Die Art und Weise, in der die Regierung auf die Anschläge vom 11. September 2001 reagierte und die nachfolgende Regierung Obama diese Maßnahmen beibehielt, hat die Möglichkeit einer rechenschaftspflichtigen demokratischen Regierungsweise in den Vereinigten Staaten zugrunde gerichtet. In den Händen der Regierung wurde eine derartig unkontrollierte, sich jeder Transparenz und Verantwortung entziehende Machtfülle konzentriert, dass die amerikanische Verfassung praktisch außer Kraft gesetzt wurde.
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Ob nun jemand die offizielle Darstellung der Ereignisse des 11. September 2001, die sich auf unbewiesene Annahmen der Regierung gründet, glaubt oder die dokumentierten Beweise für wahr hält, die von zahlreichen Wissenschaftlern, Ersthelfern vor Ort sowie Bauingenieuren, Statikern und Architekten vorgelegt wurden, das Ergebnis bleibt das gleiche.

Die Anschläge vom 11. September dienten dazu, einen permanenten »Krieg gegen den Terrorismus« auszurufen und polizeistaatliche Verhältnisse zu schaffen. Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass so viele Amerikaner immer noch der Ansicht sind, so etwas »ist hier doch unmöglich«, obwohl es bereits geschehen ist.

In den vergangenen zehn Jahren finden sich viele keineswegs versteckte, sondern offensichtliche Hinweise auf den Aufbau eines Polizeistaats:

  • Der PATRIOT Act [USA PATRIOT Act (Abkürzung für Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001, dt. etwa: »Gesetz zur Stärkung und Einigung Amerikas durch Bereitstellung geeigneter Instrumente, um Terrorismus aufzuhalten und zu behindern«], die illegale Überwachung amerikanischer Staatsbürger unter Verletzung des Foreign Intelligence Surveillance Act [aus dem Jahr 1978, deutsch etwa: »Gesetz zum Abhören in der Auslandsaufklärung«];
  • der Beginn von Angriffskriegen - nach den Nürnberger Statuten ein Kriegsverbrechen - auf der Grundlage absichtlicher Lügen;
  • die Erstellung von alles andere als ergebnisoffenen Rechtsgutachten durch das Justizministerium, in denen die Verstöße der Regierung gegen amerikanische Gesetze und das Völkerrecht gerechtfertigt werden; dies betrifft u.a.:
  • Folter und die unbegrenzte Inhaftierung amerikanischer Staatsbürger, die gegen das von der Verfassung garantierte Habeas-Corpus-Prinzip, das regelt, auf welcher Grundlage und wie lange Menschen verhaftet und festgehalten werden dürfen, und das Grundrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren verstoßen;
  • die Möglichkeit, geheime Beweise vorzulegen und »Expertenzeugen« zu hören, die aber bei Gerichtsverfahren nicht einem Kreuzverhör unterzogen werden dürfen;
  • die Einrichtung von Militärgerichten, um auf diese Weise Verfahren vor ordentlichen Gerichten umgehen zu können; die Vorlage geheimer Rechtsgutachten, die den Präsidenten bevollmächtigen, präemptive Cyberangriffe gegen jedes beliebige Land durchzuführen, ohne Beweise dafür vorlegen zu müssen, dass das betreffende Land tatsächlich eine Gefahr darstellt, und nicht zuletzt die Tötung amerikanischer Staatsbürger durch die Regierung Obama ohne Beweise und ohne rechtsstaatliches Verfahren.
Und als wäre dies alles noch nicht genug, hat sich die Regierung Obama nun durch den Erlass geheimer gesetzlicher Vorschriften weitere präsidiale Vollmachten angemaßt, ohne die rechtliche Begründung offenzulegen, aus der sich diese erweiterten Vollmachten angeblich ableiten lassen. Gesetze werden mit anderen Worten nicht mehr vom Kongress, sondern in geheimem Gutachten der Regierung beschlossen. Kongress? Wir brauchen keinen abgewirtschafteten Kongress.

