Die Analyse von Daten aus 23 Jahren erbrachte keinen Nachweis für die Wirksamkeit von Beta-Interferon

Spritze
© apa/ralf hirschbergerInterferon-beta-Präparate werden bei der Behandlung von MS-Patienten schon lange eingesetzt. Mittlerweile gibt es aber Alternativen.
Eine aktuelle Studie von Medizinern in Kanada bezweifelt die Wirksamkeit häufig verwendeter Präparate gegen die unheilbare Nervenkrankheit Multiple Sklerose (MS).

Im Fokus der Untersuchung stand Interferon beta, die ehemals erste Wirksubstanz, mit der in klinischen Studien eine Reduktion der Schubrate bei MS um rund 30 Prozent nachgewiesen wurde. Es sei kein Zusammenhang zwischen einer Gabe von Beta-Interferon und einer Verzögerung des Krankheitsverlaufs nachweisbar, erklärten die Experten nach einer statistischen Analyse von Patientendaten. Die in der jüngsten Ausgabe der einflussreichen amerikanischen Medizinzeitschrift Journal of the American Medical Association (JAMA) publizierten Resultate sind allerdings nicht unumstritten.

Alternative Präparate

Multiple Sklerose ist eine unheilbare Erkrankung, die teilweise schubförmig verläuft und das zentrale Nervensystem angreift. Weltweit leiden rund zwei bis 2,5 Millionen Menschen daran. Bei vielen Betroffenen führt sie mit den Jahren zu schweren Behinderungen. Interferon-beta-Präparate, die injiziert werden müssen, zählen zu den Standardmedikamenten bei der Behandlung von MS-Patienten. Mittlerweile gibt es mit der Pille Gilenya aber eine Alternative, die dem Patienten das unangenehme Spritzen ersparen. Außerdem wurden mit Glatirameraceta (ebenfalls zum Injizieren), dem Immunsuppressivum Fingolimod (in Tablettenform) und einem monoklonalen Antikörper weitere Mittel entwickelt.

Kritik an den Studienergebnissen

In ihrer Langzeitstudie analysierten die Ärzte Daten von 2.656 Patienten im kanadischen Bundesstaat British Columbia aus den Jahren 1985 bis 2008. Sie werteten die Krankenakten statistisch auf Hinweise aus, wie lange es trotz einer Behandlung mit Interferon-Beta dauert, bis MS-Patienten unter schweren Behinderungen leiden. Dazu zählten die Mediziner beispielsweise, wenn Patienten selbst kurze Strecken nicht mehr ohne einen Stock gehen können.

In einem Kommentar zu der Studie mahnte die Medizinzeitschrift allerdings zur Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse. Mangelnde Beweise für die Wirksamkeit eines Mittels seien noch kein Nachweis für dessen Unwirksamkeit. Für viele Pharmakonzerne sind Interferon-beta-Präparate schließlich große Umsatzbringer.

(APA/red, derStandard.at)