Seit der Veröffentlichung der Pressemitteilung zur Bigfoot-DNA-Studie von Melba Ketchum und Kollegen am gestrigen Mittwoch (...wir berichteten) und der darauffolgenden tatsächlichen Publikation des Papers in einem neuen Open-Access-Journal ("DeNovo"), sind Bigfoot-Enthusiasten und -Forscher ebenso in Aufruhr wie das Lager der Skeptiker. Besonders über die Art und Weise der Publikation in besagtem Journal und deren Hintergründe ist eine hitzige Kontroverse entstanden, in die wir uns mit der folgenden Meldung bemühen wollen, etwas Licht zu bringen.
Bigfoot
© Sasquatch Genome Project s/w-Standbild aus einem der Studie beigefügten Video eines angeblich schlafenden Bigfoot (Video s. unten).
Nacogdoches (USA) - Veröffentlicht wurde die Studie in der Erstausgabe des bislang gänzlich unbekannten Journals mit dem Titel DeNovo, das sich auf der bislang offenbar erst in Ansätzen fertiggestellten und mit Stock-Bildern bestückten Internetseite "denovojournal.com" als Open-Access-Journal für wissenschaftliche Manuskripte ausgibt.

Tatsächlich sind die Rechte an diesem Journal (das ursprünglich einen anderen Namen trug) mittlerweile im Besitz von Melba Ketchum selbst. Somit bekommt die eben diesem Journal veröffentlichte Studie Ketchums zunächst den Beigeschmack einer Veröffentlichung im Eigenverlag.

Nach den vielen Monaten der bis zuletzt fortgeführten Ankündigung durch Ketchum selbst, die Studie werde in einem anerkannten, von Experten begutacheteten wissenschaftlichen Fachmagazin publiziert, ist es vor allem dieser Umstand, der sowohl bei Befürwortern wie auch bei Skeptikern für die bislang größte Kritik sorgt.

Nach hitzigen Kontroversen und unzähligen Kommentaren, vornehmlich in Online-Foren und in den sozialen Netzwerken, hat sich Melba Ketchum in dieser Sache vor einigen Stunden selbst erklärt und diesen Schritt versucht zu rechtfertigen. Diese auf Facebook (facebook.com/melba.ketchum) veröffentlichte Erklärung wollen wir im Folgenden unkommentiert (übersetzt) wiedergeben:
"Es war eine lange und ermüdende Schlacht zu beweisen, dass Sasquatch existiert. Wir hatten diesen Beweis fünf Jahre lang vor uns liegen, doch auch genügend Daten zusammenzutragen, um auch die Mainstream-Wisseschaft davon zu überzeugen, dauerte deutlich länger. Der Versuch, (diese Daten) auch zu publizieren hat nahezu zwei Jahre gedauert. Es scheint aber so, als sei die Mainstream-Wissenschaft einfach nicht dazu in der Lage, etwas derart kontroverses zu tolerieren - besonders, wenn es von einer Gruppe stammt, die hauptsächlich aus forensischen Wissenschaftlern und nicht aus 'berühmten Akademikern' mit Verbindungen zu den großen Universitäten besteht - obwohl das meiste der Sequenzierungsarbeit und Analysen genau an diesen Einrichtungen durchgeführt wurde.

Wir haben die schlimmste wissenschaftliche Voreingenommenheit im Peer-Review-Prozess (Expertenbegutachtung) in der jüngsten Geschichte erlebt. Ich nenne das den 'Galileo Effekt'. Unterschiedliche Fachjournale wollten unser Manuskript noch nicht einmal lesen, als wir ihnen eine Vorabanfrage stellten. In einem anderen Fall wurde der Inhalt des Peer-Review-Verfahrens unbefugt an die Öffentlichkeit getragen. Wir wurden sogar von einem Reviewer absichtlich anhand seiner Begutachtung getäuscht. Schlussendlich hatten wir dann doch den Prozess der Expertenbegutachtung durch ein relativ neues Fachjournal überstanden. Hierzu war eine frische Vorkenntnis sowohl des Herausgebers als auch die sorgfältige ausgewählten Begutachtungsexperten mit spezieller Sachkenntnis bezüglich der angewandten Technologie/Methode der 'Sequenzierung der nächsten Generation', um diesen Prozess (der Peer Review) zu bestehen.

