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© dpaSpenderorgane werden in Kühlboxen transportiert. Bei der Zuteilung der Organe soll ein Göttinger Arzt manipuliert haben.
Der Präsident von Eurotransplant geht davon aus, dass der beschuldigte Göttinger Arzt die Manipulationen bei Organtransplantationen nicht ganz allein durchgeführt haben kann. Er fordert künftig Kontrollen.

Nach dem Transplantationsskandal an der Uniklinik Göttingen hat der Präsident der Vermittlungsstelle für Organspenden Eurotransplant, Bruno Meiser, in einem Interview mit der Welt am Sonntag gesagt, der verantwortliche Chirurg könne nicht allein gehandelt haben. „Aus meiner Sicht kann ein Mensch allein nicht so professionell betrügen. Irgendeinem Kollegen muss zumindest aufgefallen seien, dass Laborwerte unrealistische Schwankungen aufwiesen oder Werte nicht zueinanderpassten“, sagte er.

Ein Sprecher der Klinik sagte dem FOCUS: „Der Oberarzt hatte einen Zielvereinbarungsvertrag mit Leistungsbezug.“ Davon geht auch Meiser aus. „Wenn er mehr Leber-Transplantationen durchgeführt hat, konnte er seinen Verdienst erhöhen“, sagte Meiser. Ob der Arzt noch zusätzlich private Zahlungen von Patienten erhalten habe, müsse die Staatsanwaltschaft ermitteln.

„Jedes gespendete Organ ist ein Akte der Nächstenliebe“

Nach FOCUS-Informationen schaffte der Beschuldigte 50 Transplantationen im Jahr - ein Spitzenwert in deutschen Kliniken. Die Bundesärztekammer war durch einen anonymen Hinweis im November auf den Mediziner aufmerksam geworden.

Die Bundesärztekammer stieß bei ihren Recherchen in den vergangenen Monaten bei 32 weiteren Fällen in Göttingen auf Manipulationen. Der Vorsitzende der zuständigen Prüfungskommission, der Magdeburger Chirurg Hans Lippert, sagte, bei etwa 20 Fällen gingen die Mitglieder der Kommission nun von „Ungereimtheiten und Manipulationen unterschiedlichen Schweregrades aus“. Auch bei diesen 20 Fällen besteht demnach der Verdacht, dass Fälschungen die Transplantationen ermöglichten.

Eurotransplant-Präsident Meiser sprach sich in der Welt am Sonntag dafür aus, die Transplantationszentren in Zukunft stichprobenartig zu kontrollieren. „Jedes postmortal gespendete Organ ist einmalig, ein Akt der Nächstenliebe über den Tod des Spenders hinaus. Mit diesem kostbaren Gut müssen wir nach höchsten ethischen Grundsätzen umgehen.“ Die Arbeit von Eurotransplant sei zwar transparent. Doch wenn die Daten „gefälscht übermittelt“ würden, „ist auch Eurotransplant hilflos“. Über die neue Kontrollen ist in Fachkreisen eine heftige Diskussion entbrannt.

sk