Obwohl so genannte »Whistleblower«, die Fehlverhalten von Institutionen, Unternehmen, Organisationen oder Einzelpersonen oft unter hohem persönlichen Risiko offenlegen, und Medien durch entsprechende Gesetze geschützt sind und das amerikanische Militärrecht die Soldaten anhält, Kriegsverbrechen zu melden, wurden Whistleblower wie der frühere CIA-Mitarbeiter John Kiriakou, Medienvertreter wie Julian Assange und Soldaten wie Bradley Manning verfolgt und angeklagt, weil sie Verbrechen der amerikanischen Regierung offenlegten. Die wahren Verbrecher laufen weiter frei herum, während diejenigen, die diese Verbrechen an die Öffentlichkeit bringen, mit Strafverfolgung rechnen müssen.

Der amerikanische Polizeistaat wird allgemein mit dem »Krieg gegen den Terrorismus« gerechtfertigt - dieser Schwindel wird von den so genannten »Sting-Operationen« des FBI aufrecht erhalten. »Sting Operations« sind verdeckte Operationen und dienen angeblich dazu, Straftäter in flagranti zu ertappen, indem etwa ein verdeckt arbeitender Polizeibeamter oder eine andere eingeweihte Person sich als Mittäter oder Abnehmer anbieten. Sting-Operationen werden aber auch dazu missbraucht, Personen zu Straftaten zu verleiten, die sie normalerweise nicht begehen würden, oder ihnen eine Falle zu stellen. So gibt sich beispielsweise eine Polizistin als Prostituierte aus, um einen bestimmten Mann zu verführen, oder ein Polizeibeamter verhält sich wie ein Drogenhändler oder -konsument, um Drogenkonsumenten oder Dealer zu überführen. Die verdeckten Operationen des FBI gehen weit über diese Straftaten, bei denen es keine Opfer gibt, durch die aber die deswegen Verurteilten die amerikanischen Gefängnisse füllen, hinaus.

Die Operationen des FBI sind von einem ganz anderen Kaliber. Es gibt zwar ebenfalls keine Opfer, da kein Verbrechen jemals zur Ausführung kommt, aber das FBI gibt sich nicht als Bombenbauer für Terroristen aus, die einen Anschlag planen, aber nicht über eine geeignete Waffe verfügen. Stattdessen plant das FBI den Anschlag und sucht dann nach einer frustrierten oder geistig verwirrten Person oder Gruppe, oder einem Muslim, der über die jüngsten Verunglimpfungen seiner Person oder seiner Religion aufgebracht ist. Hat das FBI einen »Täter« gefunden, der in dieses Profil passt, schickt die Bundespolizei ihre Agenten aus, die sich dem potenziellen Täter gegenüber als al-Qaida-Mitglieder oder Angehörige anderer Gruppen ausgeben und den »Täter« mit Geld oder dem Versprechen ewigen Ruhms oder sogar mit Drohungen dazu bewegen sollen, sich dem vom FBI geplanten Anschlag oder einer anderen Straftat anzuschließen - und dann wird verhaftet.

In seinem in englischer Sprache erschienenen Buch Die Terrorfabrik: Wie das FBI den Krieg gegen den Terror manipuliert (The Terror Factory: Inside the FBI’s War on Terrorism) belegt Trevor Aaronson, dass das FBI bisher an die 150 »Terroranschläge« ausgeheckt hat und praktisch fast alle anderen so genannten »Terroranschläge« nichts mit Terrorismus zu tun haben, sondern es sich u.a. um Vergehen im Zusammenhang mit der Einwanderung handelt, die dann noch durch Terrorvorwürfe erweitert werden (siehe dazu das hier verlinkte Video).


Für die korrupten amerikanischen Medien stellt sich offenbar nicht die Frage, warum das FBI so viele Terroranschläge erfinden und planen muss, wenn die tatsächliche Terrorgefahr angeblich doch so groß ist, dass Amerika Krieg dagegen führen muss. Ebenso wenig gehen die Medien der Frage nach, wie es eigentlich dazu kam, dass die Taliban, die sich der amerikanischen Invasion und versuchten Besetzung Afghanistans entgegenstellten und die amerikanische Supermacht nach elf Jahren des Kampfes in eine Pattsituation brachten, als »Terroristen« gebrandmarkt wurden. Und sie wollen auch nicht genau wissen, warum Angehörige eines Stammes, der in einer entlegenen Region Pakistans lebt, als »Terroristen« eingestuft werden, die man mit Drohnenangriffen bekämpfen muss, die sich gegen Zivilisten, Schulen und medizinische Einrichtungen in einem Land richten, mit dem sich die USA nicht im Krieg befinden.

