Interview mit Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Für die Öffentlichkeit unbemerkt ist für den 29. März 2012 im Bundestag eine Änderung von Artikel 93 Grundgesetz beantragt gewesen. Der Antrag war von allen großen Parteien gestellt worden, von CDU/CSU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Als die Presse davon Wind bekam, wurde er zwar überraschend wieder von der Tagesordnung abgesetzt, doch vom Tisch dürfte die Idee nicht sein. In Artikel 93 wird unter anderem das Klagerecht von Staatsbürgern, Abgeordneten und Verfassungsorganen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Verletzung des Grundgesetzes geregelt. Bedeutet dies, dass die deutschen Bürger künftig nicht mehr vor das Bundesverfassungsgericht ziehen können? Und was steckt noch dahinter? Dazu ein KOPP-Interview mit dem Staatsrechtslehrer Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider.
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Herr Prof. Schachtschneider, welchen Zweck könnte Ihrer Ansicht nach dieser Antrag auf Verfassungsänderung haben?

Der Text der Änderung des Art. 93 GG ist nicht bekannt. Es gibt nur Vermutungen. Diese aber sind besorgniserregend. Danach soll die Verfassungsbeschwerde, die Nr. 4 a dieser Vorschrift ermöglicht, eingeschränkt werden. Es ist denkbar, dass den Bürgern die Möglichkeit genommen werden soll, allgemeine Verfassungsverletzungen vor das Bundesverfassungsgericht zu tragen. Das sind die, die alle oder viele Bürger in gleicher Weise verletzen und nicht nur einzelne Grundrechtsträger in ihren besonderen Interessen und Rechten. Das Gericht hat die Klagebefugnisse der Bürger in allgemeinen Verfassungsstreitigkeiten ohnehin eng beschränkt. Es hat insbesondere das Recht, das aus der politischen Freiheit folgt, nicht anerkannt. Die politische Freiheit, welche die Bürgerlichkeit des Bürgers ausmacht, ist nach Ansicht des Gerichts kein Grundrecht. Ich bemühe mich seit langer Zeit um dieses elementare Recht.

Würde das nicht auch bedeuten, dass der deutsche Bürger künftig nicht mehr vor das Bundesverfassungsgericht ziehen kann?

Prof. Schachtschneider
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Den Bürgern würde ein wesentlicher Teil ihres bürgerlichen Status genommen werden. Zum bürgerlichen Verfassungsstaat gehört essenziell die Verfassungsklage des Bürgers, der sich um die Identität der Verfassung sorgt, um den unabänderlichen Teil des Grundgesetzes, den ich die Verfassung, die mit uns geboren ist, nenne, die Verfassung der Menschheit des Menschen. Aus der politischen Klasse ist selten jemand bereit, die Verfassung gegen die Oligarchie zu verteidigen, weil er im Zweifel dazugehört oder dazugehören möchte. Auch die Verfassungsorgane oder die Länder suchen selten den Weg nach Karlsruhe, um Verfassungsstreitigkeiten klären zu lassen. Das Wahlrecht allein ist ein kläglicher Status der Bürger, zumal sich auch die Medien gegen die Bürger stellen. Sie gehören zur politischen Klasse. In dem kürzlich erschienenen KOPP-Buch Das Medienkartell von Eva Herman wird das eindrucksvoll dargelegt. Die Gefahr ist groß, dass mit dem Vorwand, das Gericht entlasten zu müssen, Beschwerden, wie ich sie zu vertreten pflege, etwa gegen die weitgehend rechtlosen Verträge der Europäischen Union oder die durchgehend rechtlose Euro-Rettungspolitik, unmöglich gemacht werden sollen. Das würde der Rechtlosigkeit der Bürger gegenüber der Union entsprechen, die Bürgerklagen nur in engsten Grenzen zulässt, wenn nämlich der Einzelne in besonderer Weise individuell betroffen ist und keine allgemeine Maßnahme, die alle oder viele betrifft, getroffen wurde. Eine Grundrechtsbeschwerde kennt die Grundrechtecharta der Union nicht. So ist es aber auch in vielen, wenn nicht den meisten Ländern der Union. Deutschland hat mittels der Verfassungsbeschwerde manches an Rechtlichkeit bewahrt. Das ist der politischen Klasse ein Dorn im Auge und stört ihre elitäre Herrschaft. Ohne allgemeine Verfassungsbeschwerde ist der Mensch in Deutschland endgültig nur noch Untertan der Obrigkeit.

