Während die Theorie, nach der unser Mond durch einen Zusammenstoß eines etwa marsgroßen Himmelskörpers, der als "Theia" bezeichnet wird, mit der noch jungen Erde entstand, als die am meisten anerkannte gilt, konnte sie bislang nicht erklären, warum der Mond nahezu ausschließlich aus erdähnlichem Material und nicht aus einer Vermischung von Einschlagstrümmern aus Erde und Theia oder sogar gänzlich aus Theias Überresten besteht. Neue Computerberechnungen in der die junge Erde deutlich schneller rotiert als bislang gedacht, können das bisherige Dilemma nun lösen. Zugleich wollen Forscher eindeutige Beweise für die Einschlagstheorie im Allgemeinen gefunden haben.
Planten, Kollision
© NASA/JPL-Caltech Kollision zweier protoplanetarer Körper im noch jungen Sonnensystem (Illu.).
Washington (USA) - Untersuchungen von Mondgestein belegen, dass das Verhältnis der Sauerstoff-Isotope von Erde und Mond nahezu identisch sind, während sie sich von jenen in Meteoriten vom Mars oder Asteroiden deutlich unterscheiden. Vor diesem Hintergrund ist auch davon auszugehen, dass sich eigentlich auch Theias Sauerstoff-Isotopenverhältnis von dem der Erde unterscheiden sollte. Spuren davon sind jedoch in Proben vom Mond nicht zu finden. Doch wie erhält man nun einen Mond, dessen Sauerstoff-Isotopen-Zusammensetzung mit jener der Erde übereinstimmt?

Während frühere Modelle aufgrund der immer noch anhaltenden Fortbewegung des Mondes von der Erde davon ausgingen, dass sich die junge Erde kurz nach dem Einschlag einmal alle fünf Stunden um die eigenen Achse drehte, schlagen Dr. Matija Cuk vom SETI Institute in Mountain View und Professor Sarah Stewart von der Harvard University in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science nun einen neuen Mechanismus für die seitherige Verlangsamung der Erdrotation vor. Dieser Bremsmechanismus basiert auf Gezeitenkräften der Sonne auf den Mond, die es wiederum dem Mond erlauben, der Erde Drehmoment regelrecht zu "stehlen" und so diese deutlich stärker abzubremsen. Auf dieser Grundlage wird nun auch eine vollständige Rotation der Erde kurz vor dem Einschlag von nur 2,5 Stunden möglich, die dennoch zum heutigen 24-stündigen Tag führt.

Basierend auf diesen Modellen haben Wissenschaftler um Robin Canup vom Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder im US-Bundesstaat Colorado, ein Kollisionsmodell am Computer durchgespielt und dies ebenfalls aktuell in Science veröffentlicht.

In ihrem Modell ließen die Forscher zwei Protoplaneten mit jeweils 45 und 55 Prozent der heutigen Erdmasse zusammenprallen. Die bei diesem Vorgang freigesetzte Energie lässt beide jungen Planeten aufschmelzen und größtenteils zu einem zentralen Planeten verschmelzen, der von einer Scheibe aus Restmaterial des Zusammenstoßes umgeben wird, die sich jedoch binnen 100 Jahren zum Mond zusammenballen.
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© swri.orgIm Modell des SwRI lassen zwei etwa gleichgroße protoplanetare Körper einen zentralen Planeten und eine protolunare Scheibe mit dem Inhalt dreier Mondmassen entstehen (HIER finden Sie eine vergrößerte Darstellung).
Das Ergebnis dieses Modells sind also zwei Objekte (Ein Planet und ein Trabant), die aufgrund einer nahezu vollständigen Vermischung des geschmolzenen Gesteins die gleiche Zusammensetzung aufweisen und zudem eine junge Erde entstehen lassen, die sich vergleichsweise kurz nach dem Einschlag einmal in 2,5 Stunden um die eigene Achse dreht.

Aber auch Cuk und Stewart präsentieren ein eigenes Modell: Dieses geht davon aus, dass ein Tag auf der jungen Erde schon vor dem Einschlag nur 2,5 Stunden dauerte und der einschlagende Körper (Theia) deutlich kleiner aber schneller war als dies bislang für möglich gehalten wurde, wenn aus dem Zusammenstoß der heutige Mond hervorgehen sollte. Auch das Ergebnis dieses Szenarios ist eine noch junge Erde und ein sich aus einer Trümmerscheibe zusammenballender Mond, die beide zu 90 Prozent aus Material der getroffenen Erde und nur zu 10 Prozent aus dem Impaktor (Theia) bestünden.

Simulation (Cuk und Stewart) der Entstehung einer Proto-Erde mit protolunarer Scheibe durch eine bereits schneller rotierende Proto-Erde, die von einem schnellen und kleineren Impaktor getroffen wird
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Für das Forscherduo ist letzteres Modell jedoch das wahrscheinlichere da es sehr viel einfacher sei, von einem kleinren Impaktor auszugehen, da von derartigen Körpern viel mehr existieren. Doch auch Canup verweist darauf, dass die Wahrscheinlichkeit, dass zwei etwa gleich große Körper einander getroffen haben, bei 1 zu 5 liege und somit nicht sonderlich unvorstellbar sei.

Zugleich mit den Simulationsergebnissen von Cuk, Steward und Canup haben auch Wissenschaftler um Frédéric Moynier von der Washington University in St. Louis eine Studie vorgelegt, mit der sie glauben, die Einschlagstheorie als Erklärung für Entstehung des Erde-Mond-Systems zweifelsfrei beweisen zu können.

Grundlage dieser Arbeit ist eine Analyse von Mondgestein, wie es entweder durch die Apollo-Missionen oder durch Meteoriten vom Mond zur Erde gelangte. Wie das Team um Moynier im Fachmagazin Nature berichtet, geht aus diesen Analysen ein winziger Mehrgehalt einer schweren Variante des Zink-Elements (Zink-66) im Mondgestein hervor. Während also ein etwa marsgroßer Planet Theia im Modell der Forscher um Moyniers beim Zusammenstoß mit der jungen Erde verdampfte und ein Teil der Erde ins All gerissen wurde, sorgte die Schwerkraft dafür, dass die leichtere Zinkvariante (Zink-64) mit ins All entkam, während Zink-66 sich im entstehenden Mond fand - so wie sich dies auch heute noch aus den Mondproben ablesen lasse.

Quellen: swri.org, science.com, wustl.edu, ucsd.edu