die Kontrollen seien lasch, kritisiert der Greenpeace-Meeresexperte Thilo Maack.

Außerdem trägt laut den Autoren vor allem die Fischerei zur Plastikvermüllung bei. "Sogenannte Geisternetze sind ein Riesenproblem", sagt auch Maack. Fischer lassen Kunststoffnetze bis in 1000 Meter Tiefe hinab. Dort gehen viele Netze verloren und treiben fortan im Meer. Auch würden beschädigte Bojen und andere Kunststoff-Gegenstände im Wasser entsorgt, vermutet Maack.