Spekulationen über Versuche, den Europäischen Stabilitätsmechanismus, ESM, und auch die Änderung des EU-Vertrags Artikel 136 nicht nur durch das Parlament, sondern auch am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorbei zu schleusen, machen in diesem Zusammenhang derzeit ebenso die Runde. Die EZB warnte Ende März 2012, das Mitspracherecht des Bundestags bei den Euro-Rettungsschirmen gehe zu weit. Direktoriumsmitglied Asmussen ermahnte die Abgeordneten, sich zurückzuhalten. Es sei wichtig, dass EFSF und ESM zur Krisenintervention Staatsanleihen auf dem Primär- und Sekundärmarkt erwerben könnten, sagte Asmussen. Wie ist diese Aussage in dem Zusammenhang des Vorgangs zu sehen?

Der ESM macht die Union endgültig zum Bundesstaat, sogar einem mit zentralistischer Tendenz. Wenn noch der Fiskalpakt dazu kommt, bleibt von der Souveränität der mitgliedsstaatlichen Völker und deren Demokratie nicht viel übrig. Das Bundesverfassungsgericht müsste das endlich feststellen. Es war im Verfahren um den Vertrag von Lissabon kurz davor. Es hat wie im Maastricht-Urteil wieder gesagt, »noch« geht die Übertragung der Hoheitsrechte nicht so weit, als dass die Souveränität Deutschlands dem entgegenstünde. Irgendwann wird das Gericht das zugeben müssen. Das wäre das Ende der Unionspolitik, weil diese angesichts des wirtschaftlichen Desasters, das sie anrichtet, auf immer weitere Schritte der Integration bis hin zum unvermeidlich diktatorischen mehr oder weniger föderalisierten Einheitsstaat angewiesen ist. Das ist die alte Fahrradtheorie oder die Methode Monnet. Die Integrationisten wollen bis zu den Vereinigten Staaten von Europa fahren, gegen die ökonomische Vernunft, gegen den Willen der Völker, gegen das Recht.

Der Kauf von Staatsanleihen, unmittelbar oder mittelbar, durch den EFSF und den ESM, dem das ausdrücklich erlaubt werden soll, unterscheidet sich nicht von Euro-Bonds; denn es haften dafür alle EFSF- oder ESM-Mitglieder, ohne dass die Parlamente darauf jeweils Einfluss nehmen könnten. Das hat das Bundesverfassungsgericht in dem Urteil vom 7. September 2011 als Verletzung der Budgethoheit des Parlaments erkannt. Die Fonds sollen wie eine Geschäftsbank, aber ohne irgendwie von Verfassungen oder Gesetzen behindert zu werden, agieren können. Das ist das Anliegen der Euro-Politiker. Das Recht ist ihnen hinderlich und Bürger, die ihre bürgerliche Pflicht, das Gemeinwohl zu verteidigen, wahrnehmen, sind ihnen lästige Störer. Aber bisher ist ihren stetigen Rechtsverletzungen niemand wirksam in den Arm gefallen, auch das Bundesverfassungsgericht nicht. Es hat das Budgetrecht des Parlaments bestätigt und dessen Budgethoheit entgegen dem Recht übermäßig ausgedehnt. Das ist ein großer Schaden für das Volk und dessen Wirtschaft. Es hat aber deutlich gewarnt: Bis hierher und nicht weiter!