Stattdessen halten die Medien an der Lüge fest, die Amerika in einen Polizeistaat verwandelt hat. Die amerikanischen Medien sind zu einer Art kollektiver Leni Riefenstahl geworden. Auch Hollywood tritt mit seinem neuesten gegen den Islam gerichteten Propagandamachwerk Zero Dark Thirty in die gleichen Fußstapfen. Dieser Propagandafilm verbreitet zwar eine islamfeindliche Einstellung, wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach dennoch einige Preise einstreichen und mit dazu beitragen, dass sich Amerika in einen diktatorischen Staat verwandelt und in einen hundertjährigen Krieg verstrickt, der angeblich dazu dient, die von den Muslimen ausgehende Bedrohung zu bekämpfen.

Während meiner Zeit als Hochschullehrer wurde mir klar, wie groß der Einfluss von Filmen auf das amerikanische Denken und Verhalten ist. Nachdem ich einmal ausführlich auf die russische Oktoberrevolution eingegangen war, hob ein Student seine Hand und erklärte: »Im Film wurde das aber ganz anders dargestellt.« Zunächst dachte ich, er mache einen Scherz, aber dann erkannte ich, dass er überzeugt war, der Film und nicht sein Lehrer, der mit dem Thema bestens vertraut war, habe die Wahrheit vermittelt. Seitdem habe ich mich oft darüber gewundert, wie die USA trotz der Ignoranz ihrer Bürger so lange überleben konnten.

Die Amerikaner haben sich in der starken wirtschaftlichen Macht der USA gesonnt. Jetzt, wo diese Macht schwindet, werden sich die Amerikaner früher oder später mit der harten Realität abfinden müssen. Aber diese Realität wird für sie sehr ungewohnt sein.
Obama keine Kleider
© iMaksim"Sobald sie erkannten, dass der Kaiser keine Kleider trug... wurde es zum Trend"
Einige Amerikaner behaupten, auch in anderen Kriegszeiten habe es polizeistaatliche Verhältnisse in den USA gegeben und sobald der Krieg gegen den Terror gewonnen sei, werde der Polizeistaat wieder abgebaut werden. Andere wieder sind der Ansicht, die Regierung setze ihre Macht vernünftig ein, und nur jemand, der sich etwas habe zuschulden kommen lassen, habe auch etwas zu befürchten.

Mit Gedanken wie diesen versuchen sich die Verblendeten zu beruhigen. Der Polizeistaat, wie er sich unter den Präsidenten Bush und Obama entwickelt hat, ist sehr viel umfassender und weitreichender als unter den Präsidenten Lincoln, Wilson oder Roosevelt. Und beim Krieg gegen den Terrorismus ist kein Ende in Sicht, und er dauert schon dreimal länger als der Zweite Weltkrieg (legt man den Kriegseintritt der USA am 8. Dezember 1941 zugrunde). Der Polizeistaat wird praktisch zum Gewohnheitsrecht.

Darüber hinaus bedarf die Regierung des Polizeistaats, um sich davor zu schützen, wegen ihrer Verbrechen, ihrer Lügen und der Verschwendung von Steuergeldern zur Rechenschaft gezogen zu werden. Es wurden mithilfe der Federalist Society [for Law and Public Policy Studies] neue Präzedenzfälle für besondere Vollmachten der Regierung geschaffen. Diese Gesellschaft vertritt unabhängig vom Krieg gegen den Terror die Auffassung, aufgrund der so genannten »Unitary Executive Theory« verfüge der Präsident über Machtbefugnisse, die nicht vom Kongress oder der Justiz eingeschränkt oder kontrolliert werden dürften. Der Präsident kann mit anderen Worten diktatorisch regieren, wenn es ihm beliebt.

