Sind sie absichtlich vergiftet worden? Spaziergänger haben in Neuenburg zehn tote Raben entdeckt. "Es war ein Leichenfeld", berichtet einer von ihnen. Zwei der Tiere werden jetzt untersucht. Die Polizei ermittelt.
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Es muss ein gespenstischer Anblick gewesen sein, der sich Oliver Niklaus und seiner Freundin Alexandra Schaber bot, als sie am Dienstag mit ihrem Hund im Wuhrlochpark spazieren gegangen sind. In der Nähe von Pavillon und Kinderspielplatz entdeckten die beiden auf dem Boden mehrere Rabenvögel. Einige waren schon tot, andere zappelten noch. "Das war ein Leichenfeld", sagt Oliver Niklaus. Doch das Vogelsterben war offenbar noch in vollem Gang. Während sich Niklaus und Schaber dort aufhielten, fielen noch weitere Vögel von den Bäumen. Insgesamt lagen später laut Niklaus rund zehn Tiere auf dem Boden.

Kurzerhand sammelte das Pärchen fünf Vögel ein, die noch Lebenszeichen von sich gaben, und brachte sie in die Praxis des Müllheimer Tierarztes Elmar Breuer. Ein Vogel verendete auf dem Weg dorthin, die vier verbliebenen erreichten zumindest noch lebend die Praxis.

Ein Rabe überlebt

Die Diagnose des Tierarztes klingt eindeutig: "Die Tiere hatten die typischen Anzeichen einer Phosphorsäurevergiftung", sagt Breuer. Sie hätten massiv geschleimt, sich erbrochen und Durchfall gehabt. Außerdem litten die Vögel laut Breuer unter Krämpfen. Drei Vögel starben innerhalb kurzer Zeit in der Praxis des Tierarztes; es klingt nach einem qualvollen Tod. Ein Tier konnte über Nacht in der Praxis aufgepäppelt und am Mittwochmorgen wieder freigelassen werden.

Ob die Rabenvögel mutwillig vergiftet wurden, ist derzeit noch offen. Tierarzt Elmar Breuer glaubt jedenfalls schon allein angesichts der Jahreszeit nicht an einen Unfall mit Unkrautbekämpfungsmitteln oder ähnlichen. "Es kommen immer mal wieder Einzelfälle vor, aber so massiv habe ich es während meiner knapp zwanzigjährigen Tätigkeit noch nicht erlebt", sagt der Tierarzt.

Polizei hat Ermittlungen aufgenommen

Auch im Neuenburger Rathaus wird der Fall als ungewöhnlich eingestuft. Dort hatten Oliver Niklaus und Alexandra Schaber den Vorfall gemeldet, nachdem sie die vergifteten Rabenvögel beim Tierarzt abgeliefert hatten. Etwas Vergleichbares habe es in der Vergangenheit in Neuenburg nur einmal vor etwa fünf Jahren gegeben, erinnert sich Norbert Selz, Sachbearbeiter für Natur- und Umweltschutz. "Man konnte es damals aber nicht nachweisen", sagt er.

Eine anfängliche Vermutung, die Vögel könnten sich an Rattenködern vergiftet haben, die Mitte September im Auftrag der Stadt in der Nähe ausgelegt wurden, erweist sich als unwahrscheinlich: Die Köderblöcke befinden sich laut Selz in Metallkisten, deren Inneres nur durch ein kleines Loch erreichbar ist. Die Stadt Neuenburg hat nun die Polizei eingeschaltet. "Die Ermittlungen führt inzwischen unser Ermittlungsdienst Umwelt", erklärt Ulrich Brecht, Pressesprecher der Polizeidirektion Freiburg. Zwei tote Vögel seien zur Untersuchung an das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg übergeben worden. Auch beim Ermittlungsdienst der Polizei heißt es laut Brecht: Der Vorfall ist ungewöhnlich.

Mit dem Untersuchungsergebnis ist wegen Weihnachten wohl kaum vor Januar zu rechnen. Wenn es sich um eine gezielte Vergiftung handeln sollte, ist das ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Dem Täter drohen laut Oberstaatsanwalt Michael Mächtel von der Staatsanwaltschaft Freiburg bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.