Ein Forscherteam hat erstmals die genetischen Ursachen für die häufigste Migräneform identifiziert: Vier Stellen im Erbgut verändern Blutfluss und Erregbarkeit des Gehirns.

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© paMigräne sind anfallsweise auftretende, starke Kopfschmerzen. Die Attacken kommen häufiger einseitig als beidseitig vor und können mit Symptomen wie Nackenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Stimmungsschwankungen einhergehen
Ein internationales Forscherteam hat erstmals die genetische Ursache für Migräne ohne die sogenannte Aura entdeckt. Sie identifizierten vier Stellen im Erbgut, die nur bei Menschen mit dieser häufigsten Form der Kopfschmerzerkrankung verändert sind.

Bisher war zwar bekannt, dass die Migräne ohne Aura auf einer genetischen Veranlagung beruht, aber man wusste nicht, wo im Erbgut die Auslöser dafür sitzen.

Die Studie identifiziere nun erstmals spezifische Gene, die für diese Erkrankung verantwortlich seien. Dies trage erheblich dazu bei, das Wissen über die Migräne zu erweitern, berichten die Wissenschaftler des International Headache Genetics Consortiums im Fachmagazin Nature Genetics.

An der Studie beteiligt waren auch Forscher des Klinikums der Universität München, des Helmholtz Zentrums München und des Münchner Max-Planck-Instituts für Psychiatrie.

Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen - rund zwölf Prozent der Bevölkerung sind Migräniker, wie die Wissenschaftler berichten. Betroffene leiden im Laufe ihres Lebens immer wieder an heftigen, oftmals von Übelkeit begleiteten Kopfschmerzanfällen.

Bei etwa einem Drittel von ihnen kündigt sich ein Migräneanfall kurz vorher mit Sehstörungen oder anderen neurologischen Symptomen an, der sogenannten Aura. Weitaus häufiger aber fehlt diese Begleiterscheinung.

Blutfluss und Erregbarkeit des Gehirns betroffen

"Die jetzt identifizierten Gene eröffnen uns neue Wege, um zu erforschen, wie diese Form der Migräne entsteht", sagt Arn van den Maagdenberg vom Medizinischen Zentrum der Universität Leiden in den Niederlanden, einer der Studienleiter.

Wie die Forscher berichten, liegen zwei der festgestellten Veränderungen in der Nähe von Genen, die den Blutfluss durch das Gehirn beeinflussen. Das passe zu bisherigen Annahmen, nach denen auch die Gefäße und die Durchblutung des Gehirns eine Rolle für die Migräne spielen.

Die beiden anderen Genveränderungen fanden die Wissenschaftler in Bereichen, die kontrollieren, wie zahlreich und wie aktiv die Synapsen im Gehirn sind. Diese Kontaktstellen zwischen den Gehirnzellen beeinflussen unter anderem, wie sensibel das Gehirn auf äußere Reize reagiert.

"Man weiß, dass das Gehirn bei Migränikern übererregbar ist", schreiben die Forscher. Es sei daher plausibel anzunehmen, dass die Übertragung erregender Signale bei Migränepatienten ohne Aura durch diese Genveränderungen gefördert werde.

Erbgut von 4800 Migränepatienten untersucht

Für ihre Studie hatten die Forscher das Erbgut von rund 4800 Menschen mit Migräne ohne Aura mit dem der mehr als 7000 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Migräniker waren allesamt Patienten von spezialisierten Kopfschmerz-Behandlungszentren in Europa und Australien.

Neben den vier zuvor unbekannten genetischen Auslösern fanden die Wissenschaftler auch zwei bereits bekannte Veränderungen im Erbgut. Diese waren - zusammen mit zwei weiteren - schon zuvor bei Patienten mit der selteneren Migräne mit Aura entdeckt worden.

Das deute darauf hin, dass einige der betroffenen Gene bei beiden Formen der Migräne verändert seien, andere jeweils nur bei einer der beiden.

dapd/oc