Freudenstadt - "Sommer fühlt sich anders an", sind sich viele Menschen nach dem vergangenen Wochenende einig. Was die derzeitigen Temperaturen anbetrifft, täuschte das Gefühl nicht.
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© SchwarkJacke statt T-Shirt: Mit bisher 73 Sonnenstunden liegt der Juli im Vergleich zu den Vorjahren im unteren Mittelmaß.
Mit einem Minumum von 7,4 Grad und Maximum von 13,4 Grad, gemessen am Sonntag auf dem Kienberg, war Freudenstadt zwar nicht der kälteste Punkt auf dem europäischen Festland, wie eine Boulevardzeitung gemeldet hatte, aber einer der kältesten Orte in Deutschland. Kälter war es nur auf dem Feldberg mit 4,1 Grad oder im Hochgebirge.

Solche Werte im Hochsommer beeindrucken im negativen Sinn. Doch wenn man die Wetterdaten der zurückliegenden 60 Jahre der Wetterwarte des Deutschen Wetterdiensts auf Freudenstadts Hausberg vergleicht, ist der Juli 2012 von Rekordwerten noch weit entfernt, weiß Wetterbeobachter Rainer Pfennig.

Aktuell ist der Monat nur leicht zu kalt. Mit 14,7 Grad wird das langjährige Mittel von 15,2 Grad gerade mal um 0,5 Grad unterschritten. Bis zum 15. Juli gab es 105 Liter Regen, der Mittelwert liegt bei 115 Liter. Die Sonne geizte aber mit lediglich 73 Stunden kräftig. Normal wären 241 Stunden. Dass es bei den Temperaturen noch tiefer geht, belegte der 1. Juli 1962 mit gerade zwei Grad. "Werte zwischen 3,5 und sieben Grad wurden in vergangenen Jahrzehnten oft gemessen", berichtet Pfennig.

Auch beim Niederschlag war es mit 329 Litern im Jahr 1980 deutlich feuchter. Der trockenste Juli seit 1949 wurde mit nur 32,2 Litern Regen im Jahr 1964 aufgezeichnet. Im aktuellen Juli gab es noch keinen einzigen Sommertag mit 25 Grad. Der 5. Juli lag mit 23,9 Grad nur knapp darunter.

Viele Menschen haben immer noch den Traumsommer 2003 in Erinnerung. "Doch lang anhaltende Hochdrucklagen sind bei uns im Sommer eher die Ausnahme", so Pfennig. Schuld daran ist die Polarfront, die Grenzfläche zwischen kalter und warmer Luft, an der sich häufig Tiefdruckgebiete in der Westwinddrift bilden. Mehr als zwei bis drei Tage anhaltend schönes Wetter sind selten drin. Acht bis zehn Tage Hochdruckeinfluss sind die Ausnahme.

Aktuell wird Deutschland von einem so genannten "Kaltlufttrog" überdeckt. So bezeichnen Meteorologen die kalte Luft in der Höhe, die mit ihrer Labilität immer aufs neue Schauer erzeugt. Im Gegenzug schaufelt der "Trog" auf seiner Vorderseite warme Luft in den Mittelmeerraum und Osteuropa. Dort stöhnen die Menschen über die große Hitze.

Bis Mittwoch dieser Woche soll es laut Wetterprognosen mit den Temperaturen leicht bergauf gehen. Doch ab Donnerstag kocht die Atmosphäre mit Gewittern schon wieder über, und die Temperaturen gehen wohl wieder auf Talfahrt.

Etwas Hoffnung vermitteln lediglich langfristige Wettermodelle, die für die letzte Julidekade eine Wetterbesserung voraussagen.