München - Ungeheuerliche Vorwürfe gegen eine angebliches Berliner Hilfsprojekt: Mitglieder sollen Erdbeben-Opfer sexuell missbraucht und verschleppt haben.
Zwei Polizisten am Flughafen
© dpa (Archivbild)Am Flughafen in München wurde ein traumatisiertes Kind aus den Fängen von Kinderschändern befreit. Auf Haiti hatte es zuvor die Hölle erlebt. (Archivbild)

Nach außen war ein Berliner Verein ein humanitäres Hilfsprojekt. Tatsächlich sollen die Mitglieder aber die Not nach dem Erdbeben auf Haiti aufs Abscheulichste ausgenutzt haben. Von den angeblichen Helfern wurden Waisen vor Ort sexuell missbraucht und später verschleppt - ein ungeheuerlicher Vorwurf.

Zwei Mitglieder des mutmaßlichen Kinderschänderrings müssen sich ab Mittwoch vor der Jugendkammer des Landshuter Landgerichts verantworten. Ihnen wird schwerer Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen.

Hauptangeklagter ist der 57-jährige ehemalige „Projektmanager“ des Vereins, Hans B. aus Berlin. Neben ihm wird ein angeblicher Fußballprofi Platz nehmen: Francesco L. (27) aus Brasilien soll zwar bei den Missbrauchsfällen nicht beteiligt gewesen sein, bei Schleusungen jedoch eine wichtige Rolle gespielt haben. Der Prozess findet in Landshut statt, weil die beiden am 12. Februar am Flughafen München bei der Einreise festgenommen worden waren. Sie hatten zu dem Zeitpunkt einen verschleppten Buben (12) aus Haiti dabei, der als Sex-Sklave dienen sollte.

Die Ermittlungen gegen den Verein liefen da schon bei der Staatsanwaltschaft und demLandeskriminalamt Berlin. 2010 hatten sich Indizien ergeben, dass die führenden Köpfe des Vereins in skrupelloser Weise die Hilflosigkeit der Kinder in Haiti und der Dominikanischen Republik ausnutzten. Schließlich erhärtete sich der Verdacht - auch dass die Männer die Kinder nicht nur missbrauchten, sondern sie im großen Stil schleusten. Buben wie der Zwölfjährige sollen nach Berlin verfrachtet worden sein, um dort als Sex-Sklaven zu arbeiten. Ein Ermittler: „Opfer, vor allem Waisen, unter dem Deckmantel der Hilfstätigkeit anzulocken, ist gängige Masche beim Menschenhandel. Das Gewerbe ist lukrativ: In Europa sitzen finanzstarke Kunden, die Kinder als Sklaven kaufen.“

Nach dem Erdbeben auf Haiti mit mindestens 200 000 Toten warb der Verein damit, Kinder des Inselstaates zu fördern, für Unterkunft und Essen, Kleidung und Schulbesuche zu sorgen. Dazu sollte eine Anlaufstation eingerichtet werden, „wo Kinder nicht nur mit sauberem Wasser und Essen versorgt werden, ein geschützten Ort, wo sie sich zurückziehen können“. Zynismus pur, tatsächlich sollte das Projekt laut Anklage nur dazu gedient, Kontakt zu Kindern und Jugendlichen zu finden, um dann pädophile Neigungen ausleben zu können.

Hans B. flog zusammen mit einem weiteren, inzwischen ebenfalls in U-Haft sitzenden Vereinsvorstand im März 2010 nach Haiti. Dort wurde das zwölfjährige Straßenkind angesprochen und in einem vermeintlichen Kinderheim untergebracht. Dort hätten die beiden den Buben massiv sexuell missbraucht. Bei weiteren Aufenthalten in Haiti und der Dominikanischen Republik kam es zu massiven Übergriffen auf mindestens vier weitere Buben.

Bei der Ankunft in München, bei der nun der Brasilianer dabei war, wurde das Kind als Sohn des Fußballers ausgegeben. Es wurde ein entsprechender Pass vorgelegt. Diesen hatten sich die Kinderschänder mit einer gefälschten Geburtsurkunde erschwindelt.

WS