Das Massaker in Syrien, in dem Dorf al-Houla in der Provinz Homs, hat weltweit für Empörung gesorgt. Das Massaker an unschuldigen Zivilisten ist auch nur auf das Schärfste zu verurteilen. Bei 116 Toten und über 300 Verletzten, wie es in den Meldungen zu lesen ist, kann man kaum noch Worte finden. Der UN-Sicherheitsrat berief noch gestern eine Notsitzung ein. Im Ergebnis stand, Gott sei Dank (noch) nicht wie in Libyen, eine Erklärung, in der das gewaltsame Verbrechen verurteilt wurde. Für die Mitglieder, die gestern in New York tagten waren nach einigen Stunden klar, dass die syrische Regierungsarmee die Schuld an diesem Massaker trägt.
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Immer wieder begehen auch die bewaffneten Rebellen Verbrechen, doch nur die Regierung in Damaskus wird zur Verantwortung gezogen. Seit Monaten kämpfen in Syrien ausländische Söldner auf der Seite der Freien Syrischen Armee, die meisten von ihnen sind radikale Islamisten, die versuchen auch in Syrien einen islamischen Gottesstaat zu errichten. Dabei unterstützen die Nato-Länder diese Islamisten bzw. die Freie Syrische Armee. Seit April geben Saudi-Arabien und Qatar offiziell Gelder an die Kämpfer und auch die Nato-Staaten tun ihr Übriges, die Freie Syrische Armee stark zu halten. Es ist also ein Wunder, dass auf der gestrigen Sondersitzung noch keine offizielle Intervention bewilligt wurde.

Vielleicht reicht das heimliche Eingreifen, vielleicht wartet Obama erst die Wahlen ab, vielleicht stecken aber auch noch andere Beweggründe dahinter. Während Obama auf Russlands Unterstützung wartet und von dem jemenitischen Modell für Syrien überzeugt zu sein scheint, will die EU ein entschiedeneres Vorgehen der internationalen Gemeinschaft. Ashton kündigte persönlich alle Unterstützung der EU an, um Ban Ki Moon zu unterstützen. Egal welche Ideen für Syrien durchgesponnen werden von der internationalen Gemeinschaft, alle greifen in die Souveränität Syriens ein. Doch das ist irrelevant, wie man immer wieder erkennen kann.

All diejenigen, die ein großes Interesse am Sturz Assads haben, haben sich verkalkuliert und dachten, Assad wäre schneller zu stürzen. Nach 15 Monaten Kampf sieht man wohl, dass man in einer Pattsituation steckt, aus der man sich irgendwie befreien muss. Dass Assad seinen Posten räumen muss, ist für die Nato-Vasallen das einzige Ziel, nun gilt es an der schnellen Umsetzung zu arbeiten. Der Sechs-Punkte-Plan Annans greift nicht, da die Waffenruhe immer wieder gebrochen wird, von beiden Seiten wohl gemerkt. Solche Gräueltaten wie die in Hula kommen da genau richtig, um ein noch besseres Druckmittel zu bekommen, die Gangart in Syrien anzuziehen.

Das Verbrechen in Hula wirft dabei jedoch mehr Fragen auf als es Antworten bringt. So hatte der Leiter der UN-Beobachtermission Samstag das Verbrechen verurteilt und an beide Seiten appelliert, die Gewalt einzustellen, ohne dabei eine Seite konkret zu beschuldigen. Nach der gestrigen Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates wird plötzlich verbreitet, dass selbst UN-Beobachter Panzer gesehen haben sollen, in Hula. Diese Nachricht wurde später ein wenig entkräftet, bzw. in einer Quelle korrekter dargestellt, da ein Panzer außerhalb des Dorfes gesichtet wurde. Panzer der Regierungstruppen sind überall verteilt im Land, um für Sicherheit zu sorgen. Außerhalb der Ortschaften stationierte Panzer verstoßen nicht gegen die Auflagen des Friedensplanes.

Zunächst hieß es, dass die Opfer massakriert, also aus nächster Nähe erschossen bzw. erstochen wurden, daraufhin hieß es plötzlich, dass viele Opfer von Granatenbeschuss wurden. Plötzlich gibt es auch von den UN-Beobachtern Informationen, dass sie frische Panzerspuren gesehen haben. Es ist alles so verworren und deutet darauf hin, dass jemand nachhilft, um endlich das zu erreichen, was viele Kräfte seit langem wollen: Eine Intervention in Syrien. Sowohl Makdissi, der Sprecher des syrischen Außenministeriums, als auch al-Jaafari, betonten, dass es vonnöten ist, das Verbrechen zu untersuchen. Obwohl man nur auf Mitteilungen von Augenzeugen angewiesen ist, es unterschiedliche zum Teil widersprüchliche Aussagen über die Toten und die Tatsachen gibt und noch keine Obduktionen von unabhängigen Ärzten vorgenommen wurde, wusste man in New York nach einigen Stunden Verhandlungen, dass die Regierung dafür zur Verantwortung zu ziehen ist, auch wenn in der Erklärung die Tat verurteilt wurde.