Auch das Rederecht der Parlamentarier soll eingeschränkt werden: Am 26. April soll eine »Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans« geändert werden, nämlich die Geschäftsordnung des Bundestages. Dieses Vorhaben wurde am 22. März auf einer Sitzung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vereinbart. Dies soll nach einer »Prüfbitte« des Ältestenrats beschlossen worden sein. Dazu heißt es: »Berichterstatter« im Zuge dieser Vereinbarung aller »Fraktionsführungen« waren die Abgeordneten Christian Lange (Fraktion SPD), Bernhard Kaster (Fraktion CDU/CSU), Jörg van Essen (Fraktion FDP), Volker Beck (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Dagmar Enkelmann (Fraktion Die Linke), alle Mitglieder des Ausschusses. Im Klartext heißt das, dass die Abgeordneten ihr Rederecht verlieren sollen, stattdessen sollen sie nur »im Benehmen mit der jeweiligen Fraktion« vor dem Parlament sprechen dürfen, und dann »in der Regel« nur drei Minuten und auch das nur ausnahmsweise. Welche Gefahren sehen Sie dadurch?

Von einem freiheitlichen Parlamentarismus, dem Kern einer Republik, kann in Deutschland schon lange keine Rede sein. Wir haben einen Parteienstaat, die Verfallserscheinung einer Republik. Das Parlament ist fraktioniert. Die Aufklärer haben die Fraktionierung durch Parteiungen übereinstimmend scharf zurückgewiesen, aber das Bundesverfassungsgericht hat das parteienstaatliche Fraktionswesen in jeder Weise gefördert. Im Grundgesetz stand ursprünglich nichts von Fraktionen, im Gegenteil: Die Abgeordneten »sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen«. Im Parteienstaat findet das keinerlei Wirklichkeit. Parteien sind durch Führung und Gefolgschaft gekennzeichnet. Es gilt das eherne Gesetz der Oligarchie, das schon Robert Michels 1911 beschrieben hat. Wenige herrschen über die Vielen. Viele Instrumente dienen dazu, die Abgeordneten gefügig zu machen,vor allem die Kandidatenaufstellung durch die Parteien und deren Interesse an der Wiederwahl. Das Verhältniswahlsystem führt unweigerlich zum Parteienstaat. Zugleich ist mit der Abhängigkeit der Abgeordneten deren Negativauslese verbunden, wohlgemerkt in Relation zu ihrem Mandat, das die Besten des Volkes ausüben sollten, nicht irgendwelche beruflich unerfahrenen Leute, die sich rühmen, vor allem sittlich und moralisch nicht besser zu sein als der Durchschnitt. Aber mit diesen Parteigängern kann man leichter die Herrschaft ausüben. Insbesondere braucht man nur die Parteiführungen zu binden, die Mitläufer, meist durch überdurchschnittlichen Opportunismus ausgezeichnet, folgen systemgemäß. So gesehen ist es gleichgültig, ob die einzelnen Abgeordneten ein Rederecht haben oder nicht. Es ist unwichtig, was sie sagen, und wird nicht gehört. Das Rederecht weiter zu beschneiden, ist im fraktionierten Parteienparlament systemgerecht.

