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© SchröderDer Mann wurde zweimal getroffen. Dennoch war er zunächst nicht bereit, sein Messer aus der Hand zu legen.
In Wedding haben am Sonnabendnachmittag Polizisten einen mit einer Axt und einem Messer bewaffneten Mann niedergeschossen. Nun wächst die Kritik an dem Polizeieinsatz. Einige Zeugen sprechen davon, dass die Polizei unangemessen vorgegangen sei.

Berlin - In der Antwerpener Straße in Wedding haben Polizisten am Sonnabendnachmittag einen bewaffneten Mann niedergeschossen. Er war auf eine Streife losgegangen. Der Angreifer wurde im Virchow-Klinikum notoperiert. Die Hintergründe für den Schusswaffeneinsatz soll jetzt, wie in solchen Fällen üblich, eine Mordkommission klären. Anwohner werfen der Polizei Unverhältnismäßigkeit vor.

Berlin-Wedding: Polizisten schießen Angreifer nieder

Nach den bisherigen Ermittlungen und Zeugenaussagen war kurz nach 14 Uhr ein etwa 50 Jahre alter, seriös gekleideter Mann Anwohnern aufgefallen. Er lief auf dem Gehweg und hielt eine Axt sowie ein Messer in den Händen, berichtete ein Ladenbesitzer. Er habe damit in der Luft herumgefuchtelt. Verängstigte Zeugen informierten deshalb die Polizei. Gegen 14.20 Uhr traf die erste Funkwagenbesatzung ein. Als der Mann die Polizistin und ihren Kollegen bemerkte, ging er schreiend und mit Messer und Axt fuchtelnd auf sie zu. Zeugen wollen gesehen haben, dass die Streife mehr als zehn Minuten lang auf den Mann einredete, um ihn zu beruhigen. Danach sollen sie ihre Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt haben.

Zeugen hörten acht Schüsse

Das hat alles nichts gebracht, sagte Zeuge Volker K. aus Friedrichshain. Immer wieder habe er gehört, dass die Polizisten den Mann anbrüllten, er solle seine Waffen weg legen. „Darauf hat er nicht reagiert.“ Dann sei alles sehr schnell gegangen. Als der Mann auf die Polizisten zu lief, fielen mehrere Schüsse. Zeugen berichteten, dass es achtmal geknallt habe. Die Polizei sprach später von mehreren Schüssen. Der Mann wurde von zwei Projektilen in den rechten Unterschenkel sowie in den Bauch getroffen und lebensgefährlich verletzt. Unklar ist, wo die anderen sechs Projektile einschlugen. Eines soll einen Reifen eines Autos getroffen haben.

Inzwischen waren mehrere Streifenwagen zur Verstärkung eingetroffen. Insgesamt vier Polizisten waren nötig, um den Mann zu entwaffnen und festzunehmen. Rettungssanitäter hatten Mühe, sich um den stark blutenden Mann zu kümmern. Er habe sich immer wieder gewehrt, hieß es.

Unzufriedenheit bei der Behörde

Indes wächst die Kritik an dem Polizeieinsatz. Zeugen sprachen davon, dass die Polizei unangemessen vorgegangen sei. So war dem am Boden liegenden Mann in den Nacken getreten worden. Auch habe einer der Beamten einen Polizeihund auf ihn gehetzt. Von Gewalt auslebenden Beamten war die Rede. Andere Zeugen hingegen lobten die Einsatztaktik.

Auch innerhalb der Behörde gibt es Unzufriedenheit über diesen Einsatz. Eine mehrjährige Ausbildung zum Polizisten sollte reichen, um solch einen Mann zu überwältigen, sagte ein Zugführer der Bereitschaftspolizei am Sonntag. Acht Schüsse aus kurzer Distanz, da hätten die Polizisten Glück, dass kein Unbeteiligter von einem Querschläger getroffen wurde, so der Zugführer. Streifenpolizisten sagten dagegen, dass solch eine Situation nicht schulbar sei. Jeder reagiere anders, wenn er sich in Lebensgefahr befinde. Regeln dafür gebe es nicht, so eine Kommissarin.

CDU fordert Elektroschockwaffen für Polizisten

Unklar ist allerdings, weshalb bei solch einem aggressiven und bewaffneten Mann nicht das für solche Zwecke ausgebildete Spezialeinsatzkommando (SEK) gerufen worden ist. Oder weshalb das SEK nicht eingriff, sollte es alarmiert worden sein. Zeugen wollen Beamte dieser Einheit gesehen haben. Die Polizei äußerte sich bislang dazu nicht.

Auch die Politiker wollen mehr wissen über die genauen Abläufe dieses Polizeieinsatzes. „Es muss geklärt werden, ob das Abgeben von acht Schüssen noch zu einem besonnen Einsatz gehört“, sagte Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Die CDU hatte bereits wiederholt vorgeschlagen, Polizisten für solcherlei Einsätze mit Elektroschockwaffen auszustatten. Mit diesem sogenannten Taser können Drähte mit elektrischen Impulsen auf den Körper eines Aggressors abgeschossen werden. Durch Stromschläge wird jener dann ruhig gestellt. Bisher ist nur das SEK damit ausgestattet. „Wir sind beim Einsatz von Tasern zurückhaltend“, sagte SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam. Auch beim SEK habe es damit Probleme gegeben. In Kanada und USA starben bereits Menschen nach einem Taser-Einsatz.