Wien. Die Jubiläumswarte im Westen Wiens zählt im Sommer zu den beliebtesten Aussichtspunkten der Millionenstadt. Derzeit allerdings wird wohl kaum jemand ihre Plattform erklimmen. Denn laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wurden dort am Donnerstag, minus 16,5 Grad gemessen, weniger als in jeder anderen Landeshauptstadt Österreichs. Mit minus 7,4 Grad war es knapp 700 Kilometer weiter westlich, in Bregenz, noch am "wärmsten".

Dass es sich bei der derzeitigen Witterung tatsächlich um "sibirische" Kälte handelt, bestätigte ZAMG-Klimatologe Alexander Orlik: "Die Front kommt aus Westsibirien und wird noch ein paar Tage anhalten. In Russland liegt im Moment sehr viel Schnee, der natürlich alles noch mehr abkühlt." Zusätzlich wird auffrischender Wind die gefühlte Kälte als noch klirrender empfinden lassen.

Minus 18,9 Grad in Zwettl

In der Landeshauptstadt-Wertung errang Wien einen Doppelsieg (neben der Jubiläumswarte gab es in Stammersdorf minus 14,4 Grad), auf Platz drei landete St. Pölten mit minus 13,9 Grad. Flachland-Spitzenreiter war Zwettl (NÖ) mit minus 18,9 Grad vor seinen geografischen Nachbarn Weitra (minus 18,5) und Litschau (minus 17,6). Das nördliche Niederösterreich stellte meteorologisch gesehen den Rest Österreichs in den Schatten - zum Vergleich: Gars am Kamp mit einer Meereshöhe von 267 Metern lag mit minus 16,9 Grad noch vor dem 2.247 Meter hoch gelegenen Patscherkofel (minus 16,6).

Für die kommenden Tage prognostizierte die ZAMG anhaltende Kälte, hie und da ein wenig Sonne, die aber zusehends von Wolken verdeckt wird, teils lebhaften Wind und ab Dienstag besonders im Osten und Süden Schneefall. In den Nachtstunden können die Temperaturen auch in Tallagen bis auf minus 20 Grad sinken, tagsüber sind minus vier Grad das höchste der Gefühle.

Eisige Temperaturen bescheren Autofahrerclubs Rekordeinsätze

Die frostigen Temperaturen halten die Pannendienste in Atem: ÖAMTC und ARBÖ meldeten am Donnerstag seit den frühen Morgenstunden eine Rekordzahl an Einsätzen. Speziell im Osten Österreichs mussten die Helfer des ÖAMTC dreimal öfter ausrücken als an normalen Wintertagen, so der Autofahrerclub in einer Aussendung. Der ARBÖ verzeichnete am Donnerstag 70 Prozent mehr Einsätze.

Hauptgrund seien ältere Batterien oder Dieselfahrzeuge, die bei Temperaturen bis zu minus 20 Grad Celsius derzeit einfach "Njet" sagen, so der ARBÖ in einer Aussendung. "Der ARBÖ-Pannendienst ist österreichweit derzeit zu 99 Prozent mit Starthilfe beschäftigt", so Günther Frühwirth vom ARBÖ Salzburg.

1.600 Einsätze des ÖAMTC in Wien

Der ÖAMTC verzeichnete in den frühen Morgenstunden allein in Wien rund 130 Einsätze pro Stunde. "Wir rechnen mit 1.600 Fahren innerhalb von 24 Stunden", erklärte Gerhard Samek, Leiter der ÖAMTC-Pannenhilfe. An normalen Wintertagen würden etwa 450 bis 500 Einsätze absolviert. Manche Lenker würden sogar zweimal pro Tag die Hilfe des Clubs benötigen. "Es kommt immer wieder vor, dass die Leute vergessen, nach der Starthilfe noch mindestens eine Stunde zu fahren, damit die leere Batterie wieder geladen wird."

In Aussendungen gaben beide Autofahrerclubs Tipps im Kampf gegen Kälte und Eis. "Ein Eiskratzer sollte in keinem Auto fehlen", riet ÖAMTC-Techniker Thomas Stix. Zum Abtauen der Scheiben sollte man nicht zu einem Kübel mit heißem Wasser greifen, dadurch könnten die Scheiben springen. Enteisungssprays helfen vereiste Türschlösser aufzutauen. Auf eine Autowäsche sollte besser verzichtet werden.

Der ARBÖ riet Autofahrern mit Panne, immer in Bewegung zu bleiben. "Einfach am Stand hüpfen, Arme dabei schwingen, ein paar Mal ums Auto laufen", erklärte Frühwirth. Wichtig sei auch, regelmäßig zu Trinken, "jeder der mit dem Auto unterwegs ist, sollte eine Thermoskanne mit was Warmem mitnehmen, man weiß ja nicht, ob man nicht irgendwo hängen bleibt".