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Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich fünf Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Um die gesundheitlichen Schäden in Grenzen zu halten, diskutieren Forscher nun die Einführung einer Chipkarte für Raucher. Auch das Handy könnte bei der Entwöhnung helfen.

"Mit dem Rauchen aufzuhören, ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft." Was Mark Twain wusste, ist auch Wissenschaftlern nur allzu geläufig. Auf das Rauchen zu verzichten, mag zuweilen nicht besonders schwierig sein. Es endgültig aufzugeben indes schon. "Die Zigarette ist ein außergewöhnlich gefährliches Produkt", schreibt Simon Chapman in der aktuellen Ausgabe von PLoS Medicine. "Keine andere Ware oder Verhaltensweise ist für eine so große Zahl jährlicher Todesfälle verantwortlich."

Und weil die Dimension des Problems eine ungewöhnliche ist, schlägt der Soziologe von der University of Sydney eine ungewöhnliche Maßnahme vor: die Lizenz zum Rauchen.

Kostenpflichtige Chipkarte

Chapman plädiert in seinem Artikel für die Einführung einer Chipkarte, die man beim Kauf von Tabak und Zigaretten vorweisen müsste. Damit verbunden wären einige, wie es so schön heißt, "Lenkungsmaßnahmen". Ginge es nach Chapman, müssten Raucher vor dem Erwerb der Karte unter Beweis stellen, dass sie sich der gesundheitlichen Risiken ihrer Sucht bewusst sind. Und sie müssten in Zukunft für diese Karte bezahlen, wobei der Preis von der Zahl der konsumierten Zigaretten abhängig wäre.

Dass der Dreh an der Kostenschraube ein effektives Mittel wäre, schreibt auch die Asiatische Entwicklungsbank in einem aktuellen Bericht. Sie rechnet vor: Wären Zigaretten in fünf asiatischen Ländern doppelt so teuer, könnte das 55 Millionen Menschenleben retten. China, Indien, die Philippinen, Thailand und Vietnam gehören demnach zu den Ländern mit den meisten Rauchern auf der Welt. 402 Millionen sind es allein in diesen fünf Staaten.

Entzug à la Orwell?

"Kritiker meiner Idee werden vermutlich antworten, dass Sozialingenieure bald in Orwell'scher Manier auch nach Lizenzen für den Konsum von Alkohol und Junk Food rufen werden", schreibt Chapman in seinem Artikel. "Doch dieses Argument unterschätzt die gesundheitlichen Risiken des Rauchens. Ihre Größenordnung ist mit nichts anderem zu vergleichen."

Einer dieser Kritiker ist Jeff Collin von der University of Edinburgh. Er entgegnet im Fachblatt PLoS Medicine: "Der autoritäre Beigeschmack einer Raucherlizenz würde unweigerlich große Widerstände hervorrufen. In Großbritannien sind etwa mehrere Regierungen selbst an der Einführung von Personalausweisen gescheitert." Er argumentiert, dass eine solche Lizenz Raucher stigmatisieren und außerdem von der eigentlichen Ursache der Raucherepidemie ablenken würde. Die verortet Collin in der Tabakindustrie, nicht bei den Konsumenten.

Sein Resümee: "Wenn wir uns in Richtung einer tabakfreien Gesellschaft bewegen wollen, müssen wir Gleichheit und Gerechtigkeit fördern und die sozialen Hintergründe der Gesundheit berücksichtigen. Der Ruf nach einer Raucherlizenz wird dieser Herausforderung nicht gerecht: Er ist abzulehnen."

Hilfe per SMS

Derweil Experten über richtige Balance zwischen Vorbeugung und Bevormundung diskutieren, empfiehlt die Cochrane Collaboration nun eine vergleichsweise sanfte Intervention. Wie eine Überblicksstudie zeigt, erhöhen regelmäßige SMS-Botschaften motivierenden Inhalts die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Entzugs.

In Zahlen: Mit Telefonunterstützung erhöht sich der Anteil gelungener Versuche (Zeithorizont mindestens sechs Monate) von fünf auf bis zu zehn Prozent. Immerhin ein paar Mark Twains weniger.

Robert Czepel, science.ORF.at

"The Case for a Smoker's License", PLoS Medicine (14.11.2012; doi: 10.1371/journal.pmed.1001342).

"The Case against a Smoker's License", PLoS Medicine (14.11.2012; doi: 10.1371/journal.pmed.1001343).