Update. Ein starkes Unwetter tobte in der Nacht zu Sonnabend über Berlin. In Tegel bietet sich ein Bild der Verwüstung: Mehr als hundert Autos sind zerstört, Häuser beschädigt, Balkone abgerissen. Zahlreiche Bäume kippten um, einer fiel auf ein fahrendes Auto.
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© Detlef Tolch
Bis kurz nach 3 Uhr früh am Sonnabendmorgen hat ein schweres Unwetter Polizei und Feuerwehr in Berlin in Atem gehalten. Schwerpunkt des Gewitters waren die Stadtteile Spandau und Tegel, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. In Tegel bietet sich, lokal eng begrenzt, am Sonnabendmorgen ein Bild der völligen Verwüstung. In einigen Straßen sind sämtliche Straßenbäume entwurzelt und umgekippt, sie haben Autos zerstört, sind gegen Häuser gekippt und haben teilweise sogar Balkone abgeschlagen. Betroffen ist die Gegend rund um Brunowplatz und Greenwichpromenade. Schätzungweise ist eine dreistellige Zahl von Autos zerstört.

Die Feuerwehr ist mit zahlreichen Motorsägen im Einsatz, die Fußwege sind komplett unpassierbar.

Anwohner schildern, ein Unwetter wie das am Freitagabend hätten sie noch nie erlebt. "Es war, als würde man in eine Waschmaschine schauen", schildert ein Herr den Blick aus seinem Fenster. Den Berichten zufolge wurde die Zerstörung innerhalb weniger Minuten angerichtet, als circa von 22:05 bis 22:10 ein besonders heftiges Unwetter samt Hagel über diesen Straßenzügen tobte und zahlreiche, sehr alte und große Bäume entwurzelte.

Im Tegeler Hafen wurde die Kommandobrücke eines Ausflugsschiffes umgeweht und schlug aufs Vorderdeck. Eine für Sonnabend geplante Bootstour musste abgesagt werden. In der Veitstraße nahe der Greenwichpromenade mussten die Retter eingreifen, weil Schornsteine an einem Wohnhaus einstürzten. Anders als zunächst berichtet, waren dies offenbar sogar drei Schornsteine. Der Vorfall ist aber ein anderer als jener, bei dem ein 600 Quadratmeter großes Dach eines Wohn- und Geschäftshauses zerstört wurde. Dies geschah in der Gorkistraße, das Dach wurde Augenzeugenberichten zufolge durch den Sturm komplett abgetragen. Die Mieter sind nun in einem Hotel untergebracht. Ebenfalls in der Gorkistraße fiel ein Baum auf ein fahrendes Auto, die Insassen konnten sich anschließend durch den Kofferraum befreien.

Glücklicherweise wurden durch die Ereignisse nach bisherigen Erkenntnissen keine Menschen verletzt. Polizei und Feuerwehr bildeten eine gemeinsame Einsatzleitung, um der Lage Herr zu werden. Am Sonnabendmorgen hatte die Feuerwehr zunächst ein vergleichsweise weniger dramatisches Bild der Lage gezeichnet. Es hieß, in ganz Berlin seien 104 Bäume beschädigt oder entwurzelt worden. 10 Mal musste demnach die Feuerwehr ausrücken, weil sich Bauteile, beispielsweise Dachziegel, gelöst hatten, außerdem seien 6 Wasserschäden zu vermelden.

