Monsanto, der weltgrößte Eigentümer von Saatgut für Pflanzen aller Art - von Baumwolle über Genmais bis zu Sojabohnen und anderen - hat mit Erfolg im US-Kongress einen »verdeckten Putsch« inszeniert.© Ljupco Smokovski / Shutterstock , F.W. Engdahl
Mit der freundlichen Hilfe einiger wohlgesonnener Abgeordneter gelang es in letzter Minute, dass eine kurze Klausel in die so genannte "Agricultural Appropriations Bill" für 2013 aufgenommen wurde, wonach die Hersteller von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) von der Haftung für gesundheitliche Schäden ausgenommen sind, die Menschen oder Tiere durch den Verzehr von GVO erleiden.
In einem Manöver, das das Ausmaß von Korruption der Agrobusiness-Lobby und deren Einflussnahme auf die Politik in Washington wieder einmal deutlich unter Beweis stellt, hat der Kongress soeben die Gesetzesvorlage für 2013 verabschiedet, einschließlich einer Zusatzklausel, die von Monsanto-»Freunden« in letzter Minute eingefügt wurde.
Danach ist gentechnisch verändertes Saatgut von der Haftpflicht bei erwiesenen oder behaupteten Risiken für die Gesundheit befreit.Erwiesene gesundheitliche Risiken durch GVOWie ich in der neuen, erweiterten Auflage meines Buchs
Saat der Zerstörung im Detail beschreibe, erhielt das Thema schwerer gesundheitlicher Risiken durch den Verzehr gentechnisch veränderter Lebens- oder Futtermittel bei Mensch und Tier neuen Auftrieb, als Professor Gilles-Eric Séralini und sein Team von der französischen Universität Caen in einer Studie genau solche Schäden nachwiesen. Sie hatten untersucht, wie sich die Fütterung von gentechnisch verändertem Getreide auf Ratten auswirkte; eine Kontrollgruppe erhielt ein gentechnikfreies Futter. Séralinis Ergebnisse, die in einer renommierten expertenbegutachten Fachzeitschrift veröffentlicht wurden, schickten Schockwellen über die ganze Welt. Es war - erstaunlich genug - die erste jemals durchgeführte Zweijahres-Studie über die Folgen einer Fütterung mit Monsanto-Genmais bei Ratten.
Die männlichen Monsanto-Ratten entwickelten viermal so häufig einen bösartigen Tumor oder schwere Organschäden, auch die Todesrate war deutlich höher als bei den Tieren in der gentechnikfreien Kontrollgruppe. Die Gesamtzahl der Versuchstiere betrug 200. In der Séralini-Studie heißt es abschließend: »Bei den Weibchen starben zwei- bis dreimal mehr Tiere als in der Kontrollgruppe, und sie starben schneller. Dieser Unterschied wurde auch bei drei mit GVO gefütterten Gruppen männlicher Tiere beobachtet. Die Weibchen entwickelten große Mammatumoren, fast immer häufiger und früher als die Kontrollgruppe. Die Hypophyse war das am zweithäufigsten betroffene Organ, bei den GVO- und Roundup-Gruppen war die Balance der Sexualhormone beeinträchtigt. Bei den behandelten Männchen waren Leberstauung und -nekrose 2,5 bis 5,5 Mal häufiger. Auch ausgeprägt schwere Nephropathien waren generell 1,3 bis 2,3 Mal ausgedehnter. Die Männchen zeigten viermal so große tastbare Tumoren wie die Kontrollgruppe.«
Mammatumoren bei Ratten, die mit Genmais und/oder geringen Dosen von Roundup gefüttert wurden. Aus Séralinis Aufsatz »Long term toxicity of a Roundup herbicide and a Roundup-tolerant genetically modified maize«, veröffentlicht in
Food and Chemical Toxicology.
Alle früheren Sicherheitsstudien, einschließlich derer, die den Gesundheitsbehörden der USA vorgelegt wurden, waren über einen Zeitraum von höchstens 90 Tagen durchgeführt worden.
Wie Séralini beobachtet, setzte die Tumorentwicklung aber erst vier bis sieben Monate nach Studienbeginn ein. Auch bei der früheren 90-Tage-Studie der GVO-Industrie über denselben Genmais NK603 von Monsanto hatte es Hinweise auf eine Toxizität gegeben, die jedoch von der GVO-Industrie und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als »biologisch nicht aussagekräftig« eingestuft worden waren.
Séralinis Resultate nach zwei Jahren belegen die Unverzichtbarkeit von Langzeitstudien zur Feststellung von gesundheitlichen Risiken von GVO-Lebensmitteln für Menschen und Genmais- und Gensojafutter für Tiere.Noch beunruhigender war, was das Séralini-Team über das Unkrautvernichtungsmittel Roundup ermittelte, das zusammen mit Monsantos GVO verkauft wird. Roundup enthält Glyphosat und weitere namentlich bekannte und unbekannte chemische Substanzen. Séralini schrieb: »Roundup-Ready-Feldfrüchte [wie Monsantos Maissorte NK603 - W.E.] sind so verändert worden, dass sie gegen Glyphosat unempfindlich sind. Die Chemikalie ist, im Verbund mit den Zusätzen in den einzelnen Formulierungen, ein hochwirksames Herbizid. Es wird seit Jahren als Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt. ... GVO-Pflanzen, die mit glyphosathaltigen Herbiziden wie Roundup in Kontakt kommen..., können sogar während ihrer gesamten Lebensdauer Rückstände von Glyphosat ansammeln... Glyphosat und sein wichtigster Metabolit AMPA (der ebenfalls giftig ist) werden regelmäßig in GVO nachgewiesen. Deshalb werden solche Rückstände von Menschen aufgenommen, die GVO-Pflanzen verzehren (da ungefähr 80 Prozent dieser Pflanzen Roundup-tolerant sind).
