Kolibris ist das Wetter schnuppe: Trotz ihrer geringen Körpergröße beeinträchtigt nicht einmal starker Regen die Flugfähigkeit der - bezogen auf ihre Körpergröße - wohl schnellsten Wirbeltiere der Welt. Das haben US-Forscher jetzt bei Annakolibris nachgewiesen. Selbst wenn die bunten Vögel mit fast 100 Kilometern pro Stunde durch einen heftigen Regen fliegen, behalten sie ständig die Kontrolle über ihren kleinen Körper.
annakolibri
© dpa

Kolibris leben ausschließlich auf dem amerikanischen Doppelkontinent, oft auch in Regionen mit starken Regenfällen. Es gab schon früher anekdotische Berichte, dass die kleinen Vögel, genau wie einige Insekten oder Fledermäuse, auch bei sehr hoher Regenintensität fliegen können und ihnen trotz ihrer Größe die Regentropfen praktisch nichts ausmachen. Wissenschaftler haben das jetzt erstmals in einer Studie an Annakolibris (Calypte anna) nachgewiesen.

Sie haben dazu das Flugverhalten von mehreren Kolibris jeweils ohne Regen und mit Regen in drei Stufen (leichte, mittlere und schwere Regenintensität) beobachtet. Die Annakolibris wurden dabei mit hochauflösenden Kameras gefilmt und die Videos anschließend ausgewertet. Dabei bestimmten die Forscher unter anderem den Winkel des Körpers und des Schwanzes sowie die Amplitude und die Frequenz des Flügelschlags.

Das Ergebnis: Paradoxerweise richteten die Annakolibris ihre Körper und Schwänze bei starkem Regen eher horizontal aus. Das sei unerwartet, sagen die Forscher - schließlich bieten sie so eine größere Fläche dar, auf der sich die schweren Wassertropfen sammeln können, als wenn sie vertikaler segeln würden. Gleichzeitig machen sie weniger ausladende, aber dafür schnellere Flügelschläge. Dadurch und mit Hilfe des wasserabweisenden Federkleids bleiben nur wenige Tropfen auf dem Vogelkörper hängen, die den Flug beeinträchtigen könnten. Im Gegensatz dazu halten sich die Vögel bei leichterem Regen sehr viel vertikaler in der Luft, als sie es ohne Regen tun. Und egal bei welcher Regenintensität, die Vögel verlieren nie die Kontrolle über ihren Körper. Mit diesen Tricks unterscheidet sich der Energieaufwand fürs Fliegen auch bei starker Regenintensität kaum von dem bei schönem Wetter.

Dass die nur zehn Zentimeter großen Vögel auch bei starkem Regen fliegen können, ist für sie sehr wichtig. Denn um genug Energie für die unglaublich schnellen Flügelschläge zur Verfügung zu haben, müssen sie sehr oft Nahrung aufnehmen. Ein Tag ohne Blütennektar, Pollen und gelegentlich Insekten kann für sie bereits den Tod bedeuten. Da sei es aus Sicht der Evolution betrachtet nicht überraschend, dass sich die Tiere an den starken Regen in ihren Habitaten angepasst haben, resümieren die Forscher.

Viktor Manuel Ortega-Jimenez (University of California in Berkeley) et al.: Proceedings of the Royal Society B; doi: 10.1098/rspb.2012.1285