Vorübergehend war auch die Bahnstrecke Hamburg-Berlin blockiert. Gegen 23.30 Uhr wurden aber bereits die Reparaturarbeiten abgeschlossen, berichtete ein Sprecher der Bahn am Samstagmorgen. Die Strecke war durch entwurzelte Bäume lahmgelegt worden, die im Landkreis Ludwigslust-Parchim auf die Oberleitungen gestürzt waren. Mehrere Züge mussten gestoppt werden. Es kam zu Verspätungen von bis zu einer Stunde. Betroffen waren die Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Berlin, der Regionalexpress RE 1 in Mecklenburg-Vorpommern und auch der Güterverkehr.
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© Jörn HasselmannDieser Schaden wird wohl von einer Versicherung bezahlt - so ist es, wenn ein Unwetter offiziell als solches registriert wird, und davon ist nach den Ereignissen in Tegel wohl auszugehen.
Nach Angaben des Bahnsprechers waren sehr viele Fahrgäste betroffen. Verletzt worden sei aber nach ersten Erkenntnissen niemand. Wie hoch der entstandene Schaden sei, konnte er am Morgen noch nicht sagen. Auswirkungen auf den Fahrplan werde es am Samstag aber nicht mehr geben.

Auch in anderen Gegenden Deutschland gab es am Freitag dramatische Unwetter. In Hessen ereignete sich auf einem Golfplatz ein dramatisches Unglück: Vier Frauen wurden vom Blitz getroffen, drei von ihnen starben, für die vierte gibt es nur wenig Hoffnung. Auch in Schleswig-Holstein gab es massive Unwetter: Sie haben in Kiel für einen Großeinsatz der Feuerwehr bis in die Nacht gesorgt. Vor allem die Altstadt war betroffen. Mehrere Straßen wurden überflutet, und zahlreiche Keller liefen am Freitag voll Wasser, wie ein Sprecher der Feuerwehr am Samstag sagte.

Erst ballten sich dunkle Wolken am Himmel zusammen, dann zuckten Blitze, schließlich fiel Starkregen: Freitagnacht gegen 22.30 begannen die heftigen Unwetter in Berlin. Die Feuerwehr war ab 22.12 Uhr im Ausnahmezustand, hieß es bei der Leitstelle. Die Beamten rückten wegen umgestürzter Bäume, abgedeckter Dächer und überschwemmter Keller aus. In Alt-Moabit stand ein Dachstuhl in Flammen, nachdem der Blitz eingeschlagen hatte.

In Moabit, aber auch in Kreuzberg, etwa nahe dem Anhalter Bahnhof, lag ein giftig wirkender Geruch in der Luft. Viele Mieter schlossen die Fenster. Auch am Sonnabendmorgen konnte die Feuerwehr noch nicht genau sagen, woher diese Wolke stammen könnte. Möglicherweise stamme der Geruch vom Brand in Moabit. Aufgrund der vielen Einsätze in Berlin wurden auch die Freiwilligen Feuerwehren um Hilfe gebeten. Eine gute Stunde vor Mitternacht alarmierte die Feuerwehr auch die Fachleute vom Technischen Hilfswerk. Die freiwillig tätigen Experten sind vor allem geschult in Bergung und Rettung von Personen, aber auch in technischer Hilfeleistung, der Sicherung von Materialien.

Auch in der Prignitz gab es Sturmböen und Dutzende Feuerwehreinsätze. Umgeknickte Bäume behinderten den Verkehr, mehrere Dächer wurden beschädigt. Die meisten Einsätze gab es in den beiden Bereichen Groß Pankow und Pritzwalk, wie ein Feuerwehrsprecher der Nachrichtenagentur dapd sagte. Innerhalb von zwei Stunden wurden rund 50 Einsätze registriert. Verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand.

Im Raum Groß Pankow lösten sich wegen der Gewitterfront Aluminiumteile von einem Turm, zudem gab es zahlreiche Dachschäden, wie der Feuerwehrsprecher hinzufügte. In beiden Bereichen entwurzelten oder knickten Bäume um und behinderten den Verkehr auf Landes- und Ortsverbindungsstraßen.

Der Deutsche Wetterdienst hatte im Vorfeld über Medien, auch den Tagesspiegel, vor Unwettern mit schwerem Gewitter, Starkregen und Hagel in der Prignitz gewarnt. Die Meteorologen gingen örtlich von Regenmengen zwischen 20 und 30 Liter pro Quadratmeter aus, zudem rechneten sie mit schweren Sturmböen mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Kilometer pro Stunde.

mit dapd, dpa