Noch ist nicht sicher, ob auch deutsche Opfer nach dem Kreuzfahrtschiff-Unglück vor Italien zu beklagen sind. Eine Hessin hat allerdings kein Lebenszeichen von ihren Eltern, die an Bord der Costa Concordia waren. Auch der Verbleib von zwei Frauen aus Baden-Württemberg ist ungeklärt.


Nach dem Kreuzfahrtunglück vor der italienischen Küste hat eine Frau aus dem hessischen Dreieich ihre Eltern als vermisst gemeldet. „Meine Eltern waren auf der Costa Concordia, die am Freitag gekentert ist und seitdem haben wir überhaupt keine Informationen und sie gelten als vermisst“, sagte die Frau am Sonntagabend dem Radiosender Hit Radio FFH. Die Polizei in Offenbach bestätigte, dass eine solche Vermisstenanzeige vorliegt. Das Bundeskriminalamt sei bereits in die Ermittlungen eingeschaltet.

Das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ mit mehr als 4200 Menschen an Bord war in der Nacht zum Samstag vor der toskanischen Küste auf einen Felsen gelaufen. Dadurch wurde der Rumpf aufgeschlitzt, Wasser drang ein, das Schiff kippte zur Seite. Mindestens fünf Menschen starben, 60 Menschen wurden verletzt. Das vermisste Paar aus Mühlheim am Main, 71 und 72 Jahre alt, war den Angaben zufolge mit einer Reisegruppe aus dem Raum Aschaffenburg unterwegs.

„Von jedem andere Informationen“

Sie habe sich sowohl bei der Deutschen Botschaft in Rom und beim Auswärtigen Amt als auch bei der Reederei um Aufklärung bemüht, sagte die FFH-Hörerin. Es müsse alles sehr chaotisch ablaufen, „man kriegt von jedem andere Informationen“, sagte sie.

Nach einem Bericht der „Augsburger Allgemeinen“ werden außerdem zwei Baden-Württemberginnen vermisst. Die beiden Frauen sollen aus dem oberschwäbischen Laupheim im Kreis Biberach und aus Nürtingen bei Stuttgart stammen und einer 41-köpfigen Reisegruppe angehört haben. Das Blatt beruft sich auf entsprechende Angaben eines Allgäuer Kreuzfahrt-Unternehmens aus dem schwäbischen Heimenkirch (Kreis Lindau). Demnach seien nur 39 der 41 Teilnehmer wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Unklar ist jedoch, ob die Vermissten nach der Hektik des Unglücks womöglich auf eigene Faust zurückgekehrt waren oder sogar noch in Italien sind.

Das Außenministerium sprach am Sonntag von „einigen ungeklärten Fällen“ aus Deutschland. Dabei könne es sich unter anderem um Menschen handeln, die kein Telefon hätten oder nach dem Unglück verwirrt seien. Unklar ist auch, wie viele Menschen insgesamt noch vermisst werden. Italienische Behörden hatten unterschiedliche Zahlen angegeben. Nach den jüngsten Angaben des Präsidenten der Region Toskana, Enrico Rossi, fehlt von 15 Menschen jede Spur.

Experten halten Kurs der „Costa“ für absonderlich

Nach Expertenansicht führte ein „absonderlicher Kurs“ der „Costa Concordia“ zum Unglück des Kreuzfahrtschiffs. Das Schiff sei viel zu nah an die Küste der Insel Giglio und damit in gefährliches Gebiet gelangt, berichtete die Kreuzfahrtgesellschaft European Cruiser Association (Eucras) in Wiesbaden mit Verweis auf Schiffsnavigationsdaten. „Dieser Kurs hätte nie gesteuert werden dürfen.“

„Wir haben die Navigationsdaten der Costa Concordia ausgewertet. Sie zeigen, dass das Schiff nicht geradeaus durch die Meeresenge an der Isola del Giglio vorbei steuert, sondern direkt auf die Insel zu“, sagte Eucras-Präsident Stefan Jäger. „Wäre das Schiff gerade durch die Meeresenge gesteuert, wäre nichts passiert“, ergänzte der Experte.

Kapitän spricht von fehlerhafter Karte

Der Kapitän des Schiffes, Francesco Schettino, wurde festgenommen. Ihm wird unter anderem fahrlässige Tötung vorgeworfen. Er soll das Schiff bis auf 150 Meter ans Ufer herangefahren haben - womöglich um Inselbewohner mit einem Signalton zu grüßen, was nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters auch andere Schiffe machten. Der 52-Jährige gab in einem Interview an, der Felsen sei in seiner Karte nicht eingezeichnet gewesen.

Mehr als 24 Stunden nach dem Schiffbruch hatten die Retter am Sonntag drei Überlebende bergen können. Ein Spezialkommando der Feuerwehr befreite in der Nacht ein Paar aus Südkorea aus einer Kabine im Rumpf des Schiffes. Die beiden 29-Jährigen waren auf Hochzeitsreise. Weiter wurde ein Offizier gerettet. Taucher sichteten im überfluteten Heckteil aber auch zwei Leichen älterer Männer, die bereits Rettungswesten anhatten.

stj/dpa/AFP