Bereits vor 6.500 Jahren haben Menschen womöglich ihre Zahnschmerzen mit Zahnfüllungen bekämpft. Darauf weist ein gut erhaltenes Kieferstück hin, das in Slowenien ausgegraben wurde und bis jetzt im Naturgeschichtemuseum von Trieste in Italien lagerte. Ein internationales Forscherteam durchleuchtete die Zähnedes Kieferstücks unter anderem mithilfe von Röntgen- und Infrarotstrahlen und fand heraus, dass ein Eckzahn mit Bienenwachs gefüllt war.
Zahn, Bienenwachs, Füllung
© Bernardini et al. (2012) PLoS ONE doi:10.1371/journal.pone.0044904Die gelbe gestrichelte Linie deutet die Wachsfüllung im 6.500 Jahre alten Eckzahn an.
Dabei konnten die Wissenschaftler nicht ganz eindeutig nachweisen, ob die Füllung noch vor dem Tod des Zahnträgers gemacht wurde, oder erst nachdem dieser verstorben war. Treffe ersteres ein, wurde das Wachs jedoch vermutlich eingesetzt, um einen Riss im Zahn zu füllen und damit Zahnschmerzen zu lindern, berichten die Forscher im Fachmagazin PLOS ONE. Ihr Fund wäre damit der bisher älteste Beleg für eine therapeutische Zahnbehandlung.

Bisher gibt es nur eine Handvoll Hinweise, dass Menschen ihre Zahnschmerzen schon in der Steinzeit medizinisch mit Kronen oder Füllungen behandelten. Der bisher älteste Fund geht in die Jungsteinzeit vor über 7.500 Jahren v.Chr. zurück. In eine Grabstätte in Pakistan fand man mehrere Bohrlöcher in Backenzähnen. Doch wirkliche Belege für therapeutische Zahnbehandlungen gibt es erst aus jüngeren Zeiten. So berichten alte ägyptische Schriften von vor 1.600 Jahren v.Chr. über Methoden, bei denen Zähne mit einer Mischung aus Honig und Mineralien wieder angeklebt wurden.

"Unser Fund ist vielleicht das älteste bekannte Beispiel, das auf eine therapeutische, schmerzlindernde Zahnfüllung hinweist", sagt Studienleiter Federico Bernardini vom Abdus Salam International CentreforTheoreticalPhysics in Trieste. Entdeckt hatten die Forscher dies, als sie einen gut erhaltenes Kieferstück untersuchten. Dieses wurde in der Nähe des Dorfes Lonche im Südwesten Sloweniens aus dem Kalkspat eine Höhle ausgegraben und war bis jetzt im Naturgeschichtemuseum von Trieste ausgestellt. Für die Forscher stellte es ein interessantes Untersuchungsobjekt, da es als der bisher älteste menschliche Fund aus dem nördlichen Adriagebiet gilt.

Ein Riss durchzieht den Eckzahn

Dabei bestehen die Knochenüberreste lediglich aus einem herausgebrochenen Stück des linken Unterkiefers, das noch einen Eckzahn, zwei vordere Backenzähne und zwei hintere Backenzähne trägt.Mit der Radiokarbonmethode, mit der man anhand der Radioaktivität von Kohlenstoff das Alter organischen Materials bestimmen kann, wiesen die Forscher nach, dass der Kieferknochen 6645-6440 Jahre alt ist. Eine Aufnahme im Computertomographen zeigte zudem, dass der Eckzahn nicht nur stark abgenutzt ist, sondern auch einen vertikalen Riss hat, berichten die Forscher.

Der wurzeltiefe Riss im Zahn war jedoch durch eine Füllung mit bloßem Auge nicht zu erkennen.Um das Füllmaterial genauer zu untersuchen, entnahmen die Forscher davon winzige Proben und durchleuchteten diese mit Infrarot-Strahlen. Anhand des Strahlenspektrums erkannten die Forscher, dass es sich hierbei um Bienenwachs handelt.

Durch die Ungenauigkeit der Datierungsmethoden konnten die Wissenschaftler jedoch nicht eindeutig feststellen, ob die Füllung noch vor dem Tod des Zahnträgers gemacht wurde, oder das Wachs erst in den Zahn schmolz, nachdem dieser verstorben war. Da jedoch damals schon bekannt war, dass Bienenwachs sehr gut bindet, könnte dies in der Tat absichtlich als Zahnfüllung genutzt worden sein, um die Empfindlichkeit des Zahns zu senken, sagen die Forscher.

(doi:10.1371/journal.pone.0044904)
(PLoS ONE, 20.09.2012 - IRE)