Wo 900 Millionen Menschen privateste Informationen austauschen, da sind Kriminelle nicht weit. Um sie in in der gigantischen Datenmenge aufzuspüren, durchsucht Facebook automatisiert die Kommunikation seiner Mitglieder.

Es wäre falsch zu sagen, dass Facebook sich um Jugendschutz nicht kümmert. Das Unternehmen hat sich und seinen Nutzern umfangreiche Community-Richtlinien auferlegt. Für Eltern, Jugendliche, Lehrer und Strafverfolgungsbehörden gibt es auf der Webseite eine eigenen Informationsbereich. Meldet ein Nutzer einen Verstoß gegen die Richtlinien, werde dieser von einem Team überprüft und anschließend passende Maßnahmen ergriffen, heißt es. Zudem habe man "komplexe Systeme" entwickelt, die ohne das Zutun der Nutzer Verstöße gegen die Regeln aufdeckten.
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Komplexe Systeme? Facebooks oberster Sicherheitschef Joe Sullivan hat jetzt überraschend Licht ins Dunkel gebracht. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Sullivan, es handle sich dabei um eine Technologie, die in der Lage sei automatisiert private Kommunikation zu überwachen und nach bestimmten Schlüsselbegriffen zu durchsuchen. Facebook greife dazu auf ein Archiv an Chatprotokollen zurück, die sexuellen Übergriffen vorausgegangen seien.

Sollte sich eine ähnliches Gespräch erneut entwickelt, so würden Facebook-Mitarbeiter darüber benachrichtigt. Sie entschieden dann, ob der Fall an die zuständigen Strafermittlungsbehörden weitergegeben werde. So sei es beispielsweise möglich gewesen, im vergangenen März einen Floridianer zu überführen, der mit einer 13-Jährigen über Sex geschrieben und sich mit ihr für den darauffolgenden Tag verabredet habe.

Facebook durchleuchtet Chats auch in Deutschland

Wie intensiv eine Unterhaltung durchleuchtet werde, hänge allerdings davon ab, wie Facebook die Beziehung zwischen den beteiligten Nutzern einschätzt. Der Reuters-Artikel legt nahe, dass vor allem Unterhaltungen zwischen Personen, von denen Facebook ausgeht, dass sie nicht auf realen Bekanntschaften basieren, betroffen sind.

Letztendlich sei man aber nur in der Lage, einen Bruchteil der kriminellen Absichten bereits im Voraus aufzuspüren. Vor allem wolle Facebook vermeiden, Nutzer zu beschuldigen, die sich hinterher als unschuldig herausstellten. Das bedeute, dass die Kriterien, nach denen eine Unterhaltung als gefährlich eingestuft wird, nicht zu streng sein dürften, heißt es in dem Reuters-Bericht. Facebook teilte Süddeutsche.de auf Anfrage mit, dass das Unternehmen auch in Deutschland "proaktiv" auf die Ermittlungsbehörden zugehe, falls es von einer vermeintlichen oder tatsächlichen Straftat erfahre.