Ich habe keine Ahnung, wer diese Experten waren, obwohl mir natürlich ihre Anmerkungen vorliegen. Diese Informationen waren, wie dies auch bei anderen Fachjournalen der Fall ist, vertraulich.

Aus diesen Gründen hatten sich der Prozess der Peer Review und die Veröffentlichung selbst auch zunächst so in die Länge gezogen. Nachdem dieser (notwendige) Vorgang dann aber endlich abgeschlossen war und das Journal auch zugestimmt hatte, das Manuskript zu veröffentlichen, rieten jedoch die Rechtsberater davon ab, ein Manuskript zu einem derart kontroversen Thema zu veröffentlichen, da dies dem Ruf des Herausgebers zerstören könne - ganz so, wie dies mit meinem Ruf geschehen ist.

Ich kann alle diese Vorgänge dieses Dramas dokumentieren. Statt dann aber weitere fünf Jahre darauf zu verwenden, (erneut) ein Journal für die Veröffentlichung zu finden und darauf zu hoffen, dass offene Reviewer ausgewählt werden würden, haben wir selbst die Rechte an diesem Journal erworben und es umbenannt, um so die bereits zuvor abgeschlossene Peer Review, die von der Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen Gemeinschaft schließlich eingefordert wird, nicht zu verlieren.

Das neue Journal DeNovo verfolgt das Ziel, nicht nur mehr Auswahl und eine bessere Dienstleistung für Wissenschaftler, die ein Manuskript einreichen wollen, sondern auch faire Herausgeber und Reviewer zur Verfügung zu stellen. Das Gegenteil also von dem, was uns begegnet ist. Des weiteren wollen wir aber natürlich alle im folgenden Link erarbeiteten notwendigen Standards erfüllen, gerade weil der vollständige Prozess der Peer Review und die Zustimmung für eine Veröffentlichung noch unter der Leitung des früheren Journals geschahen. (Anm. d. GreWi-Red.: Bei dem angeführten Link handelt es sich um eine Seite des "Committee on Publication Ethics" (COPE) in der das "Komitee für Publikationsethic" Herausgebern eine Anleitung gibt, wie sie eigene Artikel in ihren eigenen Journalen veröffentlichen können, ohne dabei ethische Standards wissenschaftlicher Publikationen zu verletzten.)
Zusammenfassend und sich gegen den Vorwurf verwehrend, es handele sich bei der nun veröffentlichten Studie um nicht mehr als um eine Veröffentlichung im Eigenverlag, schreibt Ketchum zusätzlich:
"Ich möchte aber eines unmissverständlich klar machen: Es handelt sich nicht um eine Veröffentlichung im Eigenverlag. Ich habe lediglich (nach dem Prozess der Peer Review) die Rechte an dem Journal erstanden. Zu keiner Zeit hatte ich, noch habe ich irgendetwas mit den Veröffentlichungen (dieses Journals), dem Editierungsprozess oder der Peer Review von DeNovo zu tun. Bezüglich unserer Studie war alles das schon vor dem Erwerb des Journals abgeschlossen."
Auch ihren eigenen Vorwurf bezüglich der Voreingenommenheit der Mainstream-Fachjournale begründet Ketchum an anderer Stelle wie folgt:
"Um ein Bild dieser Voreingenommenheit (gegenüber unserer Studie) zu geben, hier ein Vergleich zur im Fachjournal PLOS One veröffentlichten Studie zum Genom der (erst 2007 entdeckten und erst 2012 beschriebenen) Primatenart aus der Gattung der Meerkatzen, Cercopithecus lomamiensis. Diese Studie verwendete eine Sequenz aus 6.800 Basenpaaren, um zu beweisen, dass es sich um eine neue Primatenart handelt. Wir hingegen haben in unserem ersten Manuskript 2,7 Millionen Basen Kern-DNA aus zwei von drei Sasquatch-Proben einander gegenübergestellt und zudem einen phylogenetischen Stammbaum erstellt, um eine neue Art nachzuweisen. Zudem hatten wir 20 vollständige mitochondriale Genome mit jeweils 16.500 Basenpaaren. Das selbe Journal (also PLOS ONE) wollte das von uns eingesandte Manuskript jedoch nicht einmal zur Peer Review weiterleiten."
Ein weiterer Kritikpunkt in Online-Foren und den sozialen Netzwerken stellt ein Video dar, das in die Online-Publikation als Beigabe beigefügt ist. Es soll - leider von Geäst teilweise verdeckt - angeblich einen schlafenden und atmenden Sasquatch zeigen.

