Vor einem US-Gericht Der brasilianische Archäologe Dr. Jaime Awe, Direktor des Archäologischen Instituts von Belize fordert die Rückgabe des wohl berühmtesten und am aufwendigsten gestalteten Kristallschädels, dem sogenannten Mitchell-Hedges-Schädel. Vor rund 88 Jahren sei dieser illegal aus Belize entfernt worden. Zudem hat Awe die Produktionsfirma des Kinofilms "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" auf Entschädigung verklagt.
Mitchell-Hedges Kristallschädel
Der Mitchell-Hedges Kristallschädel, Fotos aus dem Sothebys-Katalog von 1943
Los Angeles (USA) - Wie das Hollywood-Magazin "The Hollywood Reporter" (hollywoodreporter.com) berichtet, sei die Klage durch einen Anwalt Awes im Namen des Institute of Archaeology des National Institute of Culture and History (NICHE) am vergangenen Mittwoch beim Illinois Federal Court eingereicht worden.

Neben der Rückgabe des Mitchell-Hedges-Schädels fordert Dr. Awe, den das Magazin als "real-life Indiana Jones" beschrieben wird, darin von "Lucasfilm" bzw. deren neuen Besitzer, der "Walt Disney Company" und dem Filmverleih "Paramount Pictures" Schadenersatz, da man den berühmten Kristallschädel unerlaubt als Vorlage für die im Film gezeigten "Kristallschädel" genutzt habe - der Film weltweit hingegen immerhin 785 Millionen Dollar eingespielt hatte.

Laut der vom Hollywood-Reporter veröffentlichten Anklageschrift, bezeichnet Dr. Awe den Mitchell-Hedges-Schädel als Kulturschatz der Maya und seines Landes. Dieser sei in den frühen 1920er Jahren von der Adoptivtochter des Abenteurers, Entdeckers und Kunstsammlers F.A. Mitchell-Hedges angeblich unter einem eingestürzten Altar in Maya-Tempelruinen in Belize, dem damaligen Britisch-Honduras, entdeckt und von ihrem Vater in den Folgejahren illegal in die USA und nach England gebracht worden sein.

"Lucafilm hat sich nie darum bemüht und hat auch nie die Erlaubnis zur Nutzung des Mitchell-Hedges-Schädels als Vorlage für den Film erhalten", so Awe. "Bis heute hat Belize zu keinem Teil von den Einnahmen des Films und der damit verbunden Nutzungsrechte profitiert."

Von der Mitchell-Hedges-Familie, fordert die Klageschrift die Rückgabe des Schädels. Laut dem das archäologische Institut vertretenden Anwalt beanspruche Belize "das Recht, den Titel und das Interesse in und an dem Mitchell-Hedges-Schädel und seiner Abbilder." Heute befindet sich der Kristallschädel im Besitz von Bill Homann, dem diesen von Anna Mitchell-Hedges "vererbt" wurde.

Bislang, so der "Hollywood Reporter", habe sich Paramount noch nicht zu der Klage geäußert.

Hintergrund: Der Mitchell-Hedges-Schädel

Mitchell-Hedges Kristallschädel
© mitchell-hedges.comAktuelles Fotos des Schädels.
Der Mythos um den Schädel beginnt schon bei der Frage über dessen Herkunft. Zum einen soll der 5,3 Kilogramm schwere, lebensgroße und aus einem massiven Kristall geschaffene Schädel 1924 in Lubaantun im heutigen Belize von der damals 17-jährigen Anna Mitchell-Hedges entdeckt worden sein, als diese ihren Adoptivvater zu einer Ausgrabung begleitete. Eine andere Quelle gibt an, dass Mitchell-Hedges den Kristallschädel erst im 1943 bei Sotheby's vom seinem Vorbesitzer Sidney Burney ersteigert haben soll. Mitchell-Hedges selbst, hat sich nie genau über die Herkunft des Schädels geäußert.

