Zurzeit sehen Astronomen keine aktue Gefahr durch Asteroiden. Sollte sich das ändern, liegen die Notfallprogramme bereits in der Schublade. Forschern zufolge könnte man Asteroiden aktiv aus der Gefahrenzone drängen: mit Lasern oder roher Gewalt.
lovejoy
© unbekanntSuche nach möglichen Bedrohungen. Im Bild: der (ungefährliche) Komet Lovejoy.
Als Ende der 90-er Jahre die beiden Katastrophenfilme Armageddon und Deep Impact in die Kinos kamen, ahnte noch niemand, dass sich die Fiktion made in Hollywood kurz darauf der Realität annähern würde.

2004 entdeckten drei NASA-Forscher einen 270 Meter langen und 27 Millionen Tonnen schweren Asteroiden. Name: Apophis. Besonderes Kennzeichen: Seine Bahn um die Sonne kommt der Erde 2029 und 2036 sehr nahe - so nahe, dass die NASA-Forscher eine Kollision nicht ausschließen konnten.

"Apophis" ist der Name eines mächtigen Gottes, er verkörpert in der altägyptischen Mythologie Auflösung, Finsternis und Chaos. All das könnte auch dieser Asteroid auf die Erde bringen, sofern er mit ihr kollidierte. Der in der jüngeren Geschichte heftigste Einschlag eines Asteroiden ereignete sich 1908 in Ostsibirien, heute "Tunguska-Ereignis" genannt.

Die Detonation des Himmelskörpers verwüstete ein Gebiet von 2.000 Quadratkilometern und setzte Energien frei, die Experten auf zehn bis 20 Megatonnen TNT beziffern - etwa das Tausendfache der über Hiroshima abgeworfenen Atombombe.

Eins zu 250.000

Ein Einschlag von Apophis könnte nach Angaben der NASA eine noch 100.000-fach stärkere Sprengkraft entwickeln. Zwar käme es dabei auch stark auf den Einschlagsort und -winkel an, gleichwohl wären die Folgen in jedem Fall apokalyptisch. Kein Wunder also, dass im Jahr 2004 die NASA-Alarmglocken zu schrillen begannen und Spezialisten mit der Berechnung der Apophis-Umlaufbahn betraut wurden.

Zwischenzeitlich bezifferten die NASA-Forscher die Einschlagwahrscheinlichkeit mit 2,7 Prozent (was etwa der Wahrscheinlichkeit entspricht, hintereinander zwei Sechsen zu würfeln). Zum Glück blieb es nicht dabei. Mittlerweile schließt die NASA eine Kollision für 2029 aus. Auch die Chancen, dass es 2036 zur Katastrophe kommt, sind gering. Laut Steve Chesley vom Jet Propulsion Laboratory liegt die Quote bei eins zu 250.000. Wahrscheinlicher als ein Lotto-Sechser, aber kein Grund zu gesteigerter Besorgnis.

Lenken mit Licht

Wobei Kollisionskurs und Katastrophe nicht notwendigerweise das Gleiche bedeuten. Man kann nämlich auch etwas tun, um das kosmische Geschoß von seiner Bahn abzulenken. Im Prinzip gibt es, wie der Spiegel vor ein paar Jahren getitelt hat, drei Möglichkeiten: "Sprengen, toasten oder schubsen".

Eine neue Variante der Toast-Methode haben nun Massimiliano Vasile und Christie Maddock von der schottischen University of Strathclyde vorgeschlagen. Das Prinzip: Man richte sonnenbetriebene Laser auf den Himmelskörper, erzeuge auf dessen Oberfläche Temperaturen von mehreren Tausend Grad und bringe das dort befindliche Gestein zum Verdampfen. Letzteres würde einen Düseneffekt auslösen und den Asteroiden sukzessive aus seiner Bahn drängen.

Die Idee ist an sich nicht neu. Nur gingen Theoretiker bisher davon aus, dass man dafür einen nuklearbetriebenen Laser im Megawattbereich benötigen würde. Dass der Transport eines Reaktors in das Weltall Risiken in sich bergen würde, liegt auf der Hand: Ein Absturz der Rakete würde nicht nur die Erdoberfläche kontaminieren, er würde auch das endgültige Aus der Rettungsmission bedeuten.

Daher votieren Vasile und Maddock nun für die Schwarmvariante: Die Arbeit sollen ihrer Ansicht nach viele kleine, nur ein Kilowatt starke Laser verrichten, die ihre Energie von der Sonne beziehen. In der Theorie scheint die Methode zu funktionieren, über die Kosten eines solchen Unternehmens schweigen sich die beiden Forscher allerdings aus.

Schubsen und Sprengen

Zu Methode drei ("Schubsen") gab es ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit einen neuen Vorschlag, und zwar aus China. Shengping Gong von der Tsinghua University in Beijing hat in einer Studie das Szenario eines Frontalzusammenstoßes zwischen Asteroid und Raumschiff durchgespielt.

Letzteres könnte, sofern mit einem kleinen Sonnensegel ausgestattet, eine Kollisionsgeschwindigkeit von 90 Kilometer pro Sekunde erreichen. Das sollte dem Himmelskörper einen ausreichenden Schubs versetzen, um seine Bahn bis 2036 aus der Gefahrenzone zu bringen.

Bleibt noch eine dritte Möglichkeit: die Spreng-Methode. Auch diese Alternative wird in Fachkreisen durchaus ernsthaft diskutiert. Wenngleich die Forscher weniger an komplette Zerstörung denken, sondern eher an Umleitung durch gezielte Detonationen. Für Kernwaffen votiert beispielsweise David Dearborn, ein Physiker vom Lawrence Livermore National Laboratory.

Seinen Simulationen zufolge könnte man einen Himmelskörper von der Größe Apophis' durch gezielte Explosionen umlenken, sofern diese früh genug passieren. Zwei Wochen vor dem Einschlag würde diese Methode gerade noch funktionieren, danach wäre es zu spät.

Das wäre zweifelsohne die spektakulärste Methode - und natürlich ist es auch jene, die die Macher des Kinofilms "Armageddon" gewählt haben. Der Plot: Asteroid bedroht die Welt. Sprengteam rückt an. Leider funktioniert die Bombe nicht. Sie muss von Hand gezündet werden. Der Held opfert sich, Menschheit gerettet. Seine Tochter heiratet den Sympathieträger. Unvergessen: "Darf ich Ihnen die Hand geben? Denn Sie sind die Tochter des tapfersten Mannes der Welt."

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