Vor vier Jahren stürzte auf dem Marine-Schulschiff "Gorch Fock" eine Kadettin unter mysteriösen Umständen in den Tod. Ein Kapitänleutnant hat jetzt die Tote und ihre Angehörigen im Internet verhöhnt. Die Eltern, die immer noch auf Aufklärung drängen, sind fassungslos - und sehen sich in ihrem Misstrauen bestätigt.

Ein Marineoffizier hat die 2008 ertrunkene Gorch Fock-Kadettin Jenny Böken und ihre Eltern öffentlich verhöhnt. Gegen den Kapitänleutnant wird nach Marineangaben sowohl dienst- als auch strafrechtlich ermittelt.

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© dpaVor vier Jahren ertrank die damals 18-jährige Offiziersanwärterin Jenny Böken. Die genauen Todesumstände sind bis heute ungeklärt.

In einem Kommentar auf der Internetseite des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages shz schrieb der Soldat, die Eltern der Soldatin würden seit mehreren Jahren Steuergelder verschwenden. Dabei leugneten sie, dass ihre Tochter "in Darwin-Award-fähiger Weise" von der Gorch Fock gestürzt sei. Der Darwin Award ist ein Spott-Preis für die angeblich dümmsten Methoden, aus dem Leben zu scheiden oder sich unfruchtbar zu machen.

Die damals 18-jährige Offiziersanwärterin Jenny Böken war vor vier Jahren unter ungeklärten Umständen vor der Insel Norderney von Bord des Segelschulschiffes Gorch Fock in die Nordsee gefallen und ertrunken.

Ein Marinesprecher bestätigte, dass es sich bei dem Mann, der im Internet seinen vollen Namen nannte, um einen Kapitänleutnant handelt. Seine Äußerungen spiegelten aber nicht die Meinung der Marine wider.

"Ich war fassungslos", sagte Mutter Marlis Böken dem Flensburger Tageblatt. Vater Uwe Böken fügte hinzu: "Solche Äußerungen bestätigen mir, welche Haltung innerhalb der Marine herrscht." Auch in Marine-Foren sei der Ton scharf geworden. "Jenny hat ihr Leben verloren. Mehr kann man im Dienst nicht geben. Und wir haben gute Gründe, weiter Fragen zu stellen", sagte Marlis Böken.

"Bei den Ermittlungen wird gemauert"

Sie sei "überzeugt, dass bei den Ermittlungen in Schleswig-Holstein gemauert wird". Es sei schlampig ermittelt worden. Offenbar habe die Ermittlungsbehörde kein Interesse daran, die aufgeworfenen Widersprüche um den Tod ihrer Tochter aufzuklären.

Die Eltern versuchen weiterhin, Ermittlungen gegen die Führung des Marine-Schulschiffs zu erzwingen.Deshalb hat der Anwalt der Familie Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig eingereicht. Dieses hatte es abgelehnt, erneut strafrechtliche Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen den Kommandanten und den Schiffsarzt einzuleiten. Die Verfassungsrichter sollen entscheiden, ob das Urteil gegen im Grundgesetz verankerte Rechte verstößt.

Skandalträchtiges Marine-Schulschiff "Gorch Fock"

Die Gorch Fock war in den vergangenen Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Es gab Vorwürfe über unmenschliche Ausbildungsmethoden und sexuelle Belästigung. Im Zuge des Skandals wurde der damalige Kommandant Norbert Schatz beurlaubt. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, stellte "Führungsdefizite und Sicherheitslücken" fest. Nach dem Tod einer weiteren Kadettin am 7. November 2010 wurde die Offiziersausbildung ausgesetzt und das Schiff im Jahr 2011 in den Heimathafen zurückbeordert.

Derzeit liegt die Gorch Fock zu Instandsetzungsarbeiten auf einer Werft im niedersächsischen Elsfleth. Sie soll laut Marine noch 2012 wieder in See stechen und ein Jahr später auch wieder Offiziersanwärter an Bord nehmen, die dann nach einem neuen Konzept ausgebildet werden.