Aber es ist verfassungswidrig. Das Grundgesetz verfasst eine Republik, ein Gemeinwesen, das durch die politische Freiheit definiert ist. Im Parlament sollen die Freiesten der Freien das Volk der freien Bürger repräsentieren. Allerdings ist Freiheit die Sittlichkeit, das heißt das Rechtsprinzip zu verwirklichen. Das verlangt nach Moralität, nach Kant »pflichtgemäß zu handeln, aus Pflicht«. Ich habe das im meiner Schrift Freiheit in der Republik näher ausgeführt. Das wichtigste Recht der Freiheit ist die Redefreiheit, sowohl für die Bürger als auch für ihre Vertreter im Parlament. Weder die Redefreiheit der Bürger wird in Deutschland respektiert noch auch die der Vertreter des ganzen Volkes. Beides stört die Elite. Richtig wäre es, wenn jeder Abgeordnete zu jedem Tagesordnungspunkt seine Meinung ausführen könnte. Das ist sein Amt. Dafür ist er rechtens gewählt. Ohne das gelebte Rederecht aller Abgeordneten ist das Parlament kein Parlament, sondern trägt nur den stolzen Namen. Freilich hätten dann die Parlamentarier nicht mehr viel Zeit, ihren Geschäften und ihrer Parteiarbeit nachzugehen. Sie sollten auch nur eine Legislaturperiode, allenfalls zwei im Parlament sitzen. Lebenslange Berufspolitiker können keine wirklichen Volksvertreter mehr sein. Sie werden irgendwann korrumpiert. Es würden auch 100 Abgeordnete, die mit Vernunft und Gewissen begabt sind, im Parlament genügen. Jetzt sind es viel zu viele, weil all die Parteigänger die attraktiven Mandate begehren. Wir haben genug befähigte Menschen im Lande, um die Parlamente ständig neu und weitaus besser als jetzt zu besetzen. Nur das Wahlsystem passt nicht. Wenn das Parlament mit der Arbeit nicht fertig wird, muss es auf die wesentlichen Politiken beschränkt werden, etwa die schicksalhaften Unionsverträge. Die pflegt aber der übliche Mitläufer im Bundestag nicht einmal zu kennen.

Es versteht sich, dass die jetzt von allen im Bundestag vertretenen Parteien auf den Weg gebrachte Redebeschränkung mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Sie ist ein unverkennbares Zeichen des immer schnelleren Übergangs vom Parteienstaat zur exekutivistischen Diktatur, der im Zuge der Integration zum europäischen Einheitsstaat ohnehin angesagt ist. Karl Jaspers, der große Kantianer und Republikaner, hat diese Entwicklung schon in den frühen sechziger Jahren vorausgesagt. Er ist dadurch schnell in Ungnade gefallen. Wir brauchen einen Neuanfang der Freiheit, des Rechts und des Staates. Joachim Gauck wird diesen allerdings nicht einleiten. Er hat seinen sachfernen Opportunismus in Brüssel schon unter Beweis gestellt, abgesehen davon, dass er mit seiner Lebensgefährtin in das Schloß Bellevue eingezogen ist, während seine Frau irgendwo an der Ostsee auf das reichliche Witwengeld wartet.

Parlamentspräsident Norbert Lammert will laut der Süddeutschen die geplanten Einschränkungen des Rederechts von Abgeordneten im Parlament nicht hinnehmen. Doch ist es Zufall, dass sich genau an dem 22. März der Ältestenrat des Bundestags auf Vorschlag Lammerts mit Ergänzungen der Regierungsgesetzentwürfe hinsichtlich des von der Regierung unterzeichneten Fiskalpakts befasste? Ebenso mit der Installation und Finanzierung des ESM durch den deutschen Staat?

Ich denke, das ist kein Zufall. Die Kritik einiger Abgeordneter an ESM und Fiskalpakt, die vom Parlament aus in die Öffentlichkeit dringt, nimmt den vertrags- und verfassungswidrigen Verträgen den Heiligenschein Europa. Es scheint Alternativen zu geben. Der Kritiker werden mehr, seit das Schiff sichtbar sinkt. Rette sich, wer kann! Die CSU wird, denke ich, als einzige Partei des »bürgerlichen Lagers« den wirtschaftlichen Zusammenbruch überstehen, abgesehen von der Linken. Letzteres gibt wenig Hoffnung. Die Europäisten bunkern sich ein. Der Machtkampf wird schärfer. Mit Demokratie hat das alles nichts mehr zu tun.