Die Regierung Obama hat sich diese republikanische Auslegung des ersten Satzes des zweiten Artikels der Verfassung zu eigen gemacht. Seine Regierung hat das republikanische Streben nach einer starken Regierung außerhalb traditioneller parlamentarischer oder rechtlicher Kontrollen und das Schüren von Ängsten dazu benutzt, die unter Bush und Cheney begonnene Errichtung eines Polizeistaats abzuschließen.

In unserem Buch The Tyranny of Good Intentions (»Die Tyrannei guter Absichten«) haben Lawrence M. Stratton und ich dargelegt, dass die Funktion des Gesetzes als Schutz der Bevölkerung bereits vor den Anschlägen vom 11. September zugunsten eines Rechtskonzepts, welches das Recht und das Rechtssystem als Waffe in der Hand der Regierung betrachtete, langsam ausgehöhlt wurde. Wenn die Regierung entschlossen war, gegen jemanden vorzugehen, gab es, wenn überhaupt, nur wenige Hürden, die verhinderten, dass einem Angeklagten fälschlicherweise ein Verbrechen zur Last gelegt und er deswegen von gehirngewaschenen Geschworenen verurteilt wurde, die Angst hatten, selbst Opfer von Verbrechen zu werden.

Ich kann nicht abschließend beurteilen, ob das amerikanische Rechtssystem jemals mehr der Gerechtigkeit als dem Ehrgeiz des Staatsanwalts diente. Bereits in den 1930er und 1940er Jahren warnten der Richter am Obersten Gerichtshof George Sutherland und der amerikanische Justizminister Robert Jackson vor Staatsanwälten, die »ein faires Verfahren ihren Erfolgsstatistiken aufopfern«. Mit Sicherheit aber ist es schwierig, unter den heutigen Staatsanwälten Personen zu finden, die dem Bild gleichen, das Jackson von einem Staatsanwalt zeichnete, der »seinen Pflichteifer mit menschlicher Liebenswürdigkeit abmildert, der nach Wahrheit und nicht nach Opfern sucht, der dem Gesetz und nicht Parteiinteressen dient und seine Aufgabe mit Demut erfüllt«.

Nehmen wir als Beispiel nur das Fehlurteil gegen den früheren Gouverneur von Alabama, Don Siegelman, hinter dem vermutlich Karl Rove stand, der damals danach trachtete, alle demokratischen Gouverneure in den Südstaaten loszuwerden. Die »demokratische« Regierung unter Obama hat diesen krassen Fall falscher Beschuldigungen bisher nicht untersuchen lassen oder einen der ihren, der unschuldig verurteilt wurde, begnadigt. Und vergessen wir nicht, wie schnell Bush die Gefängnisstrafe aufhob, zu der ein hoher Mitarbeiter Cheneys verurteilt wurde, weil er den Namen einer verdeckt arbeitenden CIA-Agentin enthüllt hatte. Die Demokraten sind zu einer eingeschüchterten und feigen Partei geworden, die sich vor der Justiz fürchtet und ebenso Teil des korrupten Polizeistaats wie die Republikaner ist.

Heute dient eine Anklage dem Zweck, die Karriere des Staatsanwalts und die Interessen der Partei zu fördern, die ihm zu diesem Posten verholfen hat. Das berufliche Fortkommen eines Staatsanwalts hängt von hohen Verurteilungsraten ab. Dazu sind zahlreiche Schuldeingeständnisse nötig, bei denen die Tragfähigkeit der Beweise gegen den Angeklagten vor dem Richter oder den Geschworenen niemals wirklich erwiesen wurde, sowie Fälle, in die Prominente verwickelt sind. Dies kann einem Staatsanwalt oder einer Staatsanwältin den Weg in die Politik erleichtern, wie das Beispiel des früheren New Yorker Bürgermeisters Rudolph »Rudy« Giuliani zeigt, der von seinem abgekarteten Prozess gegen Michael Milken politisch enorm profitierte.

