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© NASA, ESA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA)-ESA/Hubble CollaborationDieses Bild der Antennen-Galaxie zeigt eine Vielzahl von hellen, jungen Sternhaufen. Diese Gruppen von Sternen treten meist nahe bei Regionen mit intensiver Sternentstehung auf.
Die Kugelsternhaufen unserer Milchstraße könnten die einzigen Überlebenden einer sehr heftigen Sternentstehungsphase nach einer Galaxienkollision sein, bei der unzählige kleinere Haufen wieder zerstört wurden. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, in der Wissenschaftler die Entstehung von Kugelsternhaufen mit einem Computermodell untersucht haben.

Kugelsternhaufen haben eine bemerkenswerte Eigenschaft: Die typische Anzahl von Sternen in diesen Haufen scheint im ganzen Universum etwa gleich zu sein. Ganz im Gegensatz zu viel jüngeren Sternhaufen, die nahezu eine beliebige Anzahl von Sternen enthalten können - von weniger als 100 bis zu vielen Tausend. Doch wie lässt sich dieser Unterschied erklären?

Um diese Frage zu beantworten, hat ein deutsch-niederländisches Astronomenteam jetzt Simulationen von isolierten und kollidierenden Galaxien durchgeführt, in denen auch ein Modell für die Entstehung und Zerstörung von Sternhaufen enthalten war. Bei einer Galaxienkollision gibt es oft spektakuläre Ausbrüche von Sternentstehung (sogenannte Starbursts) und es entsteht eine Fülle von hellen, jungen Sternhaufen in ganz unterschiedlichen Größen. Deshalb vermuteten die Wissenschaftler zunächst, dass sich die Gesamtzahl der Sternhaufen während eines Starbursts erhöhen muss.

Bei ihren Simulationen stellten die Astronomen nun aber fest, dass genau das Gegenteil der Fall war. Während die hellsten und größten Haufen aufgrund ihrer eigenen Anziehungskraft tatsächlich in der Lage sind eine Galaxienkollision zu überleben, werden die zahlreichen kleineren Haufen durch die sich rasch ändernden Gravitationskräfte bei Starbursts mit Gas, Staub und Sternen in konstanter Bewegung zerstört. Als die Starburstphase dann nach etwa zwei Milliarden Jahren zu Ende war, hatten nur die Haufen mit einer hohen Anzahl von Sternen überlebt. Deren Eigenschaften entsprachen genau jenen, die man für junge Kugelsternhaufen vor etwa elf Milliarden Jahren erwarten würde.

"Es ist wirklich eine Ironie des Schicksals zu sehen, dass Starbursts zum einen viele junge Sternhaufen entstehen lassen, die Mehrheit von ihnen aber gleichzeitig auch wieder zerstören. Dies passiert nicht nur in Galaxienkollisionen, sondern ist bei jedem Starburst zu erwarten", erläutert Dr. Diederik Kruijssen vom Max-Planck-Institut für Astrophysik, der die Untersuchung leitete. "Im frühen Universum waren Starbursts an der Tagesordnung - es macht daher absolut Sinn, dass alle Kugelsternhaufen in etwa die gleiche große Anzahl von Sternen haben. Ihre kleineren Brüder und Schwestern, die nicht so viele Sterne enthielten, waren dazu verdammt zerstört zu werden."

In den Simulationen werden die meisten Sternhaufen schon kurz nach ihrer Entstehung zerstört, im lebensfeindlichen Umfeld der jungen Galaxie. Nach dem Ende dieses Abschnitts "leben" die übrig gebliebenen Kugelsternhaufen ruhig bis zum heutigen Tag weiter.

Die Theorie könnte sich, so die Forscher, durch Beobachtungen leicht überprüfen lassen: "In unserer kosmischen Nachbarschaft gibt es mehrere Galaxien, die vor kurzem große Ausbrüche von Sternentstehung durchlaufen haben. Es sollte daher möglich sein, die schnelle Zerstörung der kleineren Sternhaufen direkt in Aktion zu sehen", so Kruijssen. "Sollte man dies bei den neuen Beobachtungen tatsächlich finden, so ist unsere Theorie für die Entstehung der Kugelsternhaufen bestätigt."

Die Simulationen deuten darauf hin, dass die meisten Eigenschaften der Kugelsternhaufen bereits durch die Bedingungen bei ihrer Entstehung festgelegt werden. Die Tatsache, dass Kugelsternhaufen heute alle sehr ähnlich sind, spricht somit dafür, dass sie sich in der gleichen Umgebung (wenn auch in unterschiedlichen Galaxien) gebildet haben. In diesem Fall können sie laut Kruijssen wie fossile Zeitzeugen eingesetzt werden, um mehr über die Bedingungen zu erfahren, unter denen einst die ersten Sterne und Galaxien geboren wurden.

Die Astronomen berichten über ihre Untersuchung in einem Fachartikel in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Ein Film der Simulation lässt sich auf der Webseite von Kruijssen herunterladen.

Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik