Kidnapping, Vergewaltigung, Ermordung - die Taten des Kindermörders Marc Dutroux beschäftigen Belgien seit 1995. Die Freilassung seiner Frau und Komplizin nach 16 Jahren Haft ist heftig umstritten.
Kloster in Malonne
© ReutersDer Eingang des Klosters in Malonne.
Brüssel. Die Komplizin und Ex-Frau des belgischen Kindermörders Marc Dutroux wird nach 16 Jahren Haft vorzeitig aus der Haft entlassen. Sie darf künftig in einem Kloster des Ordens der Klarissen in Malonne unweit der Stadt Namur leben. Diese Entscheidung eines Gerichts in Mons vom Dienstag wurde von Angehörigen der Opfer und von Opferverbänden scharf kritisiert. Zugleich begann in Belgien auch eine politische Debatte über das Recht von Schwerverbrechern auf vorzeitige Entlassung und auf Resozialisierung.

Das Gericht verbot der 52 Jahre alten Frau, sich den Familien der Opfer zu nähern. Jean-Denis Lejeune, der Vater eines Mädchens, das im Alter von acht Jahren von Dutroux verschleppt, vergewaltigt und dann ermordet wurde, beklagte aber, dass künftig nur etwa 60 Kilometer zwischen dem Aufenthaltsort der Täterin und der Opfer lägen.

Die Frau war 2004 in einem spektakulären Prozess als Komplizin von Dutroux zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Sie befand sich seit 1996 in Haft. Dutroux hatte sechs Mädchen entführt und drei von ihnen ermordet. Die Verbrechen hatten zu landesweiter Empörung in Belgien geführt, da Dutroux ebenso wie seine Frau schon zuvor wegen ähnlicher Verbrechen verurteilt worden war. Im Oktober 1996 demonstrierten rund
300,000 Belgier für eine rückhaltlose Aufklärung der Geschehnisse in einem von Dutroux gebauten Kellerverlies.

Claude Michaux, Staatsanwalt in Mons, kündigte Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts zur Freilassung der Frau an. Die Anwälte der Verurteilten sagten, noch stehe nicht fest, wann die Frau tatsächlich das Gefängnis verlassen und in das Kloster übersiedeln werde.

„Die Entscheidung war nicht einfach und wir haben sehr lange darüber nachgedacht“, formulierte die Äbtissin des Klarissen-Ordens von Malonne in einer Erklärung. Die Ex-Frau von Dutroux habe keinen Ort gefunden, an dem sie nach der Entlassung hätte bleiben dürfen. Zudem habe das Gericht die Freilassung an eine Unterbringung in einem Kloster gekoppelt. „Frau M. ist ein menschliches Wesen und wie wir alle des Schlimmsten und des Bösesten fähig.“ Die Äbtissin betonte, die Frau werde keine Nonne werden („Das ist weder ihr Wunsch noch unserer“) und im Gästetrakt des Klosters wohnen.

Die Frau sei „genau so schuldig wie Dutroux und sie hätte ihre Strafe bis zum Ende verbüßen müssen“, sagte Lean Lambrecks, der Vater einer von Dutroux ermordeten 19-Jährigen. Sie habe zwei der jüngeren Opfer Dutrouxs in dem Verlies verhungern lassen: „Diese Gerichtsentscheidung ist inakzeptabel.“ Der Anwalt eines Opferverbandes sagte, er habe gegen die Freilassung bereits Beschwerde eingelegt. Vertreter verschiedener Parteien forderten eine öffentliche Debatte über die Verbüßung von Strafen für besonders schwere Verbrechen.

dpa