Aachen - Die Tsunami-Gefahr in Griechenlands Nordosten wird nach Einschätzung deutscher Wissenschaftler unterschätzt. Im Norden habe es in den vergangenen 5000 Jahren immer wieder Tsunamis gegeben, sagte der Geologe an der RWTH Aachen, Professor Klaus Reicherter.

Das hätten zahlreiche Bodenuntersuchungen an der Nordküste in den letzten Jahren ergeben. Demnach könnten drei bis fünf Meter hohe Wellen auf die Küste schlagen. «Aufgrund unserer Ergebnisse wissen wir, dass sich die Ereignisse wiederholen. Es sind keine singulären Ereignisse», sagte der Experte für Georisiken aus Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Er präsentierte seine Studie auf der Jahrestagung der «Seismological Society of America» in San Diego (US-Staat Kalifornien).

Die Nordostküste müsse in die Liste der Tsunami-gefährdeten Regionen Griechenlands aufgenommen werden. Vor allem in den Sommermonaten mit einem starken Badebetrieb an den Stränden, könne es Tote geben. Bekannt sei bisher das Tsunami-Risiko an den Küsten im Süden des Landes.

Anlass für die wissenschaftlichen Untersuchungen im Norden war eine Quelle des griechischen Gelehrten aus der Antike Herodot. Darin habe er beschrieben, wie 479 vor Christus mächtige Wellen Hunderte von Persern nach dem Angriff auf den Ort Potidaea im Norden mitriss. Dieser Spur ging Reicherter mit seinen Kollegen nach.

Die Forscher machten in den vergangenen vier Jahren Bohrungen in der nördlichen Küstenregion. In Lagunen suchten sie nach den für Tsunamis typischen Ablagerungen von Sanden oder Kiesen aus dem Meer. Hinweise gaben auch Ansammlungen von tonnenschweren Steinblöcken, «wo man sich fragt, wie kommen die aus dem Meer raus», sagte Reicherter.

«Wir haben mehrere historische Tsunamis an der Küste gefunden. Das heißt, es gibt eine gewisse Gefahr für die Küste», stellte Reicherter fest. Gestützt werde das durch die geologischen Gegebenheiten in dem Gebiet. Risikofaktoren seien die nordanatolische Störungszone, die in Teilstücken aufreiße, und das mit 1700 Metern tiefe Meeresbecken. Den letzten Tsunami habe es 1893 in der Gegend gegeben.

Im Süden ist der Santorin-Krater im Ägäischen Meer unterdessen wieder aktiv geworden. GPS-Daten zeigen, dass der Unterseevulkan das Land in den vergangenen Monaten um mehrere Zentimeter angehoben hat, wie ein Team aus internationalen Forschern im Fachjournal Geophysical Research Letters kürzlich erläuterte. Dies bedeute jedoch nicht unbedingt, dass der Vulkan in den kommenden Jahren wirklich ausbreche. Der Santorin-Krater hatte sich am 9. Januar 2011 nach mehr als 60 Jahren Inaktivität mit einer Reihe schwacher Erdbeben zurückgemeldet.

dpa, Klaus Reicherter