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© NASA/ESA SOHO Satellite
Seitdem der frühere Hamburger Umweltsenator und jetziger Vorstandsvorsitzende der RWE-Sparte für “Erneuerbare Energien”, RWE Innogy, mit seinem Buch Die kalte Sonne: Warum die Klimakatastrophe nicht stattfindet die Klimadebatte in Deutschland neu angefacht hat, werden die von ihm vertretenen Standpunkte in weiten Teilen der Medien heftig diskutiert.

Was die Sache aus Sicht der Befürworter des menschengemachten Klimawandels wohl besonders brisant macht ist der Umstand, dass sich hier einer zu Wort meldet, der bislang selbst daran geglaubt hatte, dass der Mensch vor allem durch den Ausstoß von CO2 dem Klima irreparable Schäden zufügt. Man hat es also mit einem vom rechten Glauben abgefallen zu tun und solche Menschen werden von den Vertretern einer Glaubensgemeinschaft zu Recht als besonders “gefährlich” angesehen.

So wundert es nicht, dass der Nestbeschmutzer Vahrenholt nun von vielen Seiten heftigen Angriffen ausgesetzt ist. Wobei auffällt, dass jene, die ihn kritisieren, sein Buch in aller Regel überhaupt nicht gelesen haben, und nach eigenem Bekunden auch nicht zu lesen gedenken.

Dabei sollten gerade die Umweltbewegten In Deutschland bei genauerem Hinsehen eigentlich erkennen, dass Vahrenholt mit seinen Positionen deutlich näher bei ihnen ist, als die von ihnen als zu bekämpfen eingestuften Skeptiker, in deren Lager sie Vahrenholt nun wähnen. Schließlich ist Vahrenholt genau wie sie davon überzeugt, dass der Mensch einen signifikanten Einfluss auf die Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte hat (er spricht von 50 %). Zwar glaubt Vahrenholt, dass wir in den nächsten Jahrzehnten eher mit einer Abkühlung zu rechnen hätten, aber auch mit dieser Auffassung befindet er sich in “guter” Gesellschaft. Gleichlautendes hat schließlich auch der Kieler Klimaforscher Mojib Latif im Jahr 2009 auf einer UN-Klimakonferenz verkündet.

Aber es ist vermutlich ein anderer Punkt, der die versammelte Klimagemeinde so gegen ihren gefallen Bruder aufbringt. Und zwar die Tatsache, dass Vahrenholt der Sonne einen nicht unerheblichen Einfluss beim Klima zuweist. Und damit gerät er mitten in die Fronten einer Diskussion, die in der Lage ist, die etablierte Klimaforschung bis in die Grundfeste zu erschüttern. Konkret geht es dabei um die vom dänischen Physikers und Klimaforschers Henrik Svensmark aufgestellte Hypothese, dass Veränderungen der Sonnenaktivität Einfluss auf die Bewölkung auf der Erde und somit auf das Klima auf dem Planeten haben (Hier ein ausführlicher Hintergrundbericht). Sollte diese Theorie sich als zutreffend erweisen, wäre die von der IPCC-nahen Forschung vertretene These vom CO2 als dominantem “Klimatreiber” kaum noch zu halten.

So, oder so ähnlich mag auch der Astronom Florian Freistätter gedacht haben, als er in seinem Blog bei ScienceBlogs zu einem Rundumschlag gegen Vahrenholt im Allgemeinen und die Sonne-Klima-Hypothese im Speziellen ausgeholt hat. Auch er räumt ein, Varenholts Buch nicht gelesen zu haben und dies auch nicht zu planen, ist jedoch der starken Überzeugung, dass es irgendwie nicht richtig sein kann so viel Öl und Kohle zu verbrennen und dass die Sache mit dem menschengemachten Klimawandel auf jeden Fall korrekt sein muss.

Zwar räumt Freistetter (dessen Beiträge zu Themen wo er wirkliche Expertise besitzt, nämlich der Astronomie, ich sehr gerne und vielfach mit Gewinn lese) ein, dass er kein Experte für Sonne, Klima oder kosmischer Strahlung sei, jedoch glaubt mit einer Sammlung an aktuellen Publikationen, welche Svensmark nicht unterstützen, eine Art Widerlegung fabrizieren zu können.

Nur sollte auch Herr Freistätter wissen, dass Wissenschaft keine Konsensveranstaltung ist, wo derjenige am Ende Recht hat, der die meisten Anhänger um sich versammeln kann. Am Ende zählen Messdaten und Fakten. Und was das angeht sind wir beim Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Klima noch ganz am Anfang.

Lesen Sie hier, was Henrik Svensmark auf der Seite "Die kalte Sonne” auf die Einwendungen Freistetters antwortet:
Prof. Henrik Svensmark, Danish National Space Center (Kopenhagen) zur Kritik an seinem Solarverstärker über die kosmische Strahlung:

Einige Kritiker meiner Forschung, darunter offenbar auch Florian Freistetter scheinen zu glauben, dass die Physik ein demokratischer Prozess wäre, wobei man lediglich die Anzahl der Publikationen für und gegen eine Hypothese zählen müsse. Das ist natürlich Quatsch. Was wirklich zählt sind Hinweise aus Beobachtungen und Experimenten sowie der Erfolg von Falsifizierungsversuchen. Albert Einstein kommentierte 1931 die Schrift Hundert Autoren gegen Einstein richtigerweise wie folgt „Wenn ich Unrecht hätte, wäre einer genug“.

Die Hypothese dass kosmische Strahlung das Klima signifikant beeinflusst, stellt die momentan vorherrschende Hypothese der anthropogenen Treibhausgase als Hauptantrieb des Klimas ernsthaft in Frage. Es verwundert daher nicht, dass zahlreiche Autoren versuchen, meine Hypothese zu widerlegen. Im Grunde sollte ich mich sogar in gewisser Weise geehrt fühlen, dass sich so viele Kollegen mit dieser Überprüfung beschäftigen, obwohl doch nur ein einziger eindeutiger Gegenbeweis ausreichen würde, um die Hypothese zu den Akten zu legen. Meines Erachtens liegt noch immer kein derartiges Papier vor.

Freistetter suggeriert, dass sämtliche kürzlich veröffentlichten Publikationen zu dem Schluss gekommen wären, dass ich mit meiner Hypothese falsch liege. Dies zeigt jedoch nur, dass er sich in der Literatur der Klima-Physik überhaupt nicht auskennt. Dabei hat er bewusst selektiv Publikationen für seinen Bericht ausgewählt, die gegen meine Theorie argumentieren, während er Veröffentlichungen ignorierte, die meine Modelle stützten (siehe z.B. Kapitel 6 in Die kalte Sonne).

Freistetters Kritik gliedert sich in zwei Hauptthemen:
  1. Die Frage, ob dokumentierte Änderungen in der Aerosol-Konzentration nach sogenannten „Forbush-Ereignissen“ und damit verbundenen kosmischen Strahlungs-Rückgängen mikrophysikalische Änderungen in den Wolken bewirken. Da dies nachweislich der Fall ist, können offensichtlich in ihrer Konzentration schwankende kleine Aerosole (3 Nannometer) zu größeren Kondensationskeimen heranwachsen (>50 Nannometer). Dies steht im krassen Gegensatz zu existierenden numerischen Modellen. Zukünftige Experimente werden hoffentlich dabei helfen, diesen Widerspruch aufzuklären.
  2. Die Interpretation des CLOUD-Experiments am Europäischen Kernforschungszentrum CERN.
Der Co-Autor meines Buches The Chilling Stars, Nigel Calder, ist bereits ausführlich in seinem Blog auf beide Vorwürfe eingegangen. Interessierten Lesern empfehle ich, dort nachzuschlagen.

Über Forbush-Ereignisse und die Fehler der Kritiker:
http://calderup.wordpress.com/2010/05/03/do-clouds-disappear/

Über den nachweisbaren Effekt von Forbush-Ereignissen auf das Wetter in Europa:
http://calderup.wordpress.com/2011/09/10/do-clouds-disappear-4/

Über die CERN-Resultate:
http://calderup.wordpress.com/2011/08/24/cern-experiment-confirms-cosmic-ray-action/