In den Medien war bislang nur wenig über diesen Änderungsantrag zu erfahren, auch von den Parteien kam nichts Offizielles dazu. Lediglich ein Internetportal berichtete bislang ausführlicher. Für eine Öffentlichmachung wäre der Ältestenrat zuständig. Merkwürdig: Der Antrag war jedoch auch bis zum Parlamentstermin, wo er dann überraschend wieder abgesetzt wurde, nicht einsehbar. Warum diese Geheimniskrämerei?

Die Parlamentsparteien haben Angst vor der Öffentlichkeit, die sie stetig täuschen und ins Unglück manövrieren. Sie wissen, dass sie ihre Fehlentscheidungen nicht mehr verbergen können. Die Parteien und deren Funktionäre genießen keinerlei Ansehen im Volke. Auch das wissen sie. Darum wird die Macht, soweit diese nicht an internationale, zumal europäische Gremien abgegeben ist, heimlich ausgebaut. Dennoch wählen viele Bürger immer noch - aus demokratischem Pflichtgefühl. Die überraschenden Erfolge der Piraten erweisen die Proteststimmung, die freilich von den Medien in die völlig falsche Richtung gelenkt wurde. Eine Wahl folgt der anderen. Auch die dichten Wahlvorgänge durch die vielen Landtagswahlen wird man bald abschaffen. Noch aber gibt es die Wahlen, wenn diese auch immer bedeutungsloser für die Sachpolitik werden. Aber sie entscheiden über die Sitze in den Parlamenten und sind, seit sieben Parteien Chancen haben, die Fünfprozentsperre zu überwinden, insoweit zu fürchten.

Der Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler (CSU) droht jetzt mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Ist das Rederecht in Gefahr? Was bedeutet das für Deutschlands Demokratie?

Er wird Erfolg haben. Auch sein Rederecht wurde ja immer wieder von der CDU/CSU-Fraktion beschnitten. Weitere Verkürzungen wird das Bundesverfassungsgericht nicht zulassen. Es geht auch um den langfristigen Bestand dieses Gerichts, das schon hinreichend versagt hat. Die Demokratie, deren Essenz die politische Freiheit ist, müssen wir erst wieder aufbauen. Dafür müssen nicht nur das Wahlrecht und das Parlamentsrecht wieder demokratisiert werden, sondern vor allem das Medienrecht. Die Medien, die wohl der mächtigste Agent in der Politik sind, müssen der Oligarchie der Medienunternehmer aus der Hand genommen werden. Den Journalisten und Redakteuren muss die nötige Unabhängigkeit gegeben werden, die innere Pressefreiheit. Insbesondere müssen die wieder schreiben und nicht nur abschreiben. In der gegenwärtigen Medienlandschaft finden wir nicht in die Republik, die demokratisch sein muss. Dafür reicht auch das Internet nicht. Es ist zu verwirrend.

Herr Prof. Schachtschneider, wir danken Ihnen für das Interview.


Der Staatsrechtslehrer Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider promovierte 1969 zum Dr. jur. mit dem Dissertationsthema »Der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht in Bund-Länder-Streitigkeiten« an der Freien Universität Berlin. Schachtschneider reichte im Laufe der zurückliegenden Jahre mehrere Verfassungsbeschwerden beim deutschen Bundesverfassungsgericht, BVG, ein. 2011 zog Prof. Schachtschneider mit vier weiteren renommierten Fach-Professoren vor das BVG, um das höchste Gericht über die Rechtmäßigkeit des Euro-Rettungsschirms und der Griechenland-Hilfen entscheiden zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage im Herbst 2011 zurück. Schachtschneider, der von Beginn an erklärter Gegner der Euro-Währung war, veröffentlichte die vieldiskutierten Euro-Skepsis-Bücher Die Rechtswidrigkeit der Euro-Rettungspolitik sowie Das Euro-Abenteuer geht zu Ende.



Information:

Artikel 93 Grundgesetz:

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:

1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;

2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages;

2a. bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;

3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;

4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;

4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;

4b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;

5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist.

(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.