Tatsächlich kursiert ein Standbild des sogenannten "schlafenden Bigfoot Matilda" schon seit einiger Zeit im Internet und stammt aus der Video- und Fotosammlung des sogenannten "Erickson Project" (...wir berichteten). Nachdem das Video im Youtube-Format lediglich als Dreingabe in das Paper eingebunden und nicht weiter geschützt war, dauerte es nicht lange, bis das Video auch auf anderen Online-Platformen auftauchte. Offenbar handelte es sich dabei um einen vom Journal und den Copyrightinhabern des Films nicht beabsichtigten Vorgang, weshalb das Video kurze Zeit später auf Youtube als "privat" gesperrt - dann jedoch, von Ketchum selbst und in Rücksprache mit den Copyrightinhabern wieder freigegeben wurde.

Video eines angeblich schlafenden Bigfoot. (Copyright: Sasquatch Genome Project)


Tatsächlich zeigt weder das Foto noch das Video als Beigabe des Papers irgendwelche Details, anhand derer erkennbar wäre, um was es sich hier tatsächlich handelt. Zynische Beobachter halten es sodenn auch weniger für einen Bigfoot als für einen "von einem Blasebalg bewegter alten und dreckigen Teppich". Allerdings, so wiederum Ketchum, handele es sich nur um "einen kleinen Ausschnitt eines deutlich längeren Videos". Zudem besitze sie eine deutliche Aufnahme, die auch das Gesicht des Bigfoots zeige. Diese wolle sie zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen.

Hierzu erläutert Ketchum ebenfalls auf ihren Facebook-Seiten:
"Ursprünglich gab es noch weitere und zahlreiche wirklich gute Fotos von Bigfoots, diese wurden jedoch von den Reviewern schlussendlich rausgeworfen, obwohl sie diese in einem ersten Schritt gefordert hatten. Nur dieses Video hat den Prozess überstanden, da es sich nur um eine Beilage handelt und kein Abbildungsteil des Manuskripts selbst darstellt. (...) Für den Nachweis der Existenz der Sasquatchs ist dieses Video nicht von Bedeutung. Dieser Nachweis wird von den Daten der Studie erbracht. (...) Um bei dem bereits erwähnten Vergleich zur PLOS-ONE-Publikation zu Cercopithecus lomamiensis zu bleiben: Diese hatte auch keine Video-Beilage oder führte die Argumentation des Nachweises einer neuen Art über Fotobeweise. (...) Wären es Fotos, die den Beweis für die Existenz einer Art darstellen, so wäre dieser Beweis ja auch schon längst erbracht. (...) Tatsächlich hätte ich liebend gerne viel mehr Fotos in das Paper eingebunden. Das wurde aber von den Reviewern abgelehnt. Und da ich - wie gesagt - lediglich und im Nachhinein die Rechte an dem Journal erstanden habe, jedoch keinen Einfluss auf die Peer Review noch die Entscheidung zur Veröffentlichung hatte (s.o.), lag es nicht in meiner Entscheidung Fotos in das Paper einzubinden."
Nach einem aus kryptozoologischer Sicht ereignisreichen Tag kann zusammenfassend gesagt werden: Was auch immer man von der Art und Weise der Veröffentlichung der Studie halten mag - Melba Ketchum hat ihre Ankündigung der Veröffentlichung ihrer Studie wahr gemacht. Nun liegen die Daten auf dem Tisch und können von anderen unabhängigen Wissenschaftlern und Experten begutachtet und überprüft werden.

Jede gute wissenschaftliche Theorie muss schließlich reproduzierbar sein. Die Grundlage hierfür liegt nun vor und man darf gespannt sein, wie andere Wissenschaftler damit umgehen...

Quelle: facebook.com/melba.ketchum, denovojournal.com