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© ReutersIn der griechischen Hauptstadt Athen ist es erneut zu Ausschreitungen gekommen.
Beim Generalstreik in Griechenland ließen gewalttätige Demonstranten ihrer Wut freien Lauf. Ein 67-Jähriger stirbt. Doch das ist wohl nur ein Vorgeschmack dessen, was dem Land noch drohen könnte.

Zum 20. Mal innerhalb von zwei Jahren hatten Griechenlands Gewerkschaften zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen, um gegen die Sparpolitik des bankrotten Landes zu protestieren.

Es war wie zumeist ein Streik, der kalkuliert war, das Gesicht der Gewerkschaften zu wahren, ohne eine echte Kraftprobe zu wagen - ein Nadelstich, begrenzt auf einen Tag, befolgt von bei Weitem nicht dem ganzen Land.

Zum Streik aufgerufen waren die Beschäftigen des privaten und staatlichen Sektors, vom Einzelhandel über das Gesundheitswesen bis hin zum öffentlichen Verkehr.

Auch Taxifahrer und Fluglotsen streikten. Zugleich demonstrierten nach Polizeiangaben allein vom kommunistischen Gewerkschaftsbund PAME rund 22.000 Menschen in Athens Innenstadt, und ebenso viele von den übrigen Organisationen - insgesamt rund 45.000 Menschen. Der TV-Sender skai-tv schätzte die Menge auf mehr als 50.000.

Angst vor Gewalt und Brandbomben

Dass sich freilich nicht jeder vom Streikaufruf angesprochen fühlte, wurde schon dadurch offenbar, dass entlang des Demonstrationszuges zum Parlament viele der Läden offen geblieben waren.

Die Besitzer wurden von den Demonstranten angebrüllt, sie sollten gefälligst ihre Türen schließen, und schon aus Angst vor Gewalt sowie Brandbomben zogen es zumindest im Stadtzentrum denn auch viele Geschäfte vor, Fenster und Türen zu verrammeln.

Die Angst war berechtigt - wie so oft flogen Molotowcocktails und Steine. Insgesamt wurden fünf Menschen bei den gewaltsamen Ausschreitungen verletzt, die kurz nach 13 Uhr Ortszeit begannen und bis fast 15 Uhr andauerten. Ein 67-jähriger Mann starb, offenbar an einem Herzinfarkt - möglicherweise, so heißt es in ersten Spekulationen, ausgelöst durch das Tränengas der Polizei.

"Das wird das Land zerreißen"

Einer der Demonstranten, der seinen Namen mit "Dimitris" angab, sagte, man habe keine andere Wahl mehr als "massive Demonstrationen", um einen endgültigen Niedergang des Landes zu verhindern: "Sie stürzen uns ins Elend, und das Ergebnis ist nicht nur Hunger und Not, sondern auch politischer Extremismus. Das wird das Land zerreißen."

Die Regierung steht angesichts der Proteste unter enormem Druck - und hatte vielleicht gerade deswegen die Verhandlungen mit der Troika aus Vertretern von EU, EZB und IWF abgebrochen, da sie sich nicht auf eine Halbierung von Kündigungsfristen und Abfindungen sowie eine Abschaffung automatischer Lohnerhöhungen einlassen wollte.

Genauer gesagt, die beiden Linksparteien innerhalb der Koalition, Pasok und die kleine Dimar, stehen vor existenziellen Problemen, wenn sie als "weich" gegenüber der Troika erscheinen. Insofern waren es Dimar und Pasok gewesen, die eine Einigung zu diesen Punkten verweigert hatten.

Syriza-Chef: Regierung wird 2012 nicht überleben

Dass ihnen das kaum helfen wird, zeigte sich, als ein Dimar-Abgeordneter sich den Demonstranten anschließen wollte. Er wurde wüst beschimpft und trollte sich bedrückt von dannen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese internen Spannungen in der Koalition ihren Zusammenhalt gefährden.

Die jetzigen Proteste sind nur ein Auftakt. Richtig ernst wird es wohl erst werden, wenn die Regierung demnächst das neue, noch nicht ganz festgezurrte Sparpaket - wenn es denn in Brüssel abgesegnet wird - durchs Parlament bringen muss.

Das wird dann der Moment sein, in dem die größte Oppositionspartei Syriza zeigen wollen wird, wer die Straßen Athens beherrscht und die Unterstützung des Volkes genießt. Syriza-Chef Alexis Tsipras hat wiederholt erklärt, die Regierung werde dieses Jahr nicht überleben.

Davon abgesehen haben die Gewerkschaften für den 14. November eine "Generalmobilmachung" angekündigt.