Das Medikament Truvada soll gegen Aids schützen. Ein einflussreicher Ausschuss hat der US-Arzneiaufsicht nun empfohlen, die Pille für besonders gefährdete Gruppen als Prävention zuzulassen.
rote AIDS-Schleife
© Patrick Pleul/DPADie rote Schleife steht für den Kampf gegen Aids
Ein Medikament zum Schutz vor Infektionen mit dem HI-Virus hat in den USA fast alle Hürden für eine Zulassung genommen. Ein einflussreicher Expertenausschuss empfahl der US-Arznei- und Lebensmittelaufsicht FDA, die Anti-Aids-Pille Truvada als Medikament zur Prävention für Personen mit besonders hohem Aids-Risiko auf den Markt zu bringen. Kritiker warnen davor, dass Truvada dazu verleiten könnte, das HIV-Infektionsrisiko zu unterschätzen.

Nach einer elfstündigen Marathonsitzung und weiteren Anhörungen stimmte eine große Mehrheit der 22 unabhängigen Experten für die Kommerzialisierung der von dem Pharmaunternehmen Gilead Sciences produzierten Pille mit den Wirkstoffen Emtricitabin und Tenofovir.


Kommentar:
Handelt es sich tatsächlich um unabhängige Experten, oder gar um von dem Pharmaunternehmen bezahlte sogenannte Experten?
Und warum wurde eine elfstündige Marathonsitzung abgehalten?


Die FDA hält sich in der Regel an die Empfehlungen der Kommission, auch wenn sie nicht bindend sind. Eine endgültige Entscheidung wird bis zum 15. Juni erwartet.

Die Kommission hat sich dafür eingesetzt, die Pille als Prävention bei nicht infizierten Männern einzusetzen, die sexuellen Kontakt mit wechselnden Partnern haben. Doch die Einführung ist umstritten: Zum einen wegen der hohen Kosten von bis zu 14.000 Dollar (10.800 Euro) pro Jahr. Zum anderen ist Truvada "kein Wundermittel", wie der Chef der Anti-Aids-Gruppe AVAC, Mitchell Warren, nach dem Ausschussvotum sagte. Die Pille sei aber ein "wichtiger" weiterer Beitrag zu einem Sieg über Aids.


Kommentar: Wohl eher ein wichtiger Beitrag zum Füllen der Pharma-Geldbeutel - ganz zu schweigen von den wie üblich mangelhaften Studien und den gefährlichen Nebenwirkungen, s.u.


Ärzte und Pfleger skeptisch

Truvada wird heute schon - in Verbindung mit weiteren Medikamenten - zur Behandlung einer HIV-Infektion eingesetzt. Die Daten zum Erfolg von Truvada in der Aids-Prävention stammten hauptsächlich aus einer Studie, die 2010 im Fachmagazin New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. In der Studie wurde die Pille von Juli 2007 bis Dezember 2009 an 2499 homosexuell aktiven Männern in den USA, Brasilien, Ecuador, Peru, Südafrika und Thailand getestet. Die Probanden waren nicht HIV-positiv.

Nach einer Zufallsauswahl bekam ein Teil der Testpersonen Truvada, eine Vergleichsgruppe ein Placebo. Diejenigen, die regelmäßig Truvada einnahmen, wiesen bis zu 73 Prozent weniger Infektionen auf. Die Testpersonen miteingerechnet, die die Pille unregelmäßig einnahmen, traten 44 Prozent weniger Infektionen auf. Die Ergebnisse der Studie wurden von einigen Experten damals als ein Durchbruch in der Aids-Prävention gefeiert.

Ärzte und Pfleger, die im klinischen Alltag HIV-Infizierte und Aidskranke betreuen, äußerten sich dagegen skeptisch. Ärztin Roxanne Cox-Iyamu warnte, dass der Aids-Erreger eine Truvada-Resistenz ausbilden könne. Angesichts der Ausrichtung der Studien befürchtete sie zudem, dass die Daten zur Wirkungsweise der Pille im weiblichen Organismus nicht ausreichen könnten. Eine HIV-Präventionsstudie mit Truvada bei Frauen war vor einem Jahr wegen mangelnden Erfolgs abgebrochen worden.

Die Krankenschwester Karen Haughey verwies auf mögliche Nebenwirkungen wie Leberversagen und schwere Durchfälle. Eine zwingend regelmäßige Einnahme von Truvada verlange den Patienten zudem eine hohe Selbstdisziplin ab.

lea/AFP