Coffee and Cigarettes
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Stören Raucher den Arbeitsablauf im Betrieb? Ja, meinen mittelständische Wirtschaftsverbände und fordern ein Verbot der Zigarettenpausen. Doch außer ihnen erwärmt sich kaum jemand für den Vorstoß.

Eine Zigarette zu rauchen, dauert im Schnitt etwa fünf bis sieben Minuten. Plaudert man dabei noch mit Kollegen, werden locker auch zehn Minuten oder mehr daraus. Raucht ein Arbeitnehmer sechs Zigaretten während seiner Arbeitszeit, hat er sich so unter dem Strich schnell eine Stunde Pause "gegönnt". Eine Stunde, in der er nicht arbeitet, in der er den Betrieb nur kostet. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Folgen und späteren Abwesenheiten wegen Raucherkrankheiten.

Das regt die Arbeitgeber auf. Verschiedene Wirtschaftsverbände des Mittelstands haben deshalb nun komplett rauchfreie Arbeitszeiten gefordert. „Schluss mit dem blauen Dunst während der Arbeit“, sagte der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, in der Bild-Zeitung. „Es kann nicht sein, dass Nichtraucher bestraft werden“, sagte die Chefin des Unternehmerverbands mittelständische Wirtschaft, Ursula Frerichs im selben Blatt. Sie wollen, dass die Arbeitnehmer nur noch in der Mittagspause oder nach Feierabend den ungesunden Qualm inhalieren. Ihr Vorbild ist Schweden, wo viele Firmen und Kommunen das Konzept bereits seit längerem umsetzen.

Gewerkschaften widersprechen den Forderungen der Verbände jedoch vehement. "Die Behauptung der Wirtschaftsverbände, Raucherpausen würden den Arbeitsablauf stören oder gar den Betrieb lahmlegen, ist geradezu grotesk", sagt etwa Annelie Buntenbach Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auf Anfrage von stern.de. Pausen seien angesichts der zunehmenden Arbeitshetze nötiger denn je: "Die Arbeitgeber sollten den Beschäftigten Angebote zur Gesundheitsförderung machen, statt den Druck am Arbeitsplatz noch weiter zu erhöhen", fordert sie.

Die Gewerkschaft IG Metall hält ein Verbot für unrealistisch. "Ein generelles betriebliches Rauchverbot ist wirklichkeitsfremd und mit geltendem Recht nicht ohne Weiteres vereinbar", sagt Verena Dohna-Jäger, Juristin der Gewerkschaft. "Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Maßnahmen zum Nichtraucherschutz zu treffen. Auf der anderen Seite können sich rauchende Arbeitnehmer auch auf ihre allgemeine Handlungsfreiheit berufen."

Und auch bei der Gewerkschaft Ver.di hält man es für falsch, ein generelles Verbot von Rauchpausen gesetzlich festzulegen. "Ein solches würde in keinem Fall den Betriebsfrieden fördern", sagt eine Sprecherin. "Die bereits gelebte betriebliche Praxis, mit Hilfe von Betriebsvereinbarungen Rauchpausen zu regeln, ist sinnvoll und hat sich bewährt."

"Der Staat sollte nicht eingreifen"

Auch seitens der Sozialdemokraten regt sich Widerstand gegen ein Verbot von Raucherpausen. Garrelt Duin, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und selbst starker Raucher, der sogar in seinem Büro qualmt, sagte auf Anfrage von stern.de: „Die deutsche Regelungswut kennt keine Grenzen. Ausgerechnet die Verbände, die sonst immer der Liberalisierung das Wort reden, fordern jetzt ein solches Gesetz." Er sei sich mit SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach einig: "So etwa brauchen wir nicht." Lauterbach hatte in der Bild-Zeitung gesagt, ein Rauchverbot in kleinen Pausen vor der Tür wäre eine massive Diskriminierung und ein Schritt Richtung Nichtraucher-Diktatur.

Auch CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs, selbst Nichtraucher, ist gegen ein Verbot von Raucherpausen. "Es geht nicht, dass Raucher weniger arbeiten als Nichtraucher. Aber jeder Unternehmenschef kann für seinem Betrieb selbst entscheiden, ob er die Mitarbeiter ausstempeln lässt, wenn sie eine Raucherpause machen wollen. Der Staat sollte nicht eingreifen."

Tatsächlich ist das Rauchen am Arbeitsplatz durch die Arbeitsstättenverordnung klar geregelt. In ihrer neuen Fassung hat jeder Arbeitnehmer seit 2002 ein Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz. Es obliegt den Unternehmen, zusammen mit den Sozialpartnern die dafür notwendigen Maßnahmen einzuleiten, etwa einen separaten Raucherraum einzurichten oder bei Konferenzen Raucherpausen einzulegen. Damit wäre auch eine gänzliche Abschaffung der Raucherpausen Sache des Unternehmens und dann möglich, wenn alle Beschäftigten dem zustimmen. Der Deutsche Zigarettenverband sieht in dieser Verordnung eine "pragmatische und gute Lösung", wie eine Sprecherin sagte. Weitere Gesetze seien daher unnötig. In einem Positionspapier des Verbands heißt es, die Verordnung biete "genügend Spielraum" für alle Seiten. Ein "Totalverbot" könne dies nicht leisten und würde den Betrieben vielmehr die Selbstbestimmung entziehen.

mit Agenturen