Der Geostratege George Friedman hält die Idee einer EU-Armee für ein Fantasie-Gebilde. Die Europäer sind zu zerstritten und wiegen sich in der Illusion, dass es keine Bedrohung gäbe. Eine EU-Armee wäre nur unter deutscher Führung möglich - eine für die anderen Europäer undenkbarer Gedanke. Sollte die EU zerfallen, werden die USA mit einzelnen Nato-Staaten kooperieren.
© dpaNato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: US-Präsident Obama sagte bei seinem letzten Deutschland-Besuch, dass die EU bei den eigenen Rüstungsausgaben etwas selbstgefällig gewesen sei. Er fordert eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets der EU-Staaten. Wie würde sich das auf die Nato auswirken, wenn seinem Wunsch Folge geleistet wird?
George Friedman: Die Nato teilt die Krankheit der EU. Der NATO fehlt es an einem Konsens darüber, was nötig ist. Zudem fehlt es der NATO in der EU und in den USA an der notwendigen Unterstützung oder einer Führungsrolle. Kürzlich hat sie Montenegro erlaubt, dem Bündnis beizutreten. Ich denke nicht, dass sich die Europäer - auch in Bezug auf ihre Mitgliedschaft - über ihre Verpflichtungen im Klaren sind. Die USA hingegen kennen ihre Verpflichtungen. Das ist das fundamentale Problem. Die NATO ist ein Militärbündnis. Viele europäische Länder haben keine wirklichen Armeen. Europa hat 200 Millionen Menschen mehr als die USA und ein größeres BIP. Es sollte eine militärische Kraft haben, die mindestens dem der Amerikaner ebenbürtig ist. Doch das werden die Europäer nicht machen. Deshalb glaube ich, dass die USA überdenken werden, ob die NATO im nationalen Interesse der USA ist. Ich denke, dass die Europäer amerikanische Einmischung in Fragen der europäischen Sicherheit für selbstverständlich halten. Dies ist meiner Meinung nach ein großer Fehler. Die Bereitschaft der USA, die Sicherheit Montenegros ohne gleichwertige Anstrengungen der Europäer zu garantieren, untergräbt die Unterstützung für die Nato in einer dramatischen Art und Weise.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Auf der einen Seite stehen wir vor einer Zersplitterung der EU, aber auf der anderen Seite appellieren Obama und auch einige europäische Politiker an die Einheit in Europa.
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