« (Hervorhebung durch W.E.)
iDa die Caen-Studie der EU und verschiedenen Bürgergruppen vorgelegt wurde, sah sich die EFSA veranlasst, eine frühere Bewertung von 2009 aufzuheben, die auf Angaben von Monsanto beruht hatte und wonach die Maissorte MON NK603 als sicher bewertet wurde. Für Monsanto und die ehrenwerte GVO-Lobby war schnelle Schadensbegrenzung angesagt.
Schon wenige Tage nach Veröffentlichung der Studie wurde die EFSA von der EU-Kommission zu einer Bewertung der Séralini-Studie aufgefordert. Am 28. November 2012, also nur wenige Wochen nachdem die Studie erschienen war, gab die EFSA eine Presseerklärung mit der erstaunlichen Schlussfolgerung heraus: »Aufgrund schwerwiegender Mängel im Hinblick auf Design und Methodik erfüllt die Studie von Séralini et al. nicht die anerkannten wissenschaftlichen Standards; daher besteht keine Notwendigkeit, die früheren Sicherheitsbewertungen für die genetisch veränderte Maissorte NK603 zu überprüfen.« Wäre der EFSA ernsthaft daran gelegen, die Gesundheit der EU-Bürger zu schützen, so hätte sie zumindest mehrere unabhängige Zweijahresstudien in Auftrag gegeben, um Séralinis Ergebnisse zu bestätigen oder zu widerlegen. Denn immerhin steht einiges auf dem Spiel.
Doch stattdessen wurde solch einer Überprüfung eine Absage erteilt, in einem eindeutigen Vertuschungsmanöver, das von den Mainstreammedien mitgetragen wurde.Monsantos verdeckter PutschUm jedoch sicherzustellen, dass die Séralini-Studie, die im Internet hohe Wellen schlug, Monsanto in den USA, seinem größten Absatzmarkt, nicht schadete, entwarf man vorsorglich eine Klausel, wonach Monsanto und die GVO-Industrie vor gerichtlichen Klagen wegen gesundheitlicher Beeinträchtigung durch ihr Biotech-Saatgut und das Unkrautvernichtungsmittel Roundup geschützt wären.
Dem jährlichen Budgetplan für das Landwirtschaftsministerium wurde eine Klausel namens »Farmer Assurance Provision« (Abschnitt 733) hinzugefügt. Dadurch wird den Bundesgesetzen das Recht genommen, Verkauf und Anbau von gentechnisch veränderten Feldfrüchten während laufender Gerichtsverfahren zu stoppen. In der Vergangenheit hatten Kläger gegen Monsanto und andere Firmen vor Gericht das Recht erstritten, Verkauf und Anbau von nicht zugelassenen GVO-Feldfrüchten zu stoppen, während die Zulassung durch einen Richter geprüft wurde.
Das ist nun nicht mehr möglich.Der gefährliche neue Zusatz, dem Gentechnikgegner bereits den Namen »Monsanto Protection Act« (Gesetz zum Schutz von Monsanto) verpasst haben,
verwehrt Richtern das von der Verfassung verliehene Mandat zum Schutz der Umwelt und Verbraucherrechte. Gleichzeitig öffnet er dem Anbau neuer, nicht getesteter gentechnisch veränderter Feldfrüchte Tür und Tor.
Der Zusatz musste nicht einmal eine Prüfung durch den Landwirtschafts- oder Rechtsausschuss durchlaufen. Es gab keine Anhörungen; die meisten Demokraten, die ja im US-Senat die Mehrheit bilden, hatten vor der Verabschiedung offenbar überhaupt keine Ahnung vom Inhalt der Klausel, die im Rahmen von HR 993 vorgelegt wurde, jener Finanzierungsverordnung, die in aller Eile durchgepaukt wurde, um den völligen Stillstand der Staatsausgaben wegen der Überschreitung der Schuldenobergrenze zu verhindern.
Dass es gelang, die Klausel durchzusetzen, kommt einem verdeckten Putsch von Unternehmen wie Monsanto, Syngenta, Cargill und GVO-freundlichen so genannten Political Action Committees gleich, die seit 2009 insgesamt 7,5 Millionen Dollar an Kongressabgeordnete gespendet haben.
ii
i F. William Engdahl, Saat der Zerstörung, Neue erweiterte Auflage, 2013, Rottenburg, Kopp-Verlag, S. 23 ff.
ii RT.com, »Monsanto Protection Act slips silently through US Congress«, 26. März 2013,
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