Aus der Vielzahl von Kristallschädeln sticht der Mitchell-Hedges Schädel durch seine nahezu perfekte Bearbeitung und einen abnehmbaren Unterkiefer heraus, der allerdings aus dem gleichen Stück Kristall gefertigt wurde, wie der restliche Schädel.

Ebenfalls immer wieder für Aufsehen sorgt eine ganz besondere Eigenschaft des Kristallschädels: Wird er von hinten richtig beleuchtet, bündelt sich das Licht in seinem Innern derart, dass es durch die beiden Augenhöhlen sowie durch ein "drittes Auge" auf der Stirn wieder austritt.

Laut der neuzeitlichen Legende, soll es sich um ein 3.600 Jahre altes Artefakt handeln, mit dem Priester der Maya religiöse Rituale vollzogen haben sollen. Weitere ähnliche Schädel befinden sich u. a. im Besitz des British Museum in London und der Smithsonian Institution in Washington. Elektronenmikroskopischen Untersuchungen des Londoner Schädels förderten Spuren von Schleifrädern zutage - Werkzeuge also, wie sie den amerikanischen Hochkulturen jedoch nach gängiger Lehrmeinung, noch nicht bekannt waren. Offensichtlich, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler, handelt es sich bei dem Londoner Schädel um eine Arbeit aus dem 19. Jahrhundert. Auch der Schädel des Pariser Musée Quai Branly wird nach eingehenden Untersuchungen mittlerweile als "Fälschung" eingestuft, die wahrscheinlich im 19. Jahrhundert im rheinland-pfälzischen Edelstein-Mekka Idar-Oberstein hergestellt wurde, dass zwischen 1867 und 1886 für ähnliche Arbeiten bekannt war (...wir berichteten). Ein eindeutiger Nachweis, dass hier Schädel von der Qualität des Mitchell-Hedges Kristallschädels hergestellt wurden, liegt bislang jedoch noch nicht vor.

Im Zentrum des modernen Kristallschädel-Mythos - auf den sich auch der fiktive Inhalt des Indiana-Jones-Films bezieht - steht die Vorstellung, dass 12 dieser Schädel 12 bewohnte Welten repräsentieren, von welchen die Erde die jüngste sein soll. Die Schädel selbst seien einst von Bewohnern der anderen Planeten auf die Erde gebracht worden. In ihnen sei universelles Wissen gespeichert, dass durch bestimmte Rituale und Praktiken zugänglich gemacht werden könne. Ein dreizehnter und bislang verschollener Schädel, sei hier auf der Erde hergestellt worden und gemeinsam mit den anderen 12 ehemals in einer großen Pyramide in Mittelamerika aufbewahrt worden. In den darauf folgenden Jahrhunderten sei das Wissen um die Schädel mehr und mehr verloren gegangen und die Schädel nach Ausgrabungen im 19. Jahrhundert durch Händler wie Boban in alle Welt verkauft worden. Erst wenn alle Schädel wieder vereint werden, sollen sie - so die Legende, deren Ursprung nicht exakt nachgewiesen werden kann - ihr Wissen wieder preisgeben können.

Für die Verfechter dieser Theorie stehen die bisherigen Untersuchungsergebnisse in keinem Widerspruch zu der mystischen Herkunft der Artefakte. Im Gegenteil: Gerade die Bestätigung, dass die Schädel nicht von den präkolumbianischen Kulturen hergestellt worden sein konnten, weil sie deren technologische Möglichkeiten übersteigen, wird als Hinweis für den über- bzw. außerirdischen Ursprung der Artefakte gedeutet - vorausgesetzt, ihre Herstellung ließe sich genau datieren. Heute befindet sich der Kristallschädel im Besitz von Bill Homann, dem diesen von Anna Mitchell-Hedges "vererbt" wurde und der den Schädel weltweit präsentiert.


Quelle: hollywoodreporter.com, mitchell-hedges.com