4000 Menschen kamen am Samstag in Düsseldorf zu einer Demonstration „Pro Rauchen“ zusammen: vor allem Kneipenwirte, Schützenvereinsmitglieder und Karnevalisten.
Bild
© Ralf Rottmann / WAZ FotoPoolIn Düsseldorf demonstrierten am Samstag viele Menschen gegen das Rauchverbot in Kneipen. Mit Plakaten und Helmut-Schmidt-Masken zogen sie durch die Innenstadt.
Düsseldorf - Reinhold Rehfus raucht seit 60 Jahren, und als politische Tat hat er das eigentlich nie begriffen, aber an diesem Mittag gegen 12.14 Uhr ist es soweit: So demonstrativ, dass fast der Rhein stehen bleibt zum Gucken, steckt Rehfus sich eine Zigarre an - jetzt und hier ist es eine Stellungnahme.

„Ich habe noch nie demonstriert“, sagt der 75-Jährige, ein früherer Wirt, „aber was die diesmal mit uns machen...“ Und erinnert sich, als er ein junger Mann war „und in der Kneipe roch es nicht nach Qualm, da sagte man, nichts los, und ging weiter“.

Demonstration der Glutbürger

Aber das war ganz früher. Gute alte Zeit, würden bestimmt diejenigen sagen, die an diesem Wochenende in Düsseldorf demonstrieren. 3500 Menschen, vielleicht 4000: gegen das Rauchverbot in Kneipen und Schützenzelten.

Wirte haben aufgerufen zu der Demo, Schützen- und Karnevalsvereine, und jetzt sind manche der Menschen eher witzig drauf und andere nur noch sauer.

Doch eines nach dem andern: Da steht also eine „Fan-Gemeinschaft Helmut Schmidt“ und gibt entsprechende Gesichtsmasken aus, während andere dem Johannes-Rau-Denkmal - historisch korrekt - eine brennende Zigarette zwischen die Finger fummeln. Dort verteilen junge Männer Flugblätter, „Hausverbot für Grünen-Mitglieder“, und eine vierte Gruppe steigert sich gerade schaudernd in die Vorstellung hinein, was es in der „Gouvernantenrepublik Deutschland“ demnächst alles nicht mehr gibt: „Salz, Zucker, Fett, Fleisch, Alkohol, Kakao, Currywurst . . .“ Vision Müsli. Zukunft, dein Name ist Tofu.

"Ungemütlich, immer welche hin und her"

Willi Schmitz ist einer der wenigen, der als Schütze erkennbar ist, schwarz und weiß sind seine Farben und verärgert ist die Gemütslage. Denn seine „St.-Maria-Junggesellenburschenschaft“ hat ihren Schützenball 2013 hinter sich, und, ehrlich gesagt, der war’s nicht.

Weil die Raucher immer raus mussten aus dem rauchfreien Zelt: Hier gehen sie, sie können nicht anders. „Ungemütlich, immer welche hin und her“, sagt der Mönchengladbacher Nichtraucher. Überhaupt kamen nur 400 Leute zum Ball statt sonst immer 600, „bei so einem kleinen Verein ist das ein Riesenverlust“. Schmitz hofft, dass die Landesregierung wegen des „Drucks des Volkes“ den Nichtraucherschutz wieder lockert.

"Grün und rot sind Kneipentod"

„Grün und rot sind Kneipentod“, steht auf ihren Transparenten, oder „Hat jemand die Nichtraucher gesehen, die unsere Kneipe füllen sollen?“ Doch so spaßig manches daher kommt, so vergreift sich auch der eine oder andere mit seinen Vergleichen: „Nein zu Diktatur und Stasi-Methoden“ - lieber Himmel, es geht um das bisschen Rauchen in Räumen! Ein paar tragen Rauchersterne, wie Judensterne; einer schleppt ein Hitler-Bild an einer Stange, „Entmündigung kann tödlich sein“ steht darunter und spielt an auf die Warnungen auf den Packungen. Und dann dieses „Wir sind das Volk“ - aber gut, das rufen Leute heute auch schon, die sich dagegen wehren, dass nebenan eine Garage gebaut werden soll.

So geht es vorbei an Wochenendverriegelten Ministerien, dann zur Altstadt, trommelnd und trillernd, naja, ein bisschen trillernd, es pfeift sich nämlich recht schlecht, wenn man zugleich raucht. So kommt der Aufzug dort an, wo alles begann: vor dem „Till’s Eleven“, dessen Wirtin Annette Helmus die Demo angemeldet hat. „30 Prozent Umsatzrückgang“ beklagt die 53-Jährige, ist aber gerade ganz glücklich wegen der vielen Teilnehmer heute.

"Auf die Revolution!"

Der Platz ist klein und voll. Jetzt fühlen sie sich stark. Raucher, überall Raucher! Singen die Nationalhymne und prosten sich zu: „Auf die Revolution!“ Es reden Karnevalisten, natürlich völlig humorfrei, und Politiker von Kleinstparteien, demagogisch begabt. Es gibt ein paar Momente, da möchte man irgendwie nicht, dass Barbara Steffens zufällig um die Ecke biegt, die grüne Ministerin, das Rauchverbot in Person. Aber wie auch? „Die traut sich doch heute sowieso nicht in die Stadt!“

Im nächsten Moment ist es wieder witzig. Stehen zwei Eltern vor der Kneipe, rauchen. Will das Kind zu ihnen raus. Sagt die Mutter: Bleib in der Kneipe, da ist die Luft besser.