Der wiedergewählte amerikanische Präsident Barack Obama war am vergangenen Dienstag nicht der einzige Gewinner: Der Biotech-Konzern Monsanto und der milliardenschwere Wirtschaftszweig hinter gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln konnten in Kalifornien verhindern, dass die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen, über die auf dem Wahlzettel auch abgestimmt wurde, durchgesetzt wurde.
Genfood
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Die landesweite Initiative »Proposition 37«, die darauf abzielte, die Verbraucher über eine Kennzeichnungspflicht über den umstrittenen, aber wachsenden Einsatz gentechnisch veränderter Organismen (GVO) durch die Nahrungsmittelindustrie zu informieren, wurde aber mit 53 zu 47 Prozent der Stimmen abgelehnt; so der Stand nach Auszählung fast aller Stimmen am Mittwochmorgen.

Wäre Proposition 37 angenommen worden, hätte auf allen Lebensmitteln mit gentechnisch veränderten Bestandteilen dieser Umstand verpflichtend deutlich sichtbar kenntlich gemacht werden müssen. Damit hätten dann ab spätestens 2014 auf der übergroßen Mehrzahl der Verpackungen der industriell erzeugten Nahrungsmittel Hinweise wie »teilweise mit gentechnischen Methoden hergestellt« oder »wurde möglicherweise mit gentechnischen Methoden hergestellt« angebracht werden müssen. Zusätzlich hätte der Hinweis »gentechnisch verändert« auf der Verpackung stehen müssen.

Das Unternehmen Monsanto mit Sitz im amerikanischen Bundesstaat Missouri gehört zu den weltweit führenden landwirtschaftlichen Biotech-Unternehmen und zu den vehementesten Verfechtern des Einsatzes der Gentechnik. Monsanto stellte Millionen von Dollar für Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit zur Verfügung, um die Abstimmung in seinem Sinne zu beeinflussen - und viele Beobachter und Beteiligte erklären, dieses Manöver habe den Ausgang der Abstimmung maßgeblich geprägt.

Die Kampagne zur Ablehnung der Kennzeichnungspflicht nannte sich »Vote No« und wurde mit mindestens 45 Mio. Dollar an Spendengeldern unterstützt. Diese Gelder stammten von den größten Konzernen der Branche, die fürchteten, eine Kennzeichnungspflicht würde den Absatz ihrer Produkte schmälern und die Verbraucher vom Kauf ihrer Produkte mit derartigen Warnhinweisen zu gentechnisch veränderten Bestandteilen abhalten. Bisher liegen zwar noch keine eindeutigen Beweise dafür vor, dass GVO der Gesundheit von Menschen unmittelbar abträglich sind, aber die noch relativ junge Gentechnik hat unter Aktivisten, Wissenschaftlern und Landwirtschaftsexperten, die der Ansicht sind, die Unbedenklichkeit dieser Produkte sei noch nicht ausreichend und überzeugend nachgewiesen, weitverbreitete Kritik ausgelöst.

Aber trotz zahlreicher Aktivitäten zur Mobilisierung der Öffentlichkeit gelang es den Basis- und Bürgerinitiativen der Befürworter der Kennzeichnungspflicht, die nur über einen Etat von acht Mio. Dollar verfügten, nicht, sich gegenüber den finanziell gut ausgestatteten Gegnern von Proposition 37 durchzusetzen.

Monsanto gehörte mit Zuwendungen in Höhe von acht Mio. Dollar zu den größten Unterstützern der »Vote No«-Initiative. Zu weiteren Geldgebern gehörten Branchenriesen wie DuPont, PepsiCo, Bayer, Dow und Sygenta, die jeweils zwei Mio. Dollar beisteuerten.

Noch wenige Wochen vor der Abstimmung am 6. November war die Zustimmung zur Kennzeichnungspflicht überraschend deutlich. Am 27. September bezifferte eine Umfrage, die von California Business Roundtable und der Universität Pepperdine durchgeführt wurde, die Zustimmung zu Proposition 37 mit 66,9 Prozent. Unmittelbar nach Bekanntgabe dieser Umfragewerte startete »Vote No« eine landesweite aufwendige Anzeigenkampagne und ließ zahlreiche Werbesendungen ausstrahlen, in denen zur Ablehnung der Kennzeichnungspflicht aufgerufen wurde.

»Ihre hoffnungslose Situation hat sie offensichtlich zu verzweifelten Maßnahmen greifen lassen«, erklärte Kathy Fairbanks, eine Sprecherin der Initiative »No to 37« im Oktober gegenüber dem in Santa Cruz erscheinenden Sentinel. Und an anderer Stelle sagte sie, eine erzwungene Kennzeichnungspflicht sei »antiwissenschaftlich« und würde dazu führen, dass Millionen von Dollar für Gerichtsverfahren verschwendet werden müssten. Zudem müssten die Verbraucher mit einem Anstieg der Lebensmittelpreise rechnen, sollte das Gesetz verabschiedet werden.

Die Befürworter der Kennzeichnungspflicht argumentierten demgegenüber, es gehe hier weniger um eine wissenschaftliche Kontroverse, sondern um den Kampf für die Unbedenklichkeit von Lebensmitteln. »Gentechnisch veränderte Lebensmittel, wie man sie in den Regalen der Händler findet, wurden in aller Regel in einem Labor so verändert, dass sie auch gegen große Mengen giftiger Herbizide resistent sind oder aber eigene Insektizide produzieren«, erläuterte Mark A. Kastel vom Cornucopia-Institut in dieser Woche. »Die Unternehmen, die sowohl die gentechnisch veränderten Pflanzen als auch die speziell auf diese abgestimmten Pflanzenschutzmittel herstellen, wehren sich Hand in Hand mit den milliardenschweren Unternehmen der Lebensmittelbranche, die diese gentechnisch veränderten Bestandteile in ihren Erzeugnissen verwenden, mit allen Mitteln gegen eine Kennzeichnungspflicht. Sie setzen 46 Mio. Dollar ein, um zu verhindern, dass Nahrungsmittelhersteller auf ihren Verpackungen auf die gentechnisch veränderten Bestandteile hinweisen müssen.« Alexandra Le Tellier von der Los Angeles Times versuchte diese Argumente mit der Frage zu entkräften: »Wenn es doch um die Pestizide geht, warum fordert Proposition 37 dann nicht deren Kennzeichnungspflicht?«

Am Mittwochmorgen feierte Fairbanks den Sieg der aufwendigen und kostspieligen Kampagne und erklärte, ihrer Meinung nach hätten die teuren Anzeigen, in denen die Wähler zur Ablehnung der Kennzeichnungspflicht aufgerufen wurden, beim Ausgang der Abstimmung den Ausschlag gegeben. »Wir haben von Anfang an darauf gesagt, je mehr die Wähler über Proposition 37 erführen, desto geringer fiele letztlich die Zustimmung aus«, kommentierte sie das Abstimmungsergebnis. »Wir wussten, dass sie drohenden Gerichtsverfahren, einer ausufernden Bürokratie, höheren Preisen, Schlupflöchern und Ausnahmeregelungen kritisch gegenüberstanden. Und so war es dann auch.«

Der Geschäftsführer von Lundberg Family Farms, Grant Lundberg, der auch im Vorstand der Initiative California Right to Know sitzt, erklärte, unabhängig vom Ausgang der Abstimmung sei es doch gelungen, auf die Problematik hinzuweisen: »Wie auch immer das Ergebnis letztlich aussieht, wir haben auf ein sehr schwerwiegendes Problem aufmerksam gemacht.«