Binnen weniger Jahre hat die Windgeschwindigkeit in der Atmosphäre der Venus von 300 auf 400 km/h zugelegt. Dass sich dabei die Atmosphäre schneller dreht als der Planet, ist ein ungelöstes Mysterium.
Venus
© PAMithilfe der europäischen Raumsonde "Venus Express" ist es gelungen, Radarbilder von der Oberfläche der Venus (links) zu machen. Zuvor konnte die dichte Wolkendecke (rechts im Hintergrund) nicht durchbrochen werden).
Die rasend schnellen Stürme auf dem Planeten Venus nehmen an Geschwindigkeit noch zu. Dieses überraschende Ergebnis hat eine Langzeitbeobachtung mit der europäischen Raumsonde "Venus Express" erbracht.

Im Laufe der vergangenen sechs Jahre stieg die Windgeschwindigkeit in den oberen Atmosphärenschichten unseres Nachbarplaneten demnach stark - von bereits bemerkenswerten 300 Kilometern pro Stunde auf noch heftigere rund 400 Kilometer pro Stunde, wie ein Team um Igor Khatuntsew vom Moskauer Weltraumforschungsinstitut im Fachjournal Icarus berichtet.

"Das ist ein enormer Anstieg der bereits hohen bekannten Windgeschwindigkeiten in der Atmosphäre", betont Khatuntsew in einer Mitteilung der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, die "Venus Express" betreibt.

"So eine große Veränderung ist niemals zuvor auf der Venus beobachtet worden, und wir verstehen noch nicht, wieso dies geschieht." Eine zweite, japanisch geführte Studie im Journal of Geophysical Research kommt zu den gleichen Ergebnissen.

Analyse der Wolkenbewegungen

Venus
© NASANeben Meteoritenkratern haben Vulkane das Aussehen des Planeten geprägt. Die dünnflüssige Lava ergoss sich bei jedem Ausbruch weiter über das Land. Lavareste zeugen noch heute davon.
Für die Untersuchung haben die Forscher um Khatuntsew die Bewegungen von fast 400.000 Wolken in der hohen Venusatmosphäre analysiert. Über zehn Venusjahre, das sind sechs Erdenjahre, verfolgten sie die Wolkenbewegung in rund 70 Kilometern Höhe in den niedrigen und mittleren Breiten der Venusatmosphäre.

"Wir haben Bilder aus 127 Orbits manuell analysiert und 600 Orbits mit einer digitalen Korrelationsmethode", berichtet Khatuntsew. Nach Esa-Angaben handelt es sich um die bislang detaillierteste Aufzeichnung der Wolkenbewegung in der Venusatmosphäre.

Die Auswertung ergibt nicht nur eine starke Zunahme der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit, sondern zeigt auch große Kurzzeitvariationen der lokalen Windgeschwindigkeiten.

"Obwohl die Belege eindeutig zeigen, dass die mittleren globalen Windgeschwindigkeiten zugenommen haben, sind weitere Untersuchungen nötig. Um zu erklären, was die verantwortlichen atmosphärischen Zirkulationsmuster antreibt. Und, um die lokalen Veränderungen auf kürzeren Zeitskalen zu erklären", betont "Venus Express"-Projektmanager Håkan Svedhem von der Esa.

Stürme rasen um den kompletten Planeten

Unser Nachbarplanet Venus hüllt sich beständig in dicke, undurchdringliche Wolken. Venus-Stürme rasen oft in nur vier Tagen um den kompletten Planeten und damit viel schneller als die Venus selbst rotiert - ein Venustag ist 243 Erdentage lang.

Diese sogenannte Superrotation, bei der sich die Atmosphäre schneller dreht als der Planet, verblüfft Astronomen seit ihrer Entdeckung in den späten 1960er-Jahren.

"Die atmosphärische Superrotation der Venus ist eines der großen ungelösten Mysterien des Sonnensystems", betont Svedhem. "Diese Ergebnisse lassen sie noch geheimnisvoller erscheinen."
Venus
© EsaWar die Venus ein "Komet" der die Erde und den Mars zerstörte?