Die Freie Syrische Armee erklärte nach dem Massaker in Hula die Waffenruhe als „tot“ und kündigte Racheaktionen an. Gestern kam es in verschiedenen Städten zu Explosionen und Gefechten zwischen Bewaffneten und Soldaten. Auch gestern wurden wieder Tote aus Syrien gemeldet, darunter auch Regierungssoldaten. Leider legt man in der europäischen Presse nicht wirklich viel Augenmerk darauf, alle zu verurteilen, die dazu beitragen, die Lage in Syrien zu destabilisieren. Die Bewaffneten werden hier wie Helden gefeiert, während das Feindbild syrische Regierung immer wieder neu aufgebaut und verstärkt wird.

Ähnlich wie vor jedem großen Krieg und der amerikanischen Invasion im Irak oder auch der Nato-Invasion in Libyen, wird Propaganda in großem Maße betrieben, um die bevorstehende Gewalt zu rechtfertigen. Immer wieder gibt es Meldungen über tote Kinder, Kinderleichen werden gezeigt und damit wird der Hass gegen die Regierung in Damaskus geschürt. Ob und was an all den Bildern wahr ist, vermag keiner zu sagen. Ohne Zweifel steht fest, dass in Hula über 30 Kleinkinder abgeschlachtet wurden, es ist aber absolut nicht geklärt, wer sie abgeschlachtet hat. Außerdem ist nicht nachvollziehbar oder beweisbar, ob die Nachrichten der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London stimmen, die erneut von 7 toten Kindern in Hama berichten. Die Propaganda läuft weiter und wird von allen mitgetragen.

Ohne eine tatsächliche Untersuchung der Vorfälle in Hula abzuwarten und ohne gesicherte Beweise, wird die Regierung verurteilt und der Syrische Nationalrat kündigt einen Befreiungskampf, einen illegalen Kampf, den sie schon lange führen, an, wenn der UN-Sicherheitsrat nicht angemessen handelt. In Ghaliouns Verständnis heißt das, die FSA macht so weiter wie bisher und schraubt ihren Verbrechenspegel wahrscheinlich noch nach oben, wenn nicht endlich offiziell internationale Hilfe herbeieilt. Doch dank Wahlkampf und Bedenken an einem offiziellen Nato-Einsatz setzt Obama auf Politik, wenn auch sehr zweifelhafte Politik.

Am heutigen Montag wird Kofi Annan erneut in Damaskus erwartet. Wie der Tag heute verlaufen wird, ist unklar. Es bleibt aber zu befürchten, dass erneut Bomben explodieren und Gefechte Menschenleben fordern. Die FSA versucht durch einen Kleinkrieg, einen Guerillakrieg Assad zu stürzen. Anders als hier in den Medien verbreitet, zeigt die Regierung in Damaskus wesentlich mehr Interesse an einem politischen Dialog als die sogenannte und vom Westen unterstützte Opposition, die sich bisher jeglichen Verhandlungen verweigert hat.

Da die Motivation Saudi-Arabiens und des Westens klar ist, Assad zu stürzen, ist es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, wann man sich zu einer Intervention entschließen wird, wenn die FSA dies nicht selbst oder mit Unterstützung ausländischer Söldner und vermutlich einiger Geheimagenten hinbekommt. Man wird wohl erst den Wahlkampf in Amerika abwarten oder aber ohne Amerika handeln. Hier wäre die Türkei als Nato-Vasall ganz oben auf der Liste der Kriegshunde. Bisher agiert die Türkei heimlich, es bleibt abzuwarten, wann sie offiziell in Syrien einfällt. Viele gehen davon aus, dass der Krieg vor der Tür steht, es nur noch eine Frage der Zeit ist, bevor er ausbricht. Die Leidtragenden sind mit Sicherheit die Zivilisten, die schon jetzt immer wieder zwischen die Fronten geraten in diesem miesen Spiel, in dem die FSA einseitig unterstützt und gestärkt wird. Man kann nur hoffen, dass ein “humanitäres Eingreifen” wie in Libyen verhindert wird. Nach Tunesien, Libyen und dem Jemen (Ägypten auch nicht zu vergessen) sollte man aufhören, die Islamisten zu unterstützen und sie an die Macht zu bringen, damit schneidet man sich ins eigene Fleisch.