Kleinplanet Vesta
© Ben Zellner/Peter Thomas/NASAEin gewaltiger Krater markiert die Südseite des Kleinplaneten Vesta. Das Bild Vesta in einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble (o.l.), als Rekonstruktion aus Modellrechnungen (o.r.) und in der Höhenkarte (u.)
Katlenburg-Lindau/ Deutschland - Forscher der "University of North Dakota" und des "Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung" (MPS) haben eine neue Art von Asteroid entdeckt. Die mineralogische Zusammensetzung des Körpers "1999 TA10" deutet darauf hin, dass er nicht wie viele andere Asteroiden aus der äußeren Gesteinskruste, sondern aus dem Innern des Mutterasteroiden Vesta stammt. Ein Asteroid mit dieser Zusammensetzung war bisher unbekannt.

Wie die Astronomen im Fachmagazin Icarus berichten unterscheidet sich die 525 Kilometer große Vesta von allen anderen Kleinplaneten, die im sogenannten Hauptgürtel des Asteroidengürtels zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter um die Sonne kreisen, durch eine differenzierte innere Struktur. Eine Kruste aus erkalteter Lava überdeckt eine tiefer liegende Gesteinsschicht und einen Eisen-Nickel-Kern - ähnlich also, wie bei den Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars.
"Die Wissenschaftler", so die Pressemitteilung des MPS, "halten den zwiebelartig aufgebauten Asteroiden deshalb für einen Protoplaneten, ein Überbleibsel aus einer frühen Phase der Planetenentwicklung vor mehr als viereinhalb Milliarden Jahren. Alle anderen Protoplaneten ballten sich nach und nach entweder zu Planeten zusammen oder zerbrachen durch heftige Zusammenstöße".
In Form eines riesigen Kraters auf der Südseite des Himmelskörpers gibt es allerdings auch deutliche Hinwiese darauf, dass auch Vesta einen gewaltigen Aufprall erlebt hatte. "Die Vestoiden - eine Gruppe von Asteroiden, deren Zusammensetzung dem Krustengestein von Vesta gleicht - sind höchstwahrscheinlich bei dem diesen Krater verursachten Einschlag entstanden. Zudem glauben Forscher, dass die kosmische Kollision auch tiefer liegendes Material ins All schleuderte. Denn einige Meteoriten, die auf der Erde gefunden wurden, bestehen aus ähnlichem Gestein wie Vestas innere Schicht. Bisher blieben jedoch stets Zweifel an dieser Theorie - vor allem, weil sich im Weltraum kein vergleichbarer Körper aus Vestas Mantel fand."

Erst der kürzlich untersuchte erdnahe Asteroid "1999 AT10" schließt nun diese Lücke. Mithilfe eines Teleskops der amerikanischen Weltraumbehörde NASA auf Hawaii haben die Forscher die Infrarot-Strahlung analysiert, der Asteroid ins All reflektiert. In diesem Wellenlängenbereich hinterlassen die Gesteine, die für die Zuordnung zu Vesta in Frage kommen, im Spektrum charakteristischen Fingerabdrücke. Neben calciumhaltigem Wollastonit deuten die Messungen vor allem auf das eisenhaltige Ferrosilit hin.
"Diese Stoffe kommen zwar sowohl in der Kruste, als auch im Mantel von Vesta vor", sagt Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. "Entscheidend ist jedoch das Verhältnis." Im Fall von "1999 AT10" ist der atomare Eisengehalt deutlich geringer als etwa bei den bereits bekannten Vestoiden. "Vieles spricht dafür, dass wir es bei 1999 AT10 mit einem Stück aus dem Innern von Vesta zu tun haben", so Nathues.
Der Himmelskörper erlaube daher auch Rückschlüsse auf seinen Mutterasteroiden. Modelle der Oberfläche von Vesta, die auf Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble zurückgehen, beziffern die Tiefe des Südpolkraters mit maximal 25 Kilometern. Der neue Fund beweist nun, dass dies gleichzeitig der maximalen Dicke der äußeren Gesteinskruste entspricht.

Um die Vorgänge bei der Planetenbildung vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren zu rekonstruieren, sind Forscher darauf angewiesen, die Dicke von Vestas Schichten möglichst exakt zu bestimmen. Denn nur so lässt sich berechnen, aus welchem Materialgemisch der Protoplanet einst entstanden ist - und somit zeigen, welche Stoffe bei der Entstehung des Sonnensystems in welchem Verhältnis zur Verfügung standen.

Weitere Informationen über den Aufbau von Vesta erhoffen sich die Forscher nun von der DAWN-Mission der NASA (...wir berichteten). Schon im kommenden Sommer 2011 wird die Raumsonde, die seit 2007 durchs All fliegt, den Asteroiden erreichen und etwa ein Jahr lang begleiten. Mit an Bord sind zwei Weltraumkameras, die unter Leitung des "Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung" in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des DLR und des IDA entwickelt und gebaut wurden.