Glenn Greenwald hat dargelegt, wie der Internet-Aktivist Aaron Swartz vom Ehrgeiz der Bundesstaatsanwältin Carmen Ortiz und ihres Stellvertreters Stephen Heyman in den Selbstmord getrieben wurde. Beide hatten keinerlei Bedenken, gegen einen Unschuldigen mit absurden und haltlosen Vorwürfen vorzugehen, um ihre eigenen Karrieren zu befördern. In den allerwenigsten Fällen wird ein Staatsanwalt für sein Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen. Daher wenden Staatsanwälte relativ unbehelligt illegale und unmoralische Methoden an und missbrauchen fast schon gewohnheitsmäßig ihre Macht. Da die Richter vor allem bemüht sind, die ihnen vorliegenden Verfahren rasch abzuschließen, siegt die Gerechtigkeit in Amerika nur selten.

Das erklärt auch, warum in den USA nicht nur ein höherer Prozentsatz der Bevölkerung im Gefängnis als in allen anderen Ländern weltweit sitzt, sondern auch, warum die USA auch in absoluten Zahlen die meisten Gefangenen aufweisen. In Amerika befinden sich mehr Menschen im Gefängnis als im autoritär regierten China mit seiner gegenüber den USA viermal so großen Bevölkerung. Dennoch erheben die USA, die möglicherweise das Land mit den meisten Menschenrechtsverletzungen sind, immer wieder gegenüber China den Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen. Warum wirft niemand Washington Menschenrechtsverletzungen vor?

Der Zusammenbruch des Rechtsstaates und des Rechtswesens in den USA geht aber weit über die Korruption unter den Staatsanwälten und ihre erfundenen Falschvorwürfe hinaus. Ein Polizeistaat benötigt eigentlich keine Staatsanwaltschaft oder Gerichte; es sei denn, ihm ist aus welchen Gründen auch immer an einem Schauprozess gelegen. Mit den vom Justizministerium erstellten Rechtsgutachten, nach denen der Präsident jeden ohne Anklagerhebung ins Gefängnis werfen und sogar gegebenenfalls ohne rechtsstaatliches Verfahren töten lassen kann, wenn ein Regierungsvertreter der Ansicht ist, die betreffende Person verfüge über angebliche oder mögliche Verbindungen zum Terrorismus, hat das Ministerium die Notwendigkeit von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Henkern praktisch aufgehoben. Lediglich eine unbewiesene Annahme eines Regierungsvertreters ist noch erforderlich.

Das ist der Inbegriff der Bösartigkeit.

Für den Präsidenten der USA sind nicht länger Beweise vonnöten, um Menschen lebenslang einzusperren oder sie gar zu töten. Aus einem geheimen Memorandum des Justizministeriums, das der Nachrichtensendung NBC News zugespielt wurde, geht genau diese diktatorische Begründung hervor, nach der die Regierung befugt sei, amerikanische Staatsbürger allein auf der Grundlage von Vermutungen ohne tatsächliche Beweise, dass es sich tatsächlich um Terroristen handelt oder sie Verbindungen zu Terroristen unterhalten, zu töten (siehe dazu den hier verlinkten NBC-Bericht).

In Amerika - vormals Schutzmacht und Hort der Freiheit und der Demokratie - ist der Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung nicht länger gültig. Wenn die Regierung erklärt, jemand sei schuldig, dann ist er es auch. Punktum. Für die Hinrichtung bedarf es keiner Beweise. Selbst Stalin gab in seinen Schauprozessen vor, Beweise für die Schuld der Angeklagten zu haben.

Die Regierung der USA übernimmt immer mehr die Grundeinstellung, jeder Kritiker der Regierung mache sich damit der Beihilfe und der Unterstützung der »terroristischen Feinde« Washingtons schuldig. Dies schließt auch die demokratisch gewählte Hamas-Regierung in Gaza mit ein. Die einzigen Kritiker, die von dieser neuen Rechtsnorm ausgenommen sind, sind die Neokonservativen, die der amerikanischen Regierung vorwerfen, zu langsam zu sein, wenn es darum gehe, die Regierungskritiker und »Antisemiten« zu bremsen. Dies gilt etwa für den früheren Präsidenten Jimmy Carter, der die illegale Annektierung palästinensischen Landes durch die israelische Regierung kritisiert. Israel hat sich den Großteil Palästinas mit Washingtons Einwilligung und Unterstützung angeeignet. Jetzt ist daher für eine Zwei-Staaten-Lösung nicht mehr genug übrig.

