Während das Hochwasser in der Toskana, Rom und Umbrien zurückgeht, rüstet sich der Süden für Regen und Gewitter.

Rom - Die dicke weiße Wolke auf dem Satellitenbild zeigt es eindeutig: Mittelitalien, das am vergangenen Wochenende von heftigen Unwettern überrascht wurde, hat das Schlimmste überstanden. Noch stehen zwar Teile der Toskana, Umbriens und Roms unter Wasser.

Die neue Warnung aber, die die Abteilung für Zivilschutz am Donnerstag herausgab, gilt allein dem Süden: Vor allem die "Stiefelprovinzen" Kalabrien und Apulien und die Insel Sizilien müssen sich gegen starke Gewitter und Windböen wappnen.

In der Toskana und Umbrien hingegen normalisiert sich die Lage langsam. Seit drei Tagen hat es nicht mehr geregnet, bei Sonnenschein räumten Helfer Schutt und Schlamm weg. In den meisten Gegenden haben die Bewohner wieder Strom. 150 Techniker des Stromkonzerns Enel waren in den vergangenen Tagen im Einsatz, um Hunderte Häuser wieder ans Netz zu bringen.

Ein Teil der wichtigsten Autobahn des Landes, der A1 von Rom nach Mailand, wurde wieder für den Verkehr geöffnet. In der Lagunenstadt Venedig, in der Touristen zu Wochenbeginn auf dem Markusplatz noch knietief im Wasser standen, geht die Überschwemmung langsam zurück.

Auch die Einwohner Roms atmen auf: Der Pegelstand des Tibers sank um 25 Zentimeter, nachdem er am Mittwoch die kritische Marke von 13,49 Meter erreicht hatte. "Das war der höchste Stand seit 50 Jahren", sagte Roms Bürgermeister Gianni Alemanno. Am nördlichen Stadtrand hatte der Fluss Sportstätten, Ruderanlagen und Felder überschwemmt und selbst verankerte Restaurantschiffe mitgerissen.

Immer noch können Busse auf einigen Linien nicht fahren, weil das Wasser über Straßen und durch Unterführungen schwappt. Das historische Zentrum der Stadt ist nicht betroffen: Die hohen römischen Mauern schützten die Innenstadt vor der reißenden Flut.

Durch die Unwetter starben bisher vier Menschen, Tausende mussten ihre Häuser verlassen. "In 48 Stunden ist in den Regionen Toskana, Umbrien und Latium so viel Regen wie durchschnittlich in sechs Monaten gefallen", sagte der Meteorologe Simone Abelli. Der Schaden, den vor allem die Überschwemmungen angerichtet haben, ist noch nicht zu beziffern.

Etwa 4000 Betriebe von der Toskana bis Rom stehen unter Wasser, schätzt der Landwirtschaftsverband Coldiretti. Schlimm sieht es auch in der Provinz Grosseto aus, in der von 1500 landwirtschaftlichen Unternehmen etwa 150 irreparabel beschädigt sind.

Die Überschwemmungen haben heftige Diskussionen darüber ausgelöst, wie derartige Katastrophen in Zukunft verhindert werden können. Rund 6600 Gemeinden in Italien seien Risikozonen für Erdrutsche und Überschwemmungen, sagt der Geologe Marco Tozzi. "Jedes Jahr werden in Italien weitere 500 Quadratkilometer verbaut oder versiegelt. Die vielen Waldbrände und die Verbauung der Flussbetten erhöhen die Gefahr dramatisch."

In den vergangenen sechs Jahren wurden in Italien 120 größere Erdrutsche und Überschwemmungen mit über 200 Toten verzeichnet. Für die jüngste Katastrophe machen Meteorologen den Klimawandel und die zunehmende Erwärmung des Mittelmeers verantwortlich.

Umweltminister Corrado Clini forderte erneut ein besseres Vorsorgemanagement gegen Naturkatastrophen. "Wir müssen zum Beispiel unsere Kanalisation an die Wettersituation anpassen und die Flussbetten neu gestalten", sagte er. Das alles jedoch könnte nach seinen Schätzungen etwa 15 Jahre dauern - und würde rund 40 Milliarden Euro kosten.