Waren es Stromschläge, Silvesterknaller, schlechte Sicht? Wissenschaftler suchen nach Erklärungen für das rätselhafte Massensterben von Vögeln in zwei US-Bundesstaaten. Jetzt fielen auch in Europa tote Tiere vom Himmel.

Die meisten Körper zeigen deutliche Zeichen von Verletzungen: Rund 500 tote Singvögel lagen am Montag auf einem Highway im US-Bundesstaat Louisiana. Die Kadaver fanden sich auf einer Strecke von rund einem halben Kilometer. Es ist der zweite derartige Vorfall in den USA binnen weniger Tage: In der Silvesternacht fielen in der Kleinstadt Beebe in Arkansas, rund 600 Kilometer weiter nördlich gelegen, rund 5000 Vögel tot auf die Erde. In beiden Fällen waren es Rotschulterstärlinge, eine in Nordamerika häufige Singvogelart. Auf der Straße nördlich von Baton Rouge, Louisiana, wurden auch einige tote Stare und Braunkopf-Kuhstärlinge gefunden.

In der Nacht zu Mittwoch wurden nun auch 50 bis 100 Kadaver von Dohlen auf einer Straße in Südschweden entdeckt. Der Amtsveterinär habe fünf Tiere mitgenommen, um die Todesursache zu erforschen, sagte ein Sprecher der Rettungsdienste in der Ortschaft Falköping. Einige der Vögel hätten noch gelebt, die meisten "waren aber tot".

Experten gehen davon aus, dass kein Zusammenhang zwischen den Ereignissen besteht. Solche Vorfälle seien nicht ungewöhnlich, sagte ein Mitarbeiter des U. S. Geological Survey dem "Baton Rouge Advocate". Laut den Daten der Behörde sind in den vergangenen 30 Jahren 16 Fälle bekannt, in denen mehr als tausend Stärlinge auf einmal gestorben sind.

Aber was tötete die Vögel? Neben dem Highway am Fundort der Vögel in Louisiana stehen Stromleitungen - eventuell sind die Tiere dagegen geflogen; viele weisen Verletzungen an Kopf, Hals oder Rücken auf. Masten und Leitungen stellen tatsächlich eine Gefahr dar: Vögel können einen Kurzschluss oder einen sogenannten Erdschluss auslösen und dann durch den Stromschlag sterben. Einige Kadaver werden jetzt untersucht, um die Todesursache zu ermitteln.

In Beebe, Arkansas, starben die Vögel an massiven Verletzungen im Brustbereich und an inneren Blutungen. Die Organe zeigten dagegen keine Anzeichen von Krankheit, berichtet die zuständige Jagd- und Fischereikommission nach ersten Obduktionen der toten Tiere.

Massentod von Fischen in der gleichen Region

Dass ein Hagelsturm in größeren Höhen oder Blitze die Vögel getötet haben, war eine frühe Theorie. Nun vermutet die Behörde eher, dass das Neujahrsfeuerwerk für die Vogeltode in Arkansas verantwortlich war. Erlaubt ist das Abfeuern von Böllern und Raketen in Beebe nur zum Jahreswechsel sowie am Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli. Möglicherweise haben die lauten Geräusche die Vögel mitten in den Nacht aufgeweckt und in Panik versetzt, vielleicht weil Böller dicht neben ihrem Schlafplatz zündeten.

Rotschulterstärlinge sehen bei Nacht schlecht, normalerweise schwingen sie sich in der Dunkelheit nicht in die Luft. Sie fliegen im Schwarm dicht beieinander. Es könnte also sein, dass die aufgeschreckten, desorientierten Vögel in größerer Zahl miteinander kollidiert sind. Da sie Berichten zufolge auch noch ungewöhnlich tief flogen, ist es denkbar, dass sie einfach gegen Hausdächer und Bäume geknallt sind. Weitere Tests sollen noch abklären, ob Umweltgifte eine Rolle spielten.

Der Rotschulterstärling ist ein in Nordamerika häufig vorkommender Singvogel, der Bestand wird auf 200 Millionen Tiere geschätzt. Ähnlich wie der Star in Deutschland ist er bei Landwirten unbeliebt, da er in großen Schwärmen auftritt und dann beim Obst- und Getreideanbau Schaden anrichten kann.

Die Jagd- und Fischereikommission von Arkansas muss derweil noch ein weiteres Massensterben erklären: Am 29. Dezember meldeten Angler, dass sie zahlreiche sterbende und tote Fische im Arkansas River gesichtet hatten. Insgesamt sollen rund 85.000 Tiere verendet sein, fast 99 Prozent davon sind Flusstrommler. Laut New York Times ist es das größte Fischsterben, das je in Arkansas beobachtet wurde. In diesem Fall wird vermutet, dass eine Krankheit die Tiere dahinraffte.

wbr