Ohne jeden Zweifel ist der Diebstahl palästinensischen Landes durch die israelische Regierung illegal, aber Washington, von dem Israel völlig abhängt, schert sich nicht ums Recht.

Washington hat die Macht; und Macht schafft Recht. Gewöhnt Euch lieber daran.

Aber nicht nur für die Palästinenser hat das Völkerrecht keine Bedeutung mehr. Dies gilt gleichermaßen auch für Amerikaner und die NATO-Marionetten Washingtons in England und Europa - bemitleidenswerte Überbleibsel einstmals großer Nationen, die sich jetzt zu Komplizen der Verbrechen Washingtons gegen die Menschlichkeit machen. Die Nichtregierungsorganisation Open Society Justice Initiative aus New York dokumentiert in ihrem jüngsten Bericht, dass sich mehr als 54 Länder an den geheimen illegalen Auslieferungs- und Folterprogrammen Washingtons beteiligt haben. 25 dieser Länder, die Washington dabei helfen, Menschen zu entführen, verschwinden zu lassen und zu foltern, befinden sich in Europa.

Der Beginn des 21. Jahrhunderts erlebte die Zerstörung des Rechtswesens, das dazu dienen sollte, die Unschuldigen und die Schwachen zu schützen, nachdem der Westen sein nunmehr offenbar obsoletes moralisches Gewissen entdeckt hatte. Das moralische Gewissen des Westens meldete sich aber nicht außerhalb Europas. Was den Menschen in den europäischen Kolonien oder den Ureinwohnern der heutigen USA und Australiens widerfuhr, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Aber auch wenn es nicht immer seine Schutzfunktion gegenüber den Machtlosen erfüllte, war das Prinzip der Herrschaft des Rechts ein verheißungsvoller Grundsatz. Jetzt hat Amerika dieses Prinzip unter den beiden Präsidenten Bush und Obama, die sich wie ein Ei dem anderen gleichen, allerdings selbst aufgegeben.

Der Polizeistaat Obamas wird noch schlimmer als der Bushs ausfallen. Anders als die Konservativen, die in vergangenen Zeiten der Macht der Regierung argwöhnisch gegenüberstanden, glauben die Anhänger Obamas, die oft nur sehr wenig über ihn wissen, die Macht der Regierung werde Gutes bewirken, wenn sie nur in den richtigen Händen liege. Da seine Anhänger Obama als Angehörigen einer unterdrückten Minderheit sehen, sind sie überzeugt, dass er seine Macht niemals missbrauchen werde. Diese naive Auffassung ist der Überzeugung vergleichbar, da die Juden unter Hitler so viel erlitten hätten, könne Israel gar nicht anders, als den Palästinensern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Glenn Greenwald schrieb dazu: »Die äußerste Macht, die ein führender Politiker ausüben kann, besteht darin, seine eigenen Mitbürger ohne Anklage oder rechtsstaatliches Verfahren und ohne in direkte militärische Auseinandersetzungen verwickelt zu sein, zur Tötung freizugeben. Die Regierung Obama hat genau diese Macht nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich ausgeübt

Eine solche Macht maßt sich nur ein Diktator an. Dass sich Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi dieser Macht bedient haben sollen, gehörte zu ihrer Verteufelung als »brutale Diktatoren« und diente damit als Rechtfertigung für den Sturz ihrer Regime sowie die Ermordung der früheren Machthaber und ihrer Unterstützer.

Es ist eine bittere Ironie, dass gerade der amerikanische Präsident nun dazu übergegangen ist, seine politischen Widersacher zu töten - so, wie es auch Saddam Hussein getan hat. Wie lange dauert es wohl, bis Kritiker von der Flugverbotsliste auf die Todesliste wandern?