Die Hochwasserschäden bei den Bauern sind immens. Branchenvertreter zeichnen ein düsteres Bild für die Ernte. Doch für manche Pflanzen kommt das Sommerwetter noch rechtzeitig.
Hochwasser, Überschwemmung, Flut
© dpaDas Hochwasser der Elbe hat nahe Belgern (Sachsen) Felder und Äcker überflutet.
In Gummistiefeln watete Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) durch dem überschwemmten Wintergerste-Acker von Bernd Barfuß. "Das war wie auf einem Reisfeld", erzählt Barfuß, der Geschäftsführer der Agrar-GmbH Auligk in Groitzsch bei Leipzig ist. Die Weiße Elster ist über die Ufer getreten, etwa ein Drittel seiner 760 Hektar Anbaufläche seien nicht mehr nutzbar. Verlust: gut 1400 Euro pro Hektar.

Der Weizen ist total verfault, Teile der Wintergerste hinüber. "Der Mais war frisch gesät. Wo er nur kurz unter Wasser gestanden hat, geht es", sagt Barfuß. Die verheerende Bilanz sei noch gar nicht absehbar gewesen, als Aigner in der ersten Juni-Woche zu Besuch war.

Den finanziellen Schaden beziffert der Deutsche Bauernverband (DBV) schon jetzt auf mehr als 400 Millionen Euro deutschlandweit. "Das ist ein Totalverlust auf den Feldern", sagt DBV-Sprecher Michael Lohse.

Anders als beim Hochwasser 2002 sei die Flut dieses Mal vor der Haupt-Erntezeit gekommen. Ein Ministeriumssprecher betont: "Es ist noch viel zu früh, die Schäden zu bilanzieren, weil das Wasser noch nicht abgelaufen ist."

Beim Ministerium können noch bis Jahresende Schäden gemeldet und Hilfen beantragt werden. Für Futtermittelausfälle hätten die Länder zudem Netzwerke gebildet.

Hochwasser nicht schuld an Preissteigerungen

Der DBV schätzt, dass das Hochwasser über 300.000 Hektar an landwirtschaftlicher Fläche überflutet hat. Doch die Relation ist wichtig: Insgesamt verzeichnet der DBV Agrarflächen von 17 Millionen Hektar. So vernichtend das Wasser an Elbe, Donau und anderen Flüssen mit existenzbedrohenden Folgen für den Einzelnen gewütet hat, so vergleichsweise gering ist die zerstörte Fläche.

"Steigende Preise hängen also nicht mit dem Hochwasser zusammen, sondern mit dem Wetter in den Wochen davor", macht Lohse deutlich. Der zu nasse und zu kalte Frühling habe die Spargelernte einbrechen lassen. Da diese Ende der Woche offiziell vorbei ist, sieht Lohse hier keine Aufholchancen.

Zeit zum Reifen haben noch die Erdbeeren. "Ob die Pflanzen das aufholen, bleibt aber abzuwarten." Schlecht sehe es bei Frühkartoffeln aus.

Die Rheinschiene sei wettermäßig zwar begünstigt gewesen. "Das reicht aber nicht, um den gesamten deutschen Markt zu beliefern", so Lohse. Die Folge: Die Preise klettern nach oben.

Für Mai verzeichnete das Statistische Bundesamt bei Kartoffeln und Paprika ein Plus von rund 27 beziehungsweise 28 Prozent im Vergleich zum Mai 2012. Bei Kopf- oder Eisbergsalat liegt der Anstieg sogar bei 62 Prozent. "Salat wächst schnell, da kann sich wieder einiges tun", sagt Lohse.

Getreideernte könnte besser werden

Optimistischer sind die Experten beim Getreide. Da hier die Ernte weitestgehend erst noch bevorsteht, habe die Natur noch viel Zeit zum Aufholen. Vor allem der Regen in den vergangenen Wochen habe den schwächeren Böden gut getan, sagt Guido Seedler vom Deutschen Raiffeisenverband (DRV).

"Das gleicht die Verluste in den Hochwassergebieten mehr als aus." Entsprechend hat der DRV erst vor wenigen Tagen seine Ernteschätzung nach oben korrigiert: Erwartet wird nun eine leicht überdurchschnittliche Ernte von 46,2 Millionen Tonnen Getreide (Mai: 45,5 Millionen) und gut 5,4 Millionen Tonnen Raps.

Komplettverlust in den Hochwassergebieten

In den Hochwassergebieten gilt vielerorts: alles auf Start. "Da muss man von null anfangen", sagt Aigners Sprecher etwa mit Blick auf Gurkenanbaugebiete in Niederbayern, wo die Flut auch eine über Jahre angesammelte und so wichtige Humusschicht abgetragen hat. Ob ausländische Erntehelfer noch beim Aufräumen mit anpacken können oder weggeschickt werden, werde sehr unterschiedlich gehandhabt.

Auf den Äckern von Bernd Barfuß soll zumindest auf einigen Dutzend Hektar schnell wieder Mais gesät werden, sobald das Wasser versickert ist. "Es fehlt ja sonst Futter", sagt der Chef von gut 70 Mitarbeitern. Hunderte Kühe und Tausende Schweine müssen versorgt werden. Guter Dinge ist er angesichts des guten Wetters in dieser Woche. "Bei strahlendem Sonnenschein ist die Welt in Ordnung."

dpa/pos