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Forscher stellen messbare Einbußen beim Gedächtnis und in der Auffassungsgabe fest

Unsere geistigen Fähigkeiten nehmen bereits deutlich früher ab als bisher angenommen. Schon im Alter von 45 Jahren beginnen das Gedächtnis und die Fähigkeit zum schnellen Erkennen von Zusammenhängen messbar nachzulassen. Das haben Forscher in einer Langzeitstudie an insgesamt 7.390 Menschen herausgefunden.


Innerhalb der zehnjährigen Untersuchungsperiode seien die geistigen Leistungen der 45- bis 49-Jährigen in einigen Tests um durchschnittlich 3,6 Prozent gesunken. Dieser Abbau sei zwar geringer als bei den 20 Jahre älteren Studienteilnehmern, aber dennoch deutlich messbar, berichtet das internationale Wissenschaftlerteam im Fachmagazin British Medical Journal.

Bisher ging man davon aus, dass die geistigen Fähigkeiten erst mit etwa 60 Jahren beginnen nachzulassen. Doch diese Annahme habe man nun in der bisher umfangreichsten Studie dieser Art wiederlegt, schreiben Archana Singh-Manoux vom University College London und ihre Kollegen.

Kenntnis wichtig für vorbeugende Maßnahmen

„Das Alter zu kennen, in dem der geistige Abbau beginnt, ist enorm wichtig“, betonen die Forscher. Denn dadurch könne man auch Risikofaktoren besser erkennen, die diesen Schwund der geistigen Leistungsfähigkeit verstärken und ihnen gezielt entgegenwirken.

„Es gibt zunehmende Hinweise darauf, dass das, was für das Herz gut ist auch dem Kopf hilft“, sagen die Forscher. Übergewicht, Bluthochdruck und zu hohe Blutfettwerte erhöhten das Risiko für den Verlust geistiger Fähigkeiten. Die neuen Ergebnisse sprächen dafür, dass es sinnvoll sei, diese Risikofaktoren bereits im mittleren Alter zu vermeiden.

„Heute weiß man zudem, dass sich Demenzerkrankungen bereits lange vor Beginn der ersten Symptome anbahnen“, sagen die Forscher. Wenn man wisse, welche geistigen Einbußen im mittleren Alter normal seien, könne man auch besser erkennen, wenn jemand davon abweiche. Ein überdurchschnittlich starker Abbau könne dann auf ein höheres Risiko für Alzheimer und andere Demenzen in späteren Lebensjahren hindeuten.

Entwicklung der geistigen Leistungen über zehn Jahre verfolgt

Für ihre Studie hatten die Forscher die geistigen Fähigkeiten von 5.198 Männern und 2.192 Frauen im Alter von 45 bis 70 Jahren untersucht. Im Laufe der Studienperiode von 1997 bis 2009 absolvierten alle Teilnehmer drei umfangreiche Testreihen. Geprüft wurden dabei ihr Gedächtnis, das mathematische und verbale Erkennen von Zusammenhängen, Mustern und Regeln und ihr Wortschatz.

„Die Ergebnisse aller Tests bis auf den Wortschatz zeigten signifikante Verschlechterungen in allen Altersgruppen, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen“, berichten die Forscher. Je älter die Teilnehmer zu Studienbeginn waren, desto stärker sei auch der Leistungsabbau innerhalb der zehn Jahre ausgefallen.

Lag er in den Tests für das Erkennen von Zusammenhängen bei den bis 49-Jährigen beider Geschlechter noch bei 3,6 Prozent, betrug er bei den 65- bis 70-jährigen Frauen bereits 7,4, bei den Männern dieser Altersgruppe sogar 9,6 Prozent. (British Medical Journal, 2012; doi: 10.1136/bmj.d7622)

British Medical Journal / dapd, 09.01.2012 - NPO