Wie genau der Mond entstand, war Astronomen bislang ein Rätsel. Zwei neue Studien zeigen: Der Mond ist das Ergebnis eines gigantischen Planeten-Crashs.

Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren herrschte ein großes Chaos in unserem Sonnensystem. Abermillionen Felsbrocken kreisten um die Sonne, kollidierten miteinander und formten so die ersten Planeten. Auch Erde und Mond entstanden bei einem dieser gigantischen Crashs. Wie genau sich dieser Zusammenprall abgespielt hat, ist Astronomen bis heute ein Rätsel. Einer beliebten Theorie zufolge stieß der Vorläuferplanet der Erde mit einem kleineren Planet namens Theia zusammen. Die Erde schluckte Theia dabei fast komplett. Nur Trümmer blieben von dem Zusammenprall übrig - sie verklumpten und formten schließlich den Mond.

Der Haken an diesem Szenario: Wäre der Mond so entstanden, müsste er Theia wesentlich ähnlicher sein als der Erde. Das legen zumindest alle bisherigen Computersimulationen nahe. Mond und Erde unterscheiden sich geologisch allerdings kaum. Das Mondgestein, das Neil Armstrong von der ersten Apollo-Mission mitbrachte, hatte verblüffende Ähnlichkeit mit dem Material, aus dem unsere Erde besteht.

Eine Erklärung für die chemische Ähnlichkeit könnten Modellberechnungen der Astronominnen Matija Cuk und Sarah Stewart von der Harvard-Universität in Boston liefern: Sie vermuten, dass sich die Erde vor vier Milliarden Jahren viel schneller gedreht hat als heute. Nur zwei bis drei Stunden dauerte ein Tag damals, schreiben die Forscher im Wissenschaftsmagazin Science. Theia prallte also mit einer stark rotierenden Urerde zusammen und schlug auf diese Weise enorme Felsmassen aus dem Erdmantel. Diese wurden ins All geschleudert - und aus einem Teil davon bildete sich der Mond.

Ein anderes Szenario entwarf der Astronom Robin Canup vom Southwest Research Institute in Boulder, der seine Ergebnisse ebenfalls in Science veröffentlichte. Canup geht davon aus, dass Theia nicht kleiner war als die Urerde, sondern etwa genauso groß. Zwei gleichgroße Planeten kollidieren wesentlich heftiger miteinander als zwei Planeten unterschiedlicher Größe. Bei einem Zusammenprall dieser Stärke werden die Trümmer beider Himmelskörper kräftig durchgemischt. Mond und Erde wären demnach eine Mischung aus beiden Planeten.

Gezeitenkräfte bremsten Erde ab

Doch auch diese beiden Theorien werfen Fragen auf. Denn in beiden Fällen müsste sich unsere Erde heute etwa doppelt so schnell drehen, wie wir es erleben. Was also hat unsere Erde auf die heutige Geschwindigkeit gedrosselt? Cuk und Stewart nehmen an, dass ein Zusammenspiel aus den Anziehungskräften zwischen Sonne, Mond und Erde die Erde gebremst hat. Dem Modell der Forscher zufolge führten diese Gezeitenkräfte dazu, dass die Erde einen Teil ihres Drehimpulses an den frisch geformten Mond und die Sonne verlor.

Dass Planeten einander abbremsen, ist nicht neu. Noch heute verlangsamt der Mond die Erde. Jedes Jahr werden die Tage um wenige Millisekunden länger. Stehenbleiben wird sie so bald aber nicht: Die Gezeitenkräfte wirken über Milliarden von Jahren. Nicht gerade beruhigend: Bevor der irdische Stillstand eintreten kann, wird wohl die Sonne verglühen und mit ihr Erde und Mond verdampfen.