Leipziger Psychologen untersuchen, auf welche Weise Humor in der Schule hilft. Und stoßen dabei auch auf Unerwartetes.

Über die Eigenheiten anderer Menschen ein wenig lachen zu können, kann durchaus heilsam sein. Was wie eine Binsenweisheit klingt, hat jetzt eine Studie von zwei jungen Wissenschaftlern an der Universität Leipzig erstmals gründlich untermauert.
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Als Gewinner eines Wettbewerbs des Bundesforschungsministeriums im Wissenschaftsjahr 2011 zur Frage „Was macht gesund?“ gaben die Mitarbeiter des Leipziger Instituts für Arbeits- und Organisationspsychologie eine klare Antwort: Humor macht gesund. Wer im positiven Sinne lachen kann, schläft besser und erlebt weniger Stress. „Je mehr Humor man hat, desto niedriger ist der Puls und umso weniger Stress erleidet man“, sagt Diplompsychologin Tabea Scheel, die Leiterin der Studie.

Als Probanden dienten ihr und Co-Autor Mario Csonka 340 Schüler zwischen 13 und 17 Jahren. Die Jugendlichen aus 16 Klassen an sieben Schulen in Sachsen nahmen an umfangreichen Umfragen, Workshops und Experimenten teil.

Die verblüffendste Erkenntnis war für Doktorandin Scheel allerdings, dass milde Formen aggressiven Humors des Lehrers gut sein können für die Stimmung und die Leistung einer Klasse. „Der Lehrer wirkt durchsetzungsfähiger, er scheint die Klasse besser im Griff zu haben. Potenzielle Mobber werden abgeschreckt“, sagt Tabea Scheel. So würden Schüler aus ihren Fehlern schneller lernen, weil sie mehr Sorge hätten, sich zu blamieren. „Wir wussten zwar, dass sich sozialer und selbstaufwertender Humor positiv auf die Gesundheit auswirken und das Lernen fördern kann. Dass aber der negative Humor in einer leichten Form tatsächlich Mobbing verringert, ist neu“, erklärt Tabea Scheel.

Gestärktes Gruppengefühl

Hat eine Lehrerin zum Beispiel ein Abschreiben vom Banknachbarn bemerkt und will es zukünftig vermeiden, sagt sie: „Nächstes Mal schreib nicht auch noch die Fehler ab.“ Der etwas herablassende, leicht spottende Tonfall schweiße die Gruppe zusammen, stärke das Zusammengehörigkeitsgefühl und korrigiere abweichendes Verhalten, erklärt Tabea Scheel.

Wirklich aggressive Witze über Schüler oder sich selbst dürften die Pädagogen allerdings nicht reißen. Das führe zu Verunsicherung, höheren Fehlerquoten und sei alles andere als gesundheitsfördernd, betont Masterstudent Mario Csonka. Ein Negativ-Beispiel illustriert ein kurzer Film aus der Studie: Eine Lehrerin teilt Klassenarbeiten in Mathe mit ein paar gepfefferten Sprüchen aus: „Für dein Niveau ganz gut!“ oder: „Blindes Huhn findet auch mal ein Korn!“

Für die Studie hatten die Forscher selbst produzierte Videofilme mit vier verschiedenen Humorstilen gezeigt und dabei den Puls der Schüler gemessen. In einem Beispiel für sozialen Humor ruft die Lehrerin Fragen wie eine Talkmasterin in einer Quizshow auf, die Schüler machen kichernd mit.

Selbstaufwertender Spaß hört sich derweil so an: Als die Lehrerin aus Versehen ihren Kaffee über Arbeitsblätter schüttet, sagt sie kühl: „Da ist der Unterrichtsstoff wenigstens nicht so trocken.“ Galgenhumor schaffe Distanz zum Problem, man komme mit Stress besser klar, erklärt die Psychologin. Für die Beispiele griffen die Leipziger auf die Grundlagenforschung des kanadischen Psychologieprofessors Rod Martin zurück, der verschiedene Stile von Humor klassifiziert hat.

Die Ergebnisse zeigen: Gut gelaunte Kinder sind kreativer und leistungsfähiger. Diejenigen, die laut der Umfrage-Auswertung ein großes Humorpotenzial besitzen, hatten einen niedrigeren Puls als andere. Wenig oder negativer Humor bedeutet dagegen einen höheren Puls, geht mit weniger Kreativität und weniger Leistung einher und beeinträchtigt sogar den Schlaf. „Menschen, die dazu neigen, sich selbst zu degradieren oder abzuwerten, um gemocht zu werden, haben meist Schlafprobleme, wenig Selbstwertgefühl oder Depressionen“, sagt Scheel. Die gute Nachricht aber sei: Bei den Probanden der Studie habe der positive Humor überwogen.

Das schlaueste Kind der Klasse:

Bei den Experimenten nutzen die Wissenschaftler auch den Youtube-Film „The smartest kid in class“ (Das schlaueste Kind der Klasse). Darin gibt ein Schüler seine Klassenarbeit eine Minute zu spät ab. Der Lehrer sagt: „Sorry, zu spät. Durchgefallen!“ Da fragt der junge Mann: „Wissen Sie eigentlich, wer ich bin?“ „Nein“, sagt der Lehrer, „absolut keine Ahnung.“ Daraufhin schiebt der Delinquent einfach seine Arbeit in den großen Blätterstapel der Mitschüler und verlässt grinsend das Klassenzimmer.

Die Ergebnisse der Auswertung unter www.uni-leipzig.de