Gehören Sie zu den zig Millionen Nutzern, die meinen, sie könnten nicht mehr ohne Facebook leben? Wenn Ihnen in einer hochtechnisierten Gesellschaft, in der die Rund-um-die-Uhr-Beobachtung - vor allem online - praktisch Realität ist, an der Wahrung Ihrer Privatsphäre gelegen ist, dann sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, ob Ihnen die Plattform wirklich so wichtig ist.
Laut einem neueren Bericht der Website
Atlantic Wire hat
Facebook ein Partnerschaftsabkommen mit der Firma
Datalogix vereinbart, um Werbeanbietern mehr Informationen über Effektivität und Einfluss ihrer Anzeigen zu geben.
Nach Angaben der Firmenwebsite hilft
Datalogix Unternehmen bei der Vermarktung ihrer Produkte im Internet, durch direkte Mails und über mobile Geräte. Wie Emily Steel und April Dembosky von der
Financial Times schreiben, kann
Datalogix »nachverfolgen, ob Nutzer, die Anzeigen auf der Social-Networking-Seite sehen, die beworbenen Produkte tatsächlich im Laden kaufen.«
Werbeanbieter beschweren sich,
Facebook - das seit dem Börsengang im vergangenen Sommer fast die Hälfte seines Werts eingebüßt hat - gebe ihnen nicht die Chance, zu erkennen, ob sich ihre Anzeigen tatsächlich in Verkäufen niederschlügen, deshalb die neue Partnerschaft mit
Datalogix.
Doch die reibt sich mit der Privatsphäre.
Erinnern Sie sich noch an DoubleClick? Die wollten das auch versuchen...Durch die Partnerschaft sollen die Informationen über rund 70 Millionen Haushalte, über die
Datalogix verfügt, mit den
Facebook-Profilen verknüpft werden, so dass »erkennbar ist, ob sich die Anzeigen auf das Kaufverhalten auswirken und den werbenden Firmen mitgeteilt werden kann, ob ihre Anzeigen Wirkung zeigen«, schreibt Rebecca Greenfield von
Atlantic Wire, die darauf hinweist, dass sich
Facebook bislang darauf beschränkt, »mit seinen allgegenwärtigen ›Gefällt mir‹-Buttons das Verhalten im Internet (ob auf
Facebook oder außerhalb) zu beobachten«. Durch den Zusammenschluss mit
Datalogix kommt das soziale Netzwerk seinem Versprechen nach, sich mehr auf persönliche Daten zu konzentrieren, was auch die Beobachtung des Verhaltens außerhalb des Internets mit einschließt.
Woher kommen alle diese Verbraucherinformationen?Nach Auskunft der Datenfirma erhält sie Informationen von Einzelhändlern wie Lebensmittelgeschäften oder - schon unangenehmer - Drug Stores, die Kundenbindungsprogramme einsetzen, um jede Menge wertvoller und unglaublich persönlicher Daten über die Kaufgewohnheiten ihrer Kunden zu sammeln.
Datalogix veröffentlicht auf seiner Website die Namen seiner Partner nicht - ein weiteres Warnzeichen - , aber offenbar arbeitet das Unternehmen mit dem ExtraCare-Programm der amerikanischen Drug-Store-Kette
CVS zusammen, wie eine
Google-Suche ergibt.
Laut
Financial Times funktioniert es so: Nach dem Abgleich von E-Mail-Adressen und anderen Kennungen zwischen der
Datalogix-Datenbank und
Facebook-Accounts nutzt
Facebook Datalogix, um für Werbeanbieter Berichte zu erstellen, wer gegebenenfalls mehr von ihren Waren kauft, nachdem Anzeigen auf der Seite erschienen waren.
»Aber durch diesen Abgleich Ihres
Facebook-Profils mit Ihrer
CVS-Rechnung kann
Facebook intimste Details über Sie erfahren (Sie kaufen aber viel Fußballen-Salbe!), es gibt erhebliche Bedenken über den Datenschutz«, schreibt Greenfield.
Als die Online-Werbefirma
DoubleClick im Jahr 2000 einen ähnlichen Datenverbund vorschlug, gab es Einwände von Kunden und Datenschützern, so dass sich der Firmenchef Kevin O’Connor gezwungen sah, die Sache nicht weiter zu betreiben.
Sie können »sich abmelden« - wenn Sie den Link findenBerichten zufolge bietet
Facebook einen bestimmten Datenschutz an, um ähnlichen Reaktionen der Verbraucher zu begegnen. Dazu gehört die Möglichkeit, jedes Nutzerprofil zu anonymisieren und statt des tatsächlichen Namens bei jedem
Facebook-Account ein Rautenzeichen zu verwenden. Außerdem erlaubt es die Seite, nicht mitzumachen - bis zu einem gewissen Grade.
»Auf der
Facebook-Seite gibt es keine Möglichkeit, sich dagegen zu entscheiden«, sagt Greenfield. Dazu müssen die Nutzer auf die Webseite von
Datalogix gehen, von der die meisten wahrscheinlich noch nie gehört haben, um sich von der Beobachtung abzumelden.
Facebook rechtfertigt sich mit der Behauptung, die Partnerschaft bedeute keinen Verstoß gegen die Bestimmungen der
Federal Trade Commission, schließlich gebe es in der Hilfe-Sektion der Seite einen Link, über den man sich abmelden könne - und den man natürlich erst nach langem Suchen findet.
In ihrem
Atlantic-Wire-Beitrag beschreibt Greenfield die einzelnen Klicks, die die meisten
Facebook-Nutzer wahrscheinlich niemals finden würden. Aber sie hat sie gefunden, hier sind sie: Wenn Sie bei dem sozialen Netzwerk bleiben, aber nicht beobachtet werden möchten, können Sie auf
diese Seite gehen, auf der Sie ungefähr in der Mitte unter der Zwischenüberschrift »Choice« den »Click here«-Link anklicken können, um sich abzumelden - und dann darauf vertrauen, dass Sie tatsächlich nicht beobachtet werden.
Quellen:TheAtlanticWiredatalogixMediaweekTheAtlanticWireCnet
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