Devon/Asheville/Washington D.C. - Jedes Auf oder Ab der mittleren Temperatur an der Erdoberfläche löst Diskussionen aus, schließlich ist dieser Durchschnittswert das bekannteste Anzeichen der globalen Erwärmung. Gesprächsstoff bot sich auch in jüngster Zeit. Einerseits pendelte die Mitteltemperatur in den vergangenen zehn Jahren auf so hohem Niveau wie noch nie seit Messbeginn, andererseits hat sich die Luft in dieser Zeit nicht weiter erwärmt: Der Entwicklungstrend für die Jahre 2002 bis 2011 beträgt null.
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Diese Aussage trifft auf alle drei maßgeblichen Temperaturanalysen zu, die vom Hadley Centre in Großbritannien sowie vom National Climatic Data Center in den USA und einem Institut der US-Weltraumbehörde Nasa angefertigt werden. Betrachtet man die Temperaturdaten bodennaher Luftschichten bis fünf Kilometer Höhe, die mit Satelliten gemessen und von Mitarbeitern der Forschungsfirma Remote Sensing Systems in Santa Rosa, Kalifornien, ausgewertet werden, dauert die Erwärmungspause sogar schon 15 Jahre an.

Klimaforscher erklären die Temperaturstagnation meist mit der Überlagerung mehrerer Klimaphänomene. Der langfristige Erwärmungstrend, der sich in den siebziger Jahren verstärkte und vorwiegend auf den vom Menschen verstärkten Treibhauseffekt zurückgehen soll, sei seit 2002 durch zwei vorübergehende Erscheinungen neutralisiert worden: erstens durch mehrere La-Nina-Ereignisse - ein monatelanges Aufsteigen kalten Wassers im tropischen Pazifik - in den Jahren 2007 bis 2011 und zweitens durch die verringerte Aktivität der Sonne in den vergangenen Jahren.

Die Erwärmungspause könnte noch länger dauern

Beide Faktoren dürften global gesehen die Erwärmung gehemmt haben, lautet die überwiegende Einschätzung. In Fachkreisen werden aber auch noch weitere mögliche Ursachen diskutiert: beispielsweise der Ausstoß von Staubpartikeln durch Kraftwerke, Industrie und Verkehr sowie Veränderungen der Luftfeuchte in hohen Schichten der Atmosphäre.


Kommentar: Eine andere Vermutung ist der Anstieg von Kometenstaub in der Atmosphäre.


Die Erwärmungspause könnte noch länger dauern - vor allem dann, wenn sich die La-Nina-Ereignisse weiter so häufen wie zuletzt. Auch eine Abkühlung des Nordatlantiks durch einen natürlichen Zyklus (die sogenannte Atlantische Multidekadische Oszillation) könnte die Pause verlängern. Die meisten Forscher betrachten es aber als wahrscheinlicher, dass die Temperatur in Kürze wieder stark klettert, sobald sich der tropische Pazifik beim nächsten El-Nino-Ereignis erwärmt und die Sonne ihre Aktivität wieder steigert.

Dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur durch natürliche Phänomene ausgebremst werden kann, obwohl die Aufheizung durch die Treibhausgase anhält, wissen Klimaforscher schon lange. Aber wie ungewöhnlich ist die aktuelle Erwärmungspause? In mehreren Studien haben die Wissenschaftler das mit Klimamodellen untersucht. Vor Kurzem berichtete ein amerikanisch-britisches Team im Fachblatt Journal of Geophysical Research, man müsse die Temperatur mindestens 17 Jahre lang beobachten, bis sich der menschliche erwärmende Einfluss von natürlichen Schwankungen abheben könne.

Nicht nur die Temperatur an der Erdoberfläche ändert sich

Dass die Temperatur für ein Jahrzehnt auf einem bestimmten Niveau verharrt, ist nach dieser Studie nichts Ungewöhnliches - und taugt für sich genommen auch nicht als Argument gegen den menschlichen Einfluss auf das Klima. Nun gilt die Temperatur an der Erdoberfläche Klimaforschern nicht als der einzige atmosphärische Indikator einer globalen Erwärmung. Denn durch den Treibhauseffekt ändert sich die Temperatur auch in der Stratosphäre - bloß spiegelverkehrt: Die Luft in diesem "zweiten Stockwerk" der Atmosphäre, die sich zwischen 10 und 50 Kilometer Höhe erstreckt, kühlt sich ab.

Ihre Temperatur ist seit 1979, als die Satellitenmessungen begannen, schrittweise um ein bis drei Grad Celsius gesunken. 1995 aber legte der Klimawandel auch in der Höhe einen Stopp ein: Seither blieb die Temperatur ungefähr konstant. Anders als bei den Temperaturen an der Erdoberfläche haben Klimaforscher für die Stagnation in der Stratosphäre noch keine gute Erklärung parat.

Sie vermuten aber, dass neben den Treibhausgasen drei Faktoren für die Entwicklung bestimmend sind: Veränderungen in der Konzentration ozonzerstörender Substanzen, Vulkanausbrüche mit ihren Aschewolken und Veränderungen der Sonnenstrahlung. So war es im vergangenen Jahr in einem Übersichtsartikel renommierter Forscher im Fachmagazin "Climate Change" aus der Reihe "Wiley Interdisciplinary Reviews" zu lesen. Die Forscher nehmen an, dass es in der Stratosphäre noch länger dauern könnte als an der Erdoberfläche, bis die Temperaturentwicklung wieder den von ihnen erwarteten Verlauf nimmt.