Anhänger der syrischen Protestbewegung haben in der ägyptischen Hauptstadt Kairo die Botschaft ihres Landes überfallen. Sie stürmten auf das Gelände und zerstörten Büroräume. Nun berät der Uno-Sicherheitsrat über eine Resolution gegen das Assad-Regime.
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© AFPSchäden an der syrischen Botschaft in Kairo: Proteste gegen Assad

Kairo - Dutzende Syrer sind am Freitag in die Botschaft ihres Landes in Kairo eingedrungen. Sie protestierten damit gegen die blutige Niederschlagung der Protestbewegung durch syrische Regierungstruppen, berichteten ägyptische Sicherheitskräfte.

Ein syrischer Diplomat sagte, die Gruppe habe Teile des Eingangstors zerstört und habe das Gelände der Botschaft erreicht. Demonstranten seien in einige Büros eingedrungen. Es gebe keine Verletzten, sagte ein Botschaftsangestellter der Nachrichtenagentur Reuters. Die ägyptischen Sicherheitskräfte seien aufgefordert worden, die Überwachung der Vertretung zu erhöhen.

Ein auf YouTube gepostetes Video zeigt offenbar die Erstürmung der Vertretung am Freitagnachmittag: Darin sieht man, wie Dutzende junge Männer durch das mit Arabesken verzierte Gittertor in das Botschaftsgebäude laufen. "Allahu akbar" - "Gott ist groß" - skandieren sie. Auch nicht-religiöse Proteste haben sich im Laufe des arabischen Frühlings die Gottesanrufung zu eigen gemacht. Er schafft Einigkeit und macht Mut.

Der YouTube-Clip zeigt, wie Männer ein Bild des ehemaligen syrischen Präsidenten Hafis al-Assad aus der Botschaft tragen. Sofort stürzen sich die Demonstranten auf das Foto des verhassten Vaters des jetzigen Herrschers Baschar al-Assad, treten voller Zorn auf das Bild ein. Dann zoomt die Kamera auf den ersten Stock des Gebäudes. Aus eingetretenen Fenstern lehnen sich Jugendliche heraus und schwenken die alte syrische Fahne mit den drei Sternen, die die Revolutionäre zu ihrem Symbol gemacht haben.

Der Zeitpunkt der Botschaftsstürmung dürfte einerseits aus taktischen Überlegungen gewählt worden sein: Am Freitag ruht in der arabischen Welt die Arbeit, öffentliche Gebäude und diplomatische Vertretungen liegen verlassen, sind kaum bewacht. Andererseits ist der Aufruhr am Nil sicher auch von den aktuellen Begebenheiten in Syrien befeuert worden.

Zuvor hatte es Berichte über eine neue Offensive der Armee von Präsident Baschar al-Assad in der zentralsyrischen Protesthochburg Homs gegeben. Die Truppen hätten die Stadt am Donnerstag mit Mörsern beschossen, berichteten Menschenrechtler und Anwohner. "Es gab ein grauenhaftes Massaker", sagte der Direktor des Syrischen Observatoriums für Menschenrechte, Rami Abdul-Rahman der Nachrichtenagentur AP. Mindestens 30 Menschen sollen getötet worden sein, darunter auch Kinder.

Auch die Unruheprovinz Hama wurde nach Oppositionsangaben von Sicherheitskräften beschossen. Dabei wurden laut der Nachrichtenagentur dpa mindestens 44 Menschen getötet. Unter ihnen seien ebenfalls Frauen und Kinder, teilten Aktivisten mit. Die Angaben aus Syrien lassen sich derzeit nicht überprüfen, weil unabhängige Journalisten nicht ins Land gelassen werden.

Nach Ansicht der Uno-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay könnte die syrische Regierung die Gewalt mit einem entsprechenden Befehl sofort beenden. Es seien die Behörden, die Zivilisten töteten, sagte sie am Freitag. Seit März 2011 sind nach Angaben der Uno mindestens 5400 Menschen getötet worden.

Sitzung des Sicherheitsrats

Der Sicherheitsrat der Uno kommt noch am Freitagabend zu einer Sondersitzung wegen Syrien zusammen. Einem westlichen Diplomaten zufolge könnte dabei ein Resolutionsentwurf verteilt werden. Die Europäer im Sicherheitsrat arbeiten seit Tagen gemeinsam mit arabischen Ländern an einer Uno-Resolution zu Syrien.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte in Brüssel: "Wir wollen eine Resolution, die die Gewalt des Assad-Regimes klar und deutlich brandmarkt." Jetzt bestehe die Chance, "dass sich der Sicherheitsrat zu Syrien endlich klar positioniert. Das ist überfällig".

In einem ersten Entwurf werden alle Staaten aufgerufen - ähnlich wie die Arabische Liga - Wirtschaftssanktionen gegen die syrische Führung zu verhängen. Russland hält an seinem Widerstand gegen eine neue Uno-Resolution weiterhin fest. Gemeinsam mit China hatte Moskau Anfang Oktober mit seinem Veto eine von den Europäern eingebrachte Syrien-Resolution verhindert.

Der stellvertretende russische Außenminister Gennadi Gatilow sagte, Moskau werde sich einer neuen Resolution gegen Syrien widersetzen, da Bedenken des Kreml darin nicht berücksichtigt worden seien. Der vom Westen und einigen arabischen Staaten ausgearbeitete Entwurf habe die Möglichkeit von Militärinterventionen aus dem Ausland nicht ausgeschlossen, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass den Minister.

Der oppositionelle Syrische Nationalrat forderte den Uno-Sicherheitsrat auf, eine Resolution anzunehmen, die "die Verbrechen des Regimes verurteilt und sich dafür einsetzt, die Kriminellen zur Verantwortung zu ziehen". Generalsekretär Ban Ki Moon forderte den Sicherheitsrat zur Einheit auf. "Ich hoffe, dass der Sicherheitsrat zum Handeln in der Lage ist", sagte er in Davos. "Wir müssen diesen Menschen helfen."

ler/dpa/Reuters