Orkane, heftiger Regen, Überschwemmungen - das Wetter in Deutschland wird immer extremer. In den letzten 40 Jahren haben sich die Naturkatastrophen verdreifacht. Experten raten zu Warnsystemen, die Leben retten können.
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© PADie Wetterkatastrophen nehmen zu, ein Zeichen der globalen Klimaerwärmung von Erdveränderungen.

Die Zahl verheerender Stürme, Regenfälle und anderer wetterbedingter Naturkatastrophen hat sich in Deutschland seit den 1970er-Jahren mehr als verdreifacht. Das geht aus Analysen des Rückversicherers Munich Re hervor, die nun beim sogenannten Extremwetterkongress in Hamburg vorgestellt wurden.

„Die Daten in unserer Naturkatastrophendatenbank zeigen ganz eindeutig: Die Anzahl der wetterbedingten Naturkatastrophen in Deutschland hat sich seit 1970 mehr als verdreifacht“, erklärte Peter Höppe, Leiter der Munich Re-Georisikoforschung. Nach seinen Angaben setzt sich der Trend fort.

„Für die nächsten 30 Jahre rechnen Klimamodelle in Deutschland vor allem mit einer Zunahme der Sturmintensität und mit mehr Starkniederschlägen, die zu Überschwemmungen führen“, erklärte Höppe.

Umso wichtiger seien bessere und direktere Warnungen vor extremen Wetterereignissen wie Starkregen, Hagel und Stürmen, ergänzte Kongressinitiator Frank Böttcher. Kurze Warnketten könnten wesentlich zur Verminderung von Sach- und Personenschäden beitragen und helfen, wirtschaftliche Folgen zu mindern.

Auch global gebe es nach den Daten von Munich Re einen Trend zu größeren Schäden durch extreme Wetterereignisse. Ohne den Klimawandel sei dies „vermutlich“ nicht zu erklären, sagte Höppe.

Weltweit hätten die gesamtwirtschaftlichen Schäden durch Extremwetter im Jahr 2011 bei rund 105 Milliarden Euro gelegen. Die Zahl geophysikalischer Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche oder Erdbeben sei dabei in den vergangenen drei Jahrzehnten annähernd gleich geblieben. Es sei vor allem die „Wettermaschine“, die gewissermaßen „einen Gang höher schaltet“.

Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) wies bei dem Kongress auf Veränderungen bei Wetterextremen in Deutschland und weltweit hin. Analysen des umfangreichen historischen Datenarchivs des DWD zeigten dies mittlerweile deutlich, erklärte dessen Vizepräsident Paul Becker.
Klimaprojektionen des DWD zeigten außerdem, dass bis zum Ende dieses Jahrhunderts mit einer Zunahme der Zahl heißer Tage, mehr Starkniederschlägen und einem Anstieg der Häufigkeit von Winterstürmen um bis zu 50 Prozent zu rechnen sei, teilte Becker mit.

Die Zunahme extremer Wettereinflüsse habe auch Auswirkungen auf die Energieversorgung, betonte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Weil Deutschland in den kommenden vier Jahrzehnten den Anteil der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent erhöhen wolle, steige die Anfälligkeit für Naturkatastrophen. Die Windgeschwindigkeit beispielsweise werde zeitweise geringer, dann wieder stärker als bisher. Das sei für die Windkraftanlagen problematisch, sagte Kemfert.

Extreme Stürme könnten zudem die Stromleitungen beeinträchtigen. Die Zunahme extremer Wetterphänomene bringe die Energiewende zwar nicht in Gefahr, aber man müsse sich auf eventuelle Ausfälle vorbereiten. Es sei wichtig, die Netze auszubauen und innovative Stromspeicher zu schaffen, sagte Kemfert.

Bei dem hochrangig besetzten Extremwetterkongress beraten Hunderte Experten einmal im Jahr über neue Erkenntnisse aus der Klima-, Unwetter- und Katastrophenforschung. Die Verbindung von Naturkatastrophen und Klimawandel ist dabei seit Jahren eines der Schwerpunktthemen des Treffens in der Hansestadt.

Erderwärmung kaum noch aufhaltbar

Angesichts der prognostizierten Verknüpfung von Erderwärmung und häufigeren Wetterkatastrophen forderten die Teilnehmer stärkere Anstrengungen zum Schutz des Klimas. Das Zwei-Grad-Ziel, das als Basis internationaler Verhandlungen diene, sei nur noch theoretisch zu erreichen, erklärten die Veranstalter zum Auftakt des Kongresses. Realistischere Szenarien ließen eher einen deutlich höheren Temperaturanstieg erwarten.

Die internationale Staatengemeinschaft will den globalen Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad Celsius begrenzen. In dieser Größenordnung gelten die Folgen des Klimawandels noch als halbwegs beherrschbar. Experten bezweifeln angesichts schleppender Klimaschutz-Fortschritte allerdings zunehmend, dass dieser Wert eingehalten werden kann.

„Es bleibt nur noch ein kleines Zeitfenster von einigen wenigen Jahrzehnten, die Kehrtwende zu schaffen“, erklärte der bekannte deutsche Klimaforscher Mojib Latif. Die internationale Klimapolitik stehe vor einem „Scherbenhaufen“. So sei der weltweite Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid seit 1990 um gut 40 Prozent gestiegen, führte der Kieler Wissenschaftler aus.

Der Kongress findet bis Freitag (23. März) auf dem Gelände von „Studio Hamburg“ statt. Mit über 1.500 Teilnehmern ist der Extremwetterkongress mittlerweile das größte jährliche Treffen für Klimaforscher in Europa.

AFP